02.06.2015

Bauer-Verlag darf Bettina Wulff direkt anschreiben

Das OLG Celle hat eine Klage von Bettina Wulff, mit der dem Baur-Verlag untersagt werden solllte, sie direkt anzuschreiben, abgewiesen. In der bloßen Kontaktaufnahme gegen den eindeutig erklärten Willen der Betroffenen lag keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, da bei einer Abwägung der beiderseitigen Interessen das Recht auf Schutz der Persönlichkeit und Achtung der Privatsphäre das Interesse des Verlages, mit ihr unmittelbar in Kontakt zu treten, nicht überwog.

OLG Celle 28.5.2015, 13 U 104/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin des Verfahrens ist Bettina Wulff, die Ehefrau des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. Sie mahnte den beklagten Baur-Verlag wegen einer vermeintlich unzulässigen Bildberichterstattung durch Anwaltsschreiben ab. Dieses Abmahnschreiben schloss mit dem Hinweis: "Unsere Mandantin ist für eine Antwort in Bezug auf dieses Schreiben nicht empfangsbereit. Sie wünscht nicht direkt diesbezüglich angeschrieben zu werden, sondern dass die Rechtsangelegenheit ausschließlich mit der Kanzlei abgewickelt wird."

Die Beklagte schrieb die Klägerin dennoch persönlich an, legte in diesem Schreiben dar, dass die Berichterstattung nach ihrer Auffassung zulässig gewesen sei und lud die Klägerin abschließend zu einem persönlichen Gespräch ein, um "für die Zukunft eine Gesprächsgrundlage" zu schaffen. Gleichzeitig informierte sie die Rechtsanwälte der Klägerin über dieses Schreiben. Die Klägerin beantragte daraufhin es der Beklagten zu untersagen, sie in vergleichbaren Fällen direkt anzuschreiben.

Das LG gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten änderte das OLG das Urteil ab und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin ist durch den fraglichen Brief nicht verletzt worden.

Zwar kann in der bloßen - als solchen nicht ehrverletzenden - Kontaktaufnahme eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegen, wenn sie gegen den eindeutig erklärten Willen des Betroffenen erfolgt und bei einer Abwägung der beiderseitigen Interessen das Recht der Klägerin auf Schutz ihrer Persönlichkeit und Achtung ihrer Privatsphäre das Interesse des Beklagten, mit ihr unmittelbar in Kontakt zu treten, überwiegt. Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor.

Die Interessenabwägung ergibt, dass der Aufwand, das Schreiben entweder ungelesen oder nach Lektüre der Anfangszeilen an den eigenen Anwalt weiterzuleiten, nicht nennenswert ist. Das Schreiben steht auch nicht in einem Zusammenhang mit sonst durch den beklagten Verlag als Herausgeber der Zeitschrift "Closer" durchgeführten Observierungen und Bespitzelungen. Das Schreiben übt keinen Zwang auf die Klägerin aus, mit der Beklagten zu debattieren, und enthält keine suggestiven Mittel. Es war objektiv nicht geeignet, die Klägerin zu verunsichern, weil es sachlich gefasst ist und keine ehrverletzenden Äußerungen enthält.

Demgegenüber war zu berücksichtigen, dass in einer rechtlichen Auseinandersetzung einer Partei grundsätzlich die Möglichkeit gegeben sein muss, Kontakt zu ihrem Gegner aufzunehmen, um eine argumentative Klärung dieser Auseinandersetzung herbeizuführen. Ein solches Interesse ist schon aufgrund der allgemeinen Meinungsfreiheit geschützt. In diesem speziellen Fall kommt hinzu, dass der Verlag ein persönliches Gespräch angeboten hat, um eine grundsätzliche Klärung herbeizuführen. Dies setzte die höchstpersönliche Bereitschaft der Klägerin voraus. Um die größtmögliche Chance zu haben, eine solche Bereitschaft zu erzielen, war es nicht sachfremd, sie unmittelbar anzuschreiben.

OLG Celle PM vom 29.5.2015
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