Aufruf einer Verbraucherzentrale zur Kündigung eines Girokontos kann zulässig sein
BGH 6.2.2014, I ZR 75/13Die Beklagte ist die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Sie hat die Sparkasse Heidelberg in einem Schreiben zur Kündigung und Sperrung des Girokontos der Klägerin aufgefordert. Die Klägerin ist ein Inkassounternehmen, das unter anderem für die W-GmbH tätig ist.
Im Februar 2011 bot die W-GmbH auf ihrer Internetseite einen "Routenplaner-Service" an. Dabei wurde der Nutzer nach Ansicht der Beklagten über die Kostenpflichtigkeit des Angebots getäuscht. Nachdem ein Verbraucher aufgrund eines Aufrufs des Angebots der W-GmbH von dieser eine Zahlungsaufforderung i.H.v. 96 € für einen Routenplaner-Service erhalten hatte, focht die Beklagte im Namen des Verbrauchers den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an. Gleichwohl erhielt der Verbraucher von der nunmehr mit der Einziehung der Forderung beauftragten Klägerin wiederholt Mahnungen, obwohl die Beklagte auch gegenüber der Klägerin Einwendungen gegen die Forderung erhoben hatte.
Die Beklagte wandte sich daraufhin mit einem Schreiben an die Sparkasse Heidelberg, in dem sie unter Hinweis auf ein offenkundig wettbewerbswidriges und betrügerisches Verhalten des Betreibers der Internetseite die Sparkasse zur Kündigung des Girokontos aufrief. Gegen die Aufforderung zur Kündigung und Sperrung des Girokontos erhob die Klägerin Unterlassungsklage.
Das LG wies die Klage ab. Das OLG gab ihr statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Die Beklagte hat mit dem Aufruf zur Kündigung des Girokontos zwar in den durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin eingegriffen. Dieser Eingriff war jedoch unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls nicht rechtswidrig.
Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Interessenabwägung war zu berücksichtigen, dass die beklagte Verbraucherzentrale sich auf die in Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsfreiheit berufen konnte. Der Aufruf zur Kündigung des Girokontos war auch nicht unverhältnismäßig. Zwar hätte die Beklagte grundsätzlich den Rechtsweg beschreiten müssen, um ein etwaig rechtswidriges Verhalten der Klägerin zu unterbinden.
Im vorliegenden Fall brauchte die Beklagte aber nicht zunächst Klage zu erheben. Sie konnte vielmehr unmittelbar die Sparkasse zur Kündigung des Girokontos des Inkassounternehmens auffordern, weil dieses sich nach den Feststellungen des OLG bewusst an der Durchsetzung eines auf systematische Täuschung von Verbrauchern angelegten Geschäftsmodells der W-GmbH beteiligt hatte.
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