Ausschluss juristischer Personen vom Amt des Insolvenzverwalters verfassungsgemäß
BVerfG 12.1.2016, 1 BvR 3102/13Die Beschwerdeführerin ist eine Rechtsanwalts-GmbH, die ausschließlich auf dem Gebiet der Insolvenz- und Zwangsverwaltung tätig ist. Sie beantragte erfolglos, in die Vorauswahlliste für Insolvenzverwalter bei einem AG aufgenommen zu werden. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sie sich unmittelbar gegen die Entscheidungen des AG, des OLG und des BGH sowie mittelbar gegen § 56 Abs. 1 S. 1 InsO.
Die Verfassungsbeschwerde hatte vor dem BVerfG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin wird durch die angegriffenen Entscheidungen zwar beeinträchtigt. Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
Die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin ist berührt, weil ihr Recht auf freie Berufswahl eingeschränkt wird. Allerdings ist das Gewicht des Eingriffs dadurch gemindert, dass die Beschwerdeführerin nicht an jeder gewerblichen Tätigkeit im Zusammenhang mit Insolvenzverfahren gehindert ist. Sie kann insbesondere - so wie schon bisher - den Insolvenzverwaltern, die mit ihr zusammenarbeiten, auf vertraglicher Grundlage ihre personellen und sachlichen Ressourcen gegen Entgelt zur Verfügung stellen und Unterstützung in rechtlichen, steuerlichen, technischen und betriebswirtschaftlichen Fragen leisten.
§ 56 Abs. 1 S. 1 InsO dient dem Ziel der Sicherstellung einer effektiven gerichtlichen Aufsicht über den Insolvenzverwalter und damit einem hinreichenden legitimen Zweck. Eine funktionierende Rechtspflege umfasst auch ein wirkungsvolles Verfahren zur zwangsweisen Durchsetzung festgestellter Ansprüche. Daher liegt ein funktionierendes Insolvenzverfahren nicht nur im subjektiven Interesse der einzelnen Gläubiger, sondern auch im öffentlichen Interesse. Um einen gesetzmäßigen Ablauf des Insolvenzverfahrens zu sichern, hat das Insolvenzgericht nach § 58 Abs. 1 InsO das Recht, aber auch die Pflicht, den Insolvenzverwalter bei seiner Amtsführung zu überwachen. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass mit der Zulassung juristischer Personen zum Insolvenzverwalteramt insbesondere Aufsichtsprobleme verbunden wären. Diese Einschätzung, die auch von Fachgerichten und insbesondere vom BGH bestätigt wird, erscheint plausibel.
Eine sachdienliche Durchführung und Erledigung des Insolvenzverfahrens hängt maßgeblich von der Befähigung und Zuverlässigkeit der konkreten natürlichen Person ab, die das Insolvenzgericht als vertrauenswürdig erachtet und gemessen an dieser persönlichen Reputation wie nach der fachlichen Qualifikation laufend beaufsichtigt. Vergleichbares persönliches und fachliches Vertrauen kann juristischen Personen nicht ohne Weiteres entgegengebracht werden. Die Bedeutung der Aufsicht hat Vorwirkungen auch schon für das Bestellungsverfahren. Die Geeignetheit der konkreten Person des Verwalters ist deshalb so wichtig, weil seine Entscheidungen und deren Folgen nur begrenzt korrigiert und ggf. kompensiert werden können.
Angesichts dessen ist der Ausschluss juristischer Personen vom Verwalteramt geeignet, um das legitime Ziel eines effektiven Vollstreckungsverfahrens zu erreichen. Die Begrenzung des Berufszugangs auf natürliche Personen ist hierzu auch erforderlich. Der Gesetzgeber durfte insoweit davon ausgehen, dass es gegenüber dem Ausschluss juristischer Personen vom Insolvenzverwalteramt keine Alternative gibt, die gleiche Wirkungen verspricht, die Betroffenen aber weniger belastet. Hieran ändert auch die Möglichkeit nichts, bei der Bestellung einer juristischen Person gleichzeitig eine natürliche Person als - persönlich verantwortlichen - "ausübenden Verwalter" zu benennen. Es ist auch kein milderes Mittel, die Vorauswahl durch eine ständige engmaschige Überwachung zu ersetzen. Diese kann schon aus Kapazitätsgründen durch die Insolvenzgerichte nicht geleistet werden. Der Ausschluss juristischer Personen von der Bestellung zum Insolvenzverwalter ist i.Ü. auch angemessen.
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