02.02.2016

Bausparkassen können seit zehn Jahren zuteilungsreife Bausparverträge zur Zinsersparnis kündigen

Eine Bausparkasse kann einen Bausparvertrag mit einem festen Zinssatz, der seit zehn Jahren zuteilungsreif ist, vom Bausparer aber weiter bespart wird, gem. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kündigen und so der Verpflichtung zur Zahlung der im Bausparvertrag vereinbarten Zinsen entgehen. Der von der Vorschrift vorausgesetzte vollständige Empfang der Darlehnsvaluta steht in einem Bausparfall der eingetretenen Zuteilungsreife gleich.

OLG Hamm 30.12.2015, 31 U 191/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger schloss bei der beklagten Bausparkasse im Jahre 1991 einen Bausparvertrag mit einer Bausparsumme von 44.000 DM (rd. 22.500 €) ab. Nach den Vertragsbedingungen der Bausparkasse war das vom Kläger angesparte Bausparguthaben jährlich mit 3 Prozent zu verzinsen. Die Bedingungen sahen weiter vor, dass die Bausparkasse den Vertrag nicht kündigen durfte, solange der Bausparer seine vertraglichen Pflichten erfüllt. Ende des Jahre 1997 lagen die im Vertrag vereinbarten Zuteilungsvoraussetzungen vor. In der Folgezeit nahm der Kläger kein Bauspardarlehn in Anspruch.

Ende des Jahres 2014 kündigte die Beklagte den Vertrag zum 30.6.2015 unter Hinweis auf § 489 BGB. Diese Vorschrift sieht vor, dass ein Darlehnsnehmer einen Darlehnsvertrag mit einem festen Sollzinssatz in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren seit dem vollständigen Empfang des Darlehns mit sechsmonatiger Frist kündigen kann. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Kündigung der Beklagten den Bausparvertrag nicht beendet hat.

Das LG wies die Feststellungsklage ab. Die Berufung des Klägers hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Beklagte hat den Bausparvertrag zum 30.6.2015 wirksam gekündigt.

Die Beklagte kann sich auf das in § 489 BGB geregelte Kündigungsrecht des Darlehnsnehmers berufen. Der Bausparvertrag ist ein Darlehnsvertrag mit der Besonderheit, dass die Bausparkasse und der Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehns ihre jeweiligen Rollen als Darlehnsgeber und Darlehnsnehmer tauschen. In der Ansparphase ist demzufolge die Bausparkasse Darlehnsnehmerin.

Die Voraussetzungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen vor. Der Bausparvertrag der Parteien sah einen gebundenen Sollzins vor und wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist gekündigt. Der von der Vorschrift vorausgesetzte vollständige Empfang der Darlehnsvaluta steht in einem Bausparfall der eingetretenen Zuteilungsreife gleich. Die Norm will einen Interessenausgleich schaffen und den Darlehnsnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze schützen. Es ist interessengerecht, dies auch für Bausparkassen in der Ansparphase gelten zu lassen.

Bei Bausparverträgen ist dann auf den Zeitpunkt der Zuteilungsreife abzustellen, weil - mangels Verpflichtung des Bausparers zum Abruf des Bauspardarlehns - die Höhe des von der Bausparkasse in der Ansparphase entgegenzunehmenden Darlehnsbetrages nicht festgelegt ist. Mit dem Eintritt der Zuteilungsreife liegt es allein beim Bausparer, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme zu begründen, indem er das der Bausparkasse gewährte Darlehn kündigt und die Voraussetzungen für die Valutierung seines Bauspardarlehns schafft. Die entgegenstehenden Bausparbedingungen der Beklagten schließen das gesetzliche Kündigungsrecht im Übrigen nicht aus, da die gesetzliche Bestimmung zwingendes Recht ist.

Linkhinweis:

OLG Hamm PM vom 1.2.2016
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