20.03.2017

Baden-Württemberg verstößt mit Rundholz-Vermarktung gegen europäisches Kartellrecht

Die Vermarktung von Rundholz durch das Land Baden-Württemberg verstößt gegen europäisches Kartellrecht. Das Land handelt sowohl beim gebündelten Verkauf von Rundholz aus nichtstaatlichen Wäldern als auch durch die Übernahme von Dienstleistungen für andere Waldbesitzer als Unternehmen im kartellrechtlichen Sinne und verfälscht den freien Wettbewerb beim Verkauf von Rundholz.

OLG Düsseldorf 15.3.2016, Kart 10/15 (V)
Der Sachverhalt:
Das klagende Land Baden-Württemberg führt die Vermarktung von Rundholz für Körperschafts- und Privatwälder mit einer Fläche von mehr als 100 Hektar durch. Darüber leistet es für Besitzer von Waldflächen mit einer Größe von über 100 Hektar die jährliche Betriebsplanung, die forsttechnische Betriebsleitung und den Revierdienst. Das Bundeskartellamt untersagte dem Land diese Betätigungen per Verfügung.

Das OLG bestätigte die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamts im Wesentlichen. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Die Rechtsbeschwerde zum BGH wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung einzelner im Beschluss entschiedener Rechtsfragen zugelassen.

Die Gründe:
Es bleibt dem Land Baden-Württemberg untersagt, die Vermarktung von Rundholz für Körperschafts- und Privatwälder mit einer Fläche von mehr als 100 Hektar durchzuführen. Ebenso darf es für Besitzer von Waldflächen mit einer Größe von über 100 Hektar nicht mehr die jährliche Betriebsplanung, die forsttechnische Betriebsleitung und den Revierdienst durchführen, wenn es hierfür eigenes Personal einsetzt oder für seine Dienstleistungen keine kostendeckenden Entgelte verlangt.

Der über das Land erfolgende, gebündelte Verkauf von Stammholz aus Staatswäldern einerseits und Körperschafts- und Privatwäldern andererseits stellt ein aufgrund europäischer Kartellrechtsvorschriften verbotenes Vertriebskartell dar, das den freien Wettbewerb verfälscht. Soweit das Land für Privat- und Körperschaftswaldbesitzer darüber hinaus weitere Dienstleistungen wie etwa forsttechnische Betriebsleitungen einschließlich der jährlichen Betriebsplanung und des forsttechnischen Revierdienstes erbringt, vertiefen diese Dienstleistungen die mit dem Vertriebskartell verbundene Beschränkung des Anbieterwettbewerbs auf dem Markt für Rundholz. Sie sind deshalb kartellrechtlich ebenfalls verboten.

Durch die Erbringung der Dienstleistungen erhält das Land einen bestimmenden Einfluss auf die Frage, in welchen Mengen, in welcher Qualität und zu welchem Zeitpunkt Stammholz zum Verkauf gebracht werden. Dies beeinträchtigt unmittelbar den freien Wettbewerb beim Absatz von geschlagenem Stammholz. Darüber hinaus beseitigt es den Geheimwettbewerb auf diesem Angebotsmarkt, da das Land Einblick in die betrieblichen Planungen und Einfluss auf deren Umsetzung erhält, wenn es für konkurrierende Waldbesitzer die Betriebsplanung, die forsttechnische Betriebsleitung oder den forstlichen Revierdienst erbringt.

Das Land handelt sowohl beim gebündelten Verkauf von Rundholz aus nichtstaatlichen Wäldern als auch durch die Übernahme von Dienstleistungen für andere Waldbesitzer als Unternehmen im kartellrechtlichen Sinne und verfälscht den freien Wettbewerb beim Verkauf von Rundholz. Der Bundesgesetzgeber hat zwar durch die Änderung des § 46 Abs. 1 BWaldG den Verkauf von Holz und die Erbringung von forstwirtschaftlichen Dienstleistungen vom Anwendungsbereich des § 1 GWB ausgenommen, so dass kein Verstoß gegen deutsches Kartellrecht vorliegt. Eine entsprechende Regelungskompetenz für das europäische Kartellverbot hat die Bundesrepublik jedoch nicht. Gem. Art. 103 Abs. 1 AEUV ist ausschließlich der Rat der EU befugt, den Anwendungsbereich des Kartellverbots zu beschränken. Die vom Bundesgesetzgeber neu eingeführte Regelung des § 46 Abs. 2 BWaldG ist daher europarechtswidrig und nicht zu beachten.

OLG Düsseldorf PM vom 15.3.2017
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