24.09.2014

Ärzte haben keinen Anspruch auf Löschung ihrer Daten aus einem Ärztebewertungsportal

Ein Arzt kann vom Betreiber eines Ärztebewertungsportals nicht die Löschung seiner Daten verlangen. Das Recht des Arztes auf informationelle Selbstbestimmung überwiegt das Recht des Betreibers auf Kommunikationsfreiheit auch dann nicht, wenn die Bewertungen in dem Portal anonym abgegeben werden können.

BGH 23.9.2014, VI ZR 358/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist niedergelassener Gynäkologe. Die Beklagte betreibt ein Portal zur Arztsuche und Arztbewertung. Internetnutzer können dort kostenfrei der Beklagten vorliegende Informationen über Ärzte und Träger anderer Heilberufe abrufen. Zu den abrufbaren Daten zählen u.a. Name, Fachrichtung, Praxisanschrift, Kontaktdaten und Sprechzeiten sowie Bewertungen des Arztes durch Portalnutzer. Die Abgabe einer Bewertung erfordert eine vorherige Registrierung. Hierzu hat der bewertungswillige Nutzer lediglich eine E-Mail-Adresse anzugeben, die im Laufe des Registrierungsvorgangs verifiziert wird.

Der Kläger ist in dem genannten Portal mit seinem akademischen Grad, seinem Namen, seiner Fachrichtung und der Anschrift seiner Praxis verzeichnet. Nutzer haben ihn im Portal mehrfach bewertet. Gestützt auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verlangt er von der Beklagten, es zu unterlassen, die ihn betreffenden Daten - also "Basisdaten" und Bewertungen - auf der genannten Internetseite zu veröffentlichen, und sein Profil vollständig zu löschen.

AG und LG wiesen die Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung überwiegt das Recht der Beklagten auf Kommunikationsfreiheit nicht. Die Beklagte ist daher nach § 29 Abs. 1 BDSG zur Erhebung, Speicherung und Nutzung sowie nach § 29 Abs. 2 BDSG zur Übermittlung der Daten an die Portalnutzer berechtigt.

Die Aufnahme eines Arztes in ein Bewertungsportal bedeutet für ihn zwar eine nicht unerhebliche Belastung. Abgegebene Abgesehen von den Auswirkungen für den sozialen und beruflichen Geltungsanspruch des Arztes können Bewertungen die Arztwahl behandlungsbedürftiger Personen beeinflussen, so dass dem Arzt im Falle negativer Bewertungen wirtschaftliche Nachteile drohen können. Darüber hinaus besteht eine gewisse Gefahr des Missbrauchs des Portals.

Im Rahmen der Abwägung war allerdings ebenso zu berücksichtigen, dass das Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über ärztliche Leistungen vor dem Hintergrund der freien Arztwahl ganz erheblich ist. Das von der Beklagten betriebene Portal kann dazu beitragen, einem Patienten die aus seiner Sicht erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen.

Zudem berühren die für den Betrieb des Portals erhobenen, gespeicherten und übermittelten Daten den Arzt lediglich in seiner Sozialsphäre. Er ist also in einem Bereich betroffen, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit anderen Personen vollzieht. Hier muss sich der Einzelne auf die Beobachtung seines Verhaltens durch eine breitere Öffentlichkeit sowie auf Kritik einstellen.

Im Übrigen ist der betroffene Arzt Missbrauchsgefahren nicht schutzlos ausgeliefert, da er von der Beklagten die Löschung unwahrer Tatsachenbehauptungen sowie beleidigender oder sonst unzulässiger Bewertungen verlangen kann. Dass Bewertungen anonym abgegeben werden können, ändert an diesem Ergebnis nichts. Denn die Möglichkeit zur anonymen Nutzung ist dem Internet immanent, § 13 Abs. 6 S. 1 TMG.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 132 vom 23.9.2014
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