Auftraggeber muss nicht für Mehrkosten aufgrund außergewöhnlich ungünstiger Witterungseinflüsse aufkommen
BGH 20.4.2017, VII ZR 194/13Die Beklagte hatte die Klägerin im September 2009 mit der Errichtung einer Autobahnbrücke für die Strecke zwischen Berlin und Dresden einschließlich der Rampen beauftragt. Als vorläufige Auftragssumme hatten die Parteien 984.978 € vereinbart. Sie bezogen u.a. die Besonderen Vertragsbedingungen der Beklagten und die VOB/B (2006) in den Vertrag ein. Die Bauausführung sollte spätestens Mitte Mai 2010 vollendet sein.
Im Januar und Februar 2010 gab es eine außergewöhnlich lange Frostperiode mit Eis und Schnee, die deutlich über den Durchschnittswerten der vergangenen 30 Jahre lag. Infolgedessen zeigte die Klägerin der Beklagten die witterungsbedingte Einstellung der Bauarbeiten an. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass die Weiterführung der Arbeiten auch aus Gründen der Arbeitssicherheit nicht möglich sei. Die Beklagte verlängerte die Ausführungsfrist um den Zeitraum des wittrungsbedingten Stillstandes zzgl. der Anlaufphase für die Wiederaufnahme der Bauarbeiten.
Im März 2010 nahm die Klägerin die Bauarbeiten wieder auf. Ein Nachtragsangebot der Klägerin, mit dem sie Kosten für Bauhilfsmittel, Baustelleneinrichtung, Baustellengemeinkosten, Verkehrssicherung, Personal sowie wegen Unterdeckung der Allgemeinen Geschäftskosten i.H.v. (zuletzt) 95.438 € brutto aufgrund der witterungsbedingten Verzögerung der Bauausführung geltend machte, lehnte die Beklagte ab. Mit der Klage verlangte die Klägerin Zahlung dieses Betrages. LG und OLG wiesen die Klage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BGH blieb ohne Erfolg.
Gründe:
Das OLG hat zutreffend einen vertraglich geregelten Mehrvergütungsanspruch der Klägerin aufgrund der witterungsbedingten Verlängerung der Bauausführung verneint. Die Parteien hatten für den Fall, dass wegen außergewöhnlich ungünstiger Witterungseinflüsse eine Behinderung des Auftragnehmers vorliegt und eine Verlängerung der Ausführungsfristen gemäß § 6 Nr. 2 Abs. 1c), Nr. 1 VOB/B erfolgt, keine Anpassung des Vergütungsanspruchs vereinbart. Ein Mehrvergütungsanspruch ergab sich mangels Anordnung der Beklagten auch nicht aus § 2 Nr. 5 oder 6 VOB/B.
Das Berufungsgericht hatte auf der Grundlage seiner Feststellungen im Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf angemessene Entschädigung gem. § 6 Nr. 6 S. 2 VOB/B i.V.m. § 642 BGB verneint. Es ist vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen keine dem Auftraggeber obliegende erforderliche Mitwirkungshandlung i.S.d. § 642 BGB, während der Dauer des Herstellungsprozesses außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse auf das Baugrundstück in Form von Frost, Eis und Schnee, mit denen nicht gerechnet werden musste, abzuwehren. Es verbot sich die Annahme, eine Mitwirkungshandlung der Beklagten ergebe sich im Wege der Auslegung auch ohne ausdrückliche Regelung konkludent aus dem Vertrag. Eine darüber hinausgehende allgemeine Risikozuweisung zu Lasten des Auftraggebers betreffend außergewöhnlich ungünstige Witterungseinflüsse auf das zur Verfügung zu stellende Baugrundstück, mit denen nicht gerechnet werden musste, ergibt sich weder aus dem Vertrag noch aus dem Gesetz.
Ein Anspruch der Klägerin ergab sich auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung, da der Vertrag keine planwidrige Regelungslücke aufwies. Letztlich konnte ein Anspruch der Klägerin auch nicht auf die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB gestützt werden. Besondere Umstände, die neben den mit der Verlängerung der Ausführungszeit üblicherweise verbundenen finanziellen Nachteilen für den Auftragnehmer dazu führen, dass das nach dem Vertrag zugewiesene Risiko überschritten und ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist, waren weder festgestellt noch erkennbar.
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