03.11.2016

Auftraggeber trägt Darlegungs- und Beweislast für von ihm behauptete Beschaffenheitsvereinbarung

Hat der Architekt eine mit dem Auftraggeber vereinbarte Baukostenobergrenze nicht eingehalten, kann dem Auftraggeber ein Schadensersatzanspruch zustehen. Beruft sich der Auftraggeber auf eine Überschreitung einer vereinbarten Baukostenobergrenze, trägt er die Darlegungs- und Beweislast für die von ihm behauptete Beschaffenheitsvereinbarung.

BGH 6.10.2016, VII ZR 185/13
Der Sachverhalt:
Die Beklagte hatte hinsichtlich des Umbaus eines Betriebsgebäudes zu einem Geschäfts- und Wohnhaus im Juli 2006 die Klägerin mit Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 gem. § 15 Abs. 2 HOAI a.F. beauftragt; als Honorar wurde der Mindestsatz der Honorarzone III vereinbart. Später gab die Beklagte weitere Leistungsphasen in Auftrag. Für die von der Klägerin erbrachten Leistungen zahlte die Beklagte insgesamt rund 61.620 €. Bereits vor Vertragsschluss hatte die Klägerin einen "Honorar-Vorschlag" auf der Grundlage anrechenbarer Kosten i.H.v. 586.206 € übergeben. Bei ihrer späteren Honorarberechnung legte sie hingegen höhere anrechenbare Kosten zugrunde und forderte mit ihrer Klage erstinstanzlich zuletzt ein Resthonorar i.H.v. 34.266 € nebst Zinsen.

Die Beklagte behauptete, der Klägerin sei anlässlich des ersten Planungsgespräches mitgeteilt worden, dass die Baukosten maximal 600.000 € betragen dürften, womit sich die Klägerin einverstanden erklärt habe. Die Klägerin behauptete hingegen, sie habe im August 2006 eine Baukostenschätzung übergeben, die zu erwartende Kosten i.H.v. 1,2 Mio. € ausgewiesen habe, welche die Beklagte akzeptiert habe.

Das LG verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 2.470 € nebst Zinsen. Die Berufung der Klägerin, mit der diese die Zahlung weiterer 31.795 € angestrebt hatte, blieb vor dem OLG erfolglos. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung konnte der noch im Streit stehende Honoraranspruch der Klägerin nicht abgelehnt werden.

Hat der Architekt eine mit dem Auftraggeber vereinbarte Baukostenobergrenze nicht eingehalten, kann dem Auftraggeber zwar ein Schadensersatzanspruch zustehen. Der auf die Nichteinhaltung einer solchen Obergrenze gestützte Schadensersatzanspruch führt auch dazu, dass der Architekt den sich aus der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure ergebenden Honoraranspruch auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten gem. § 10 HOAI a.F. insoweit nicht geltend machen kann, als dieser das Honorar überschreitet, welches sich ergäbe, wenn die anrechenbaren Kosten der vereinbarten Baukostenobergrenze entsprochen hätten (dolo-agit-Einwand, § 242 BGB). Beruft sich der Auftraggeber allerdings auf eine Überschreitung einer vereinbarten Baukostenobergrenze, trägt er die Darlegungs- und Beweislast für die von ihm behauptete Beschaffenheitsvereinbarung.

Dies entspricht der Grundregel der Beweislastverteilung, dass jede Partei, die den Eintritt einer Rechtsfolge geltend macht, die Voraussetzungen des ihr günstigen Rechtssatzes zu beweisen hat. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes können die von der Rechtsprechung zu § 632 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze zur Beweislastverteilung für den Schadensersatzanspruch wegen Überschreitung einer vereinbarten Baukostenobergrenze nicht herangezogen werden. Denn aus dem BGH-Urteil vom 4.10.1979 (Az.: VII ZR 319/78) ergibt sich nichts anderes. Jener Entscheidung lag nämlich kein Schadensersatzanspruch wegen Überschreitung einer Baukostenobergrenze, sondern die Erwägung zugrunde, dass in der Vereinbarung einer Baukostenobergrenze eine nach den Regelungen der damals geltenden GOA wirksame Vereinbarung eines Parameters für die Honorarberechnung liegen kann.

Infolgedessen hatte das Berufungsgericht die Beweislast verkannt. Zudem hatte es verfahrensfehlerhaft von einer Beweiserhebung abgesehen. Der Standpunkt des Berufungsgerichtes, die klagende Architektin trage die Beweislast, kommt erst dann zum Tragen, wenn unstreitig oder bewiesen ist, dass ursprünglich eine (niedrigere) Baukostenobergrenze vereinbart war. In diesem Fall wäre die Klägerin für eine sie begünstigende Erhöhung beweisbelastet. Hierzu fehlt es bislang aber an hinreichenden Feststellungen.

Linkhinweise:

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