20.07.2015

Begründung der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte gem. Art. 24 S. 1 EuGVVO a.F. durch rügelose Einlassung in der Klageerwiderung

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gem. Art. 24 S. 1 EuGVVO a.F. wird durch eine rügelose Einlassung in der Klageerwiderung begründet. Eine später erhobene Rüge vermag die bereits begründete Zuständigkeit nicht zu beseitigen.

BGH 19.5.2015, XI ZR 27/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger nimmt die Beklagten im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung an einem Filmfonds auf Schadensersatz in Anspruch. Am 5.12.2001 zeichnete der damals im Bezirk des LG München II wohnende Kläger auf Empfehlung eines Mitarbeiters der Beklagten zu 1), der Fondsinitiatorin, eine Kommanditeinlage i.H.v. 160.000 € an dem Filmfonds S. Die Beteiligung wurde i.H.v. 41,4% über die Beklagte zu 2), eine in Dublin ansässige Gesellschaft irischen Rechts, finanziert.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte zu 2) sei ihm aufgrund Prospekthaftung im weiteren Sinne, aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung bei der Anbahnung der Anteilsfinanzierung und gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 264a StGB neben der Beklagten zu 1) schadensersatzpflichtig. Er richtete am 19.12.2010 einen Güteantrag an einen Mediator, der am 5.5.2011 das Scheitern des Güteverfahrens festgestellt hat. Nach Verlegung seines Wohnsitzes in die Schweiz reichte der Kläger am 28.6.2012 Klage gegen beide Beklagten beim LG München I ein.

LG und OLG wiesen die auf Zahlung und Feststellung gerichtete Klage gegen die Beklagte zu 2) durch Teilurteil als unzulässig ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Ob die Auffassung des OLG, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich weder aus Art. 15, 16 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der bis zum 9.1.2015 geltenden Fassung (EuGVVO a.F.) noch aus Art. 6 Nr. 1 EuGVVO a.F., rechtlicher Überprüfung standhält, bedarf keiner Entscheidung. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist jedenfalls, anders als das OLG meint, kraft rügeloser Einlassung der Beklagten zu 2) vor dem LG München I begründet.

Die Zuständigkeit kraft rügeloser Einlassung ist, da die Beklagte zu 2) ihren Sitz in Irland und damit in einem Mitgliedstaat der EU hat, nach Art. 24 Satz 1 EuGVVO a.F., nicht nach Art. 24 S. 1 LugÜ II zu beurteilen. Nach Art. 24 S. 1 EuGVVO a.F. wird ein Gericht eines Mitgliedstaats, sofern es nicht bereits nach anderen Vorschriften der Verordnung zuständig ist, zuständig, wenn sich der Beklagte vor diesem Gericht auf das Verfahren einlässt, ohne den Mangel der Zuständigkeit zu rügen, und keine anderweitige ausschließliche Zuständigkeit begründet ist. Von einer Einlassung auf das Verfahren ist auszugehen, wenn der Beklagte die Zuständigkeitsrüge nicht spätestens in der Stellungnahme erhebt, die nach dem innerstaatlichen Prozessrecht als das erste Verteidigungsvorbringen vor dem angerufenen Gericht anzusehen ist.

Vor den deutschen Zivilgerichten ist danach im Gegensatz zu § 39 ZPO keine Einlassung zur Hauptsache erforderlich; zuständigkeitsbegründend ist bereits eine rügelose Einlassung in der Klageerwiderung. Nach diesen Grundsätzen sind die deutschen Gerichte mit Eingang der Klageerwiderung der Beklagten zu 2) zuständig geworden. In dieser hat die Beklagte zu 2) umfassende und ausführliche Einwendungen in der Sache erhoben, ohne die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu beanstanden. Eine anderweitige ausschließliche Zuständigkeit gem. Art. 22 EuGVVO a.F. besteht nicht. Die erstmals im Schriftsatz vom 6.12.2012 erhobene Rüge vermochte die bereits begründete Zuständigkeit nicht zu beseitigen.

Dem steht auch nicht das BGH-Urteil vom 21.11.1996 (IX ZR 264/95) entgegen. Dort wird zwar ausgeführt, dass eine rügelose Einlassung nicht vorliegt, wenn der Beklagte bei seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung, zumindest gleichzeitig mit der Bezugnahme auf die vorbereitenden Schriftsätze, die internationale Unzuständigkeit rügt und zwar unabhängig davon, ob er diese Rüge bereits in der Klageerwiderung erhoben hat. Diese Entscheidung betrifft jedoch ausdrücklich die Auslegung des § 39 ZPO bzw. dessen Verhältnis zu den § 282 Abs. 3, § 296 Abs. 3 ZPO und damit ausschließlich nationale Rechtsnormen. Die einschlägigen Vorschriften der EuGVVO a.F. bzw. des EuGVÜ fanden im damals zu entscheidenden Fall keine Anwendung, da der Beklagte seinen Wohnsitz nicht in einem Mitgliedstaat hatte.

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