06.01.2025

Auslegung des Begriffs des "Herstellers" in der Richtlinie über die Haftung für fehlerhafte Produkte

Ein Lieferant kann als Hersteller behandelt werden, wenn sein Name mit der vom Hersteller auf dem Produkt angebrachten Marke übereinstimmt. Zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes kann die gesamtschuldnerische Haftung des Lieferanten und des tatsächlichen Herstellers des fehlerhaften Produkts auch dann geltend gemacht werden, wenn dieser Lieferant seinen Namen, seine Marke oder ein anderes Erkennungszeichen nicht selbst auf diesem Produkt angebracht hat.

EuGH v. 19.12.2024 - C-157/23
Der Sachverhalt:
Im Juli 2001 erwarb ein Verbraucher ein Auto der Marke Ford von der Vertragshändlerin Stracciari, die Fahrzeuge dieser Marke in Italien verkauft. Das Fahrzeug war von der Ford WAG, einem in Deutschland ansässigen Unternehmen, hergestellt und der Vertragshändlerin dann über Ford Italia geliefert worden, die Fahrzeuge der Marke Ford in Italien vertreibt. Im Dezember 2001 hatte der Verbraucher einen Unfall, bei dem der Airbag nicht funktionierte. Daraufhin erhob er gegen die Vertragshändlerin und Ford Italia Klage auf Ersatz der aufgrund des Fehlers des Fahrzeugs erlittenen Schäden. Ford Italia trug vor, nicht für die Fehlerhaftigkeit des Airbags zu haften, da sie das Fahrzeug nicht hergestellt habe.

Der italienische Kassationsgerichtshof hat Zweifel hinsichtlich der Auslegung der Definition des Begriffs des "Herstellers" in der Richtlinie über die Haftung für fehlerhafte Produkte. Er möchte vom Gerichtshof wissen, ob der Lieferant eines fehlerhaften Produkts auch dann als "Person, die sich als Hersteller ausgibt" im Sinne dieser Richtlinie anzusehen ist, wenn er zwar nicht physisch seinen Namen auf dem Produkt angebracht hat, aber die Marke, die der Hersteller auf dem Produkt angebracht hat und die dem Namen dieses Herstellers entspricht, mit einem Erkennungszeichen des Lieferanten übereinstimmt.

Der EuGH entschied, dass ein Lieferant als Hersteller behandelt werden kann, wenn sein Name mit der vom Hersteller auf dem Produkt angebrachten Marke übereinstimmt. Zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes könne die gesamtschuldnerische Haftung des Lieferanten und des tatsächlichen Herstellers des fehlerhaften Produkts auch dann geltend gemacht werden, wenn dieser Lieferant seinen Namen, seine Marke oder ein anderes Erkennungszeichen nicht selbst auf diesem Produkt angebracht hat.

Die Gründe:
Die in der Richtlinie enthaltene Wendung der "Person, die sich als Hersteller ausgibt", erfasst nicht nur die Person, die ihren Namen physisch auf dem Produkt angebracht hat, sondern muss auch den Lieferanten einschließen, wenn sein Name oder eines seiner Erkennungszeichen mit dem Namen des Herstellers und dem Namen, der Marke oder einem anderen Erkennungszeichen auf dem Produkt übereinstimmt. In beiden Fällen nutzt der Lieferant nämlich diese Übereinstimmung, um sich dem Verbraucher als für die Qualität des Produkts Verantwortlicher zu präsentieren und ein Vertrauen bei ihm hervorzurufen, das mit dem vergleichbar ist, das er hätte, wenn das Produkt unmittelbar vom Hersteller verkauft würde. Schlösse die Wendung diese zweite Personengruppe nicht ein, würde die Bedeutung des Begriffs des "Herstellers" geschmälert und das mit der Richtlinie verfolgte Ziel, insbesondere der Verbraucherschutz, beeinträchtigt.

der Unionsgesetzgeber zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes darauf geachtet hat, dass die Haftung "jeder Person, die sich als Hersteller ausgibt", in gleicher Weise wie diejenige des "tatsächlichen" Herstellers ausgelöst wird. Überdies muss es dem Verbraucher freistehen, jeden von ihnen unterschiedslos für den vollen Ersatz des Schadens in Anspruch zu nehmen, da es sich um eine gesamtschuldnerische Haftung handelt. Der Verbraucherschutz wäre nicht ausreichend, wenn der Händler den Verbraucher auf den Hersteller "verweisen" könnte, der dem Verbraucher möglicherweise nicht bekannt ist.

Mehr zum Thema:

Modul Rechtsabteilung:
Das Modul Rechtsabteilung ist das kleinste Inhaltspaket für die Rechtsabteilung und umfasst insgesamt 7 Werke (Zeitschriften, Kommentare und Handbücher). Es enthält das grundlegende Fachwissen, um die täglichen Fragestellungen fundiert zu lösen und zu beantworten. Enthalten sind Inhalte der Verlage Fachmedien Otto Schmidt und Otto Schmidt.

Mit der wöchentlich erscheinenden Zeitschrift "DER BETRIEB", den Kommentaren zum BGB (Erman), HGB und GmbHG (Lutter/Hommelhoff) oder auch dem Formularbuch Gesellschaftsrecht sind Sie auf der sicheren Seite. Mit der Zeitschrift "REthinking: Law" sind Sie immer einen Schritt voraus und lernen innovative Geschäftsmodelle und smarte Technologien für die Rechtsabteilung kennen. Jetzt gratis testen!
 
EuGH PM Nr. 204 vom 19.12.2024
Zurück