22.09.2015

Bargeldauszahlungen bei Zahlung in einem Restaurant mit Spielstätte mittels EC-Karte und PIN-Eingabe fallen nicht unter die Vorschriften des ZAG

Bargeldauszahlungen an Kunden, die in einem Restaurant verbunden mit einer Spielstätte mittels EC-Karte und der dazugehörigen PIN-Eingabe den Konsum ihrer Waren bezahlen, fallen nicht unter die Vorschriften des ZAG. Solche Bargeldauszahlungen erfüllen den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 10 Nr. 4 ZAG.

VG Frankfurt a.M. 9.9.2015, 7 K 3025/14.F
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt ein Restaurant, dem eine Spielstätte mit insgesamt fünf Spielräumen räumlich angeschlossen ist. In dem Restaurant können die Kunden für ihren Verzehr mit Bargeld oder mittels EC-Karte und der dazugehörigen PIN-Eingabe bezahlen. Gleiches gilt für den Erwerb von Snacks, Getränken oder Tabakwaren in der Spielstätte. Auf Wunsch der Kunden wird ihnen von den Mitarbeitern Bargeld ausgezahlt. Dies ist sowohl im Restaurant als auch in der Spielstätte möglich. Voraussetzung ist der Konsum von Waren im Wert von mindestens 5 €.

Nachdem die zuständigen Ordnungsbehörden Zweifel daran hatten, dass diese Geldgeschäfte erlaubnisfrei seien und mehrmals angedeutet hatte, dass unter Umständen eine Verfügung unter Androhung von Zwangsgeld die Fortführung diese Auszahlungsgeschäfts untersagen könnte, versuchte die Klägerin zunächst einen rechtsmittelfähigen Bescheid von den zuständigen Behörden zu erlangen. Nachdem dies über einen Zeitraum von mehreren Monaten nicht erfolgt war, hat die Klägerin die hier zu entscheidende Klage erhoben, mit der sie festgestellt haben möchte, dass die Auszahlungen von Bargeld im Rahmen ihres Geschäftsmodells nicht den Vorschriften des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes in der Fassung vom August 2013 (ZAG) unterliegen.

Die Beklagte ist diesem Begehren entgegengetreten und äußert zunächst Zweifel an der Zulässigkeit der Klage. Weiterhin verweist sie darauf, dass die Bereitstellung von Bargeld allein das Ziel habe, den Betrieb von Spielautomaten zu fördern. Durch diesen einfach zu erlangenden finanziellen Nachschub - die Spieler müssten die Räumlichkeiten nicht mehr verlassen, um an Bargeld zu gelangen - werde die Spielleidenschaft weiter gefördert. Das Geschäftsmodell der Klägerin sei nicht mit den Möglichkeiten der Bargeldauszahlung in großen Supermarktketten zu vergleichen. In dem geschäftlichen Verhalten der Klägerin sei auch ein Verstoß gegen die Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeiten zu sehen. Die Spielsucht werde durch dieses Verhalten gefördert.

Das VG gab der Klage statt und sprach ein entsprechendes Negativtestat aus. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Berufung zum Hessischen VGH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Gründe:
Das Geschäftsmodell der Klägerin - nämlich die Auszahlung von Bargeld in ihrem Restaurant und der Spielstätte - unterliegt nicht den Vorschriften des ZAG.

Die Möglichkeit der Bargeldauszahlungen auch in der Spielstätte nach Bezahlung zuvor konsumierter Waren mittels EC-Karte und PIN-Eingabe erfüllt den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 10 Nr. 4 ZAG. Nach dieser Vorschrift sind solche Dienste keine Zahlungsdienste i.S.d. ZAG, bei denen der Zahlungsempfänger dem Zahler Bargeld im Rahmen eines Zahlungsvorgangs aushändigt, nachdem ihn der Zahlungsdienstnutzer kurz vor der Auszahlung des Zahlungsvorgangs zum Erwerb von Waren oder Dienstleistungen ausdrücklich hierum gebeten hat.

Diesen Tatbestand erfüllt die Klägerin. Denn sie leiste nur dann Bargeldauszahlungen, wenn die Kunden zuvor Speisen oder Getränke oder weitere Waren mit einem Mindestwert von 5 € erworben haben und die Kunden ausdrücklich um die Barauszahlungen bitten. Die Klägerin tritt zu keinem Zeitpunkt als ein potenzieller Darlehensgeber auf. Die Bargeldauszahlung erfolgen durch ihre Mitarbeiter, die das Geld entweder aus der Barkasse oder dem Kassentresor entnehmen. Da die Klägerin in ihrem Restaurant sowie in der Spielstätte in nicht lediglich unerheblichen Umfang Speisen und Getränke zum Erwerb anbietet, ist sie auch als Händlerin zu verstehen. Auch europarechtliche Vorgaben stehen dem nicht entgegen.

Nach der anzuwendenden Richtlinie und den Gesetzesmaterialien soll die Möglichkeit der Barauszahlung beim Erwerb von Waren nicht allein auf Supermärkte, Groß- und Einzelhändler beschränkt werden. Hätten der Gesetzgeber oder die europäischen Richtlinien eine Beschränkung von reversen Bargeldauszahlung ausschließlich auf Supermärkte beschränken wollen, so hätten sie dies ausdrücklich regeln müssen. Dies ist nicht geschehen. Der Gesetzgeber hat auch nicht darauf abgestellt, wann und für welche Zwecke das abgehobene Geld verbraucht wird. Die Mittelverwendung ist für die Qualifizierung der Bargeldauszahlung als Zahlungsdienst ohne jegliche Bedeutung. Das ZAG stellt darüber hinaus keine sozialpolitische Lenkungsnorm dar, die bestimmte Auszahlungsvorgänge als erwünscht, andere hingegen als unerwünscht ansehen lässt. Die rechtlichen Möglichkeiten, die das ZAG für die Aufsicht über Finanzdienstleistungen gewährt, unterliegen keinen speziellen oder allgemeinen ordnungsrechtlichen Erwägungen.

Die Frage, ob Bargeldauszahlungen durch die Klägerin im Hinblick auf die Regelungen von Glückspielen in der Spieleverordnung in ordnungsrechtlicher Hinsicht rechtswidrig sind, konnte vorliegend offen bleiben. Diese stellen keine rechtlichen Maßstäbe für die Aufsicht über Finanzdienstleistungen dar

VG Frankfurt a.M. PM Nr. 19 vom 21.9.2015
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