13.07.2020

Aufsicht über Kreditinstitute: Verhängung von Geldbußen durch die EZB teilweise nichtig

Das EuG hat drei Beschlüsse der EZB, mit denen im Rahmen der Aufsicht über Kreditinstitute Geldbußen verhängt wurden, wegen unzureichender Begründung teilweise für nichtig erklärt.

EuG v. 8.7.2020 - T-576/18 u.a.
Der Sachverhalt:
In den Rechtssachen T-576/18, T-577/18 und T-578/18 hatte die EZB drei Kreditinstituten vorgeworfen, entgegen Art. 26 Abs. 3 der VO Nr. 575/2013 Kapitalinstrumente als Instrumente ihres harten Kernkapitals eingestuft zu haben, ohne die vorherige Erlaubnis der zuständigen Behörde eingeholt zu haben, und dies als fahrlässig begangene Verstöße bewertet. Gegen die Crédit Agricole SA, Klägerin in der Rechtssache T-576/18, verhängte die EZB eine Geldbuße von 4.300.000 €, was 0,015 % des Jahresumsatzes der Crédit Agricole-Gruppe entspricht. Gegen die Crédit Agricole Corporate and Investment Bank, Klägerin in der Rechtssache T-577/18, wurde eine Geldbuße von 300.000 € verhängt, was etwa 0,001 % des Jahresumsatzes dieser Gruppe entspricht. Gegen CA Consumer Finance, Klägerin in der Rechtssache T-578/18, wurde eine Geldbuße von 200.000 € verhängt.

Die Kreditinstitute erhoben Nichtigkeitsklagen gegen die Beschlüsse der EZB. Vor dem EuG vertraten die Klägerinnen die Auffassung, dass die angefochtenen Beschlüsse rechtswidrig seien, soweit festgestellt worden war, dass sie Verstöße begangen hätten, und soweit Verwaltungssanktionen gegen sie verhängt worden waren.

Das EuG hat die angefochtenen Beschlüsse, soweit Geldbußen iHv 4.300.000 €, 300.000 € und 200.000 € verhängt wurden, wegen unzureichender Begründung für nichtig erklärt. Gegen die Entscheidung des EuG kann innerhalb von zwei Monaten und zehn Tagen nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim EuGH eingelegt werden.

Die Gründe:
Die EZB ist berechtigt ist, eine Verwaltungsgeldbuße bis zu einem Höchstbetrag von 10% des gesamten Jahresumsatzes der Unternehmensgruppe, der die betreffende juristische Person angehört, zu verhängen. Demzufolge verfügt die EZB über ein weites Ermessen hinsichtlich der Bemessung der Geldbuße. Die Wahrung der durch die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährten Garantien ist in einer solchen Konstellation von umso grundlegenderer Bedeutung. Zu diesen Garantien gehört u.a. der Anspruch des Betroffenen darauf, dass der betreffende Beschluss rechtlich hinreichend begründet wird.

Die angefochtenen Beschlüsse enthalten keine genauen Angaben zu der von der EZB zur Bemessung der verhängten Geldbußen angewandten Methodik, sondern lediglich einige Erwägungen zur Schwere des Verstoßes, zu seiner Dauer und zur Schwere der zur Last gelegten Pflichtverletzung sowie die Zusicherung, dass ein oder mehrere mildernde Umstände berücksichtigt worden seien.

Zudem hat die EZB dadurch, dass sie in den angefochtenen Beschlüssen die Größe des Kreditinstituts, das den betreffenden Verstoß begangen hat, nicht angegeben hat, einen Gesichtspunkt nicht genannt, der nach ihren eigenen Aussagen für die Bemessung der Geldbuße besonders bedeutend ist. Die fehlende Angabe der Größe des betreffenden Kreditinstituts hindert das Gericht daran, seine Kontrolle über die von der EZB vorgenommenen Bewertung der in Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 1024/2013 genannten Kriterien der Verhältnismäßigkeit, der Wirksamkeit und des abschreckenden Charakters der verhängten Sanktionen auszuüben.

Hingegen haben die Kreditinstitute die Rechtswidrigkeit der EZB-Beschlüsse nicht nachgewiesen, soweit in diesen festgestellt worden war, dass sie die Verstöße begangen haben.

Art. 26 Abs. 3 der VO Nr. 575/2013 ist dahin auszulegen, dass dem Kreditinstitut die Erlaubnis der zuständigen Behörde vorliegen muss, bevor dieses seine Kapitalinstrumente als Instrumente seines harten Kernkapitals einstuft. Die drei Kreditinstitute waren auch in der Lage, den Inhalt dieser Bestimmung zu verstehen, so dass die EZB eine Fahrlässigkeit der drei feststellen durfte.

Die EZB hat den gegen die drei Kreditinstitute erhobenen Vorwurf, dass sie bestimmte Kapitalinstrumente entgegen den Vorschriften der VO Nr. 575/2013 ohne Erlaubnis als Instrumente ihres harten Kernkapitals eingestuft hätten, bereits in der Phase der Mitteilung der Beschwerdepunkte klar formuliert und somit das Recht dieser Kreditinstitute, im Verwaltungsverfahren angehört zu werden, gewahrt.

EuG PM Nr. 82 vom 8.7.2020
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