15.02.2018

Beseitigte Gläubigerbenachteiligung durch erneute Überlassung von Barmitteln des Darlehensgebers an den Schuldner

Tilgt der Schuldner eine gegen ihn gerichtete Darlehensforderung durch Barzahlung, wird die darin liegende Gläubigerbenachteiligung beseitigt, wenn der Darlehensgeber dem Schuldner erneut Barmittel zu gleichen Bedingungen wieder zur Verfügung stellt.

BGH 25.1.2017, IX ZR 299/16
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 17.7.2015 über das Vermögen des H (Schuldner) am 10.8.2015 eröffneten Insolvenzverfahren.

Der Schuldner erteilte der Beklagten, seiner Schwester, in einer mit "Rückzahlungsvereinbarung" überschriebenen Urkunde vom 23.3.2012 die Bestätigung, ihr insgesamt 23.500 € zu schulden und diesen Betrag bis zum 31.12.2015 zu erstatten. Am 11.6.2015 erhielt der Schuldner aus einer Lebensversicherung eine Banküberweisung i.H.v. 25.000 €. Den am 12.6.2015 von seinem Konto abgehobenen Barbetrag von 23.500 € händigte der Schuldner am selben Tag der Beklagten aus. Diese behauptet, unter Verwendung der erhaltenen Scheine am 13.6.2015 einen Barbetrag von 16.500 € an den Schuldner zurückbezahlt zu haben. Der Kläger nimmt die Beklagte im Wege der Insolvenzanfechtung auf Erstattung von 23.500 € in Anspruch.2

LG und OLG gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH den Beschluss des OLG insoweit auf, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 7.000€ verurteilt wurde und verwies die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Der auf § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO gestützte Anspruch scheitert daran, dass es als Voraussetzung jeder Insolvenzanfechtung an einer Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) fehlt.

Die von dem Schuldner zugunsten der Beklagten bewirkten Barzahlungen haben infolge des Vermögensabflusses eine objektive Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) bewirkt. Eine zunächst eingetretene Gläubigerbenachteiligung kann nachträglich dadurch wieder behoben werden, dass der Anfechtungsgegner den anfechtbar erhaltenen Gegenstand oder dessen vollen Wert in das Vermögen des Schuldners zurückführt. In dieser Weise verhält es sich nach den bisherigen Feststellungen des OLG im Streitfall.

Die Beseitigung der Gläubigerbenachteiligung setzt voraus, dass die entsprechende Rückgewähr des Anfechtungsgegners eindeutig zu dem Zweck erfolgt, dem Schuldner den entzogenen Vermögenswert wiederzugeben und damit die Verkürzung der Haftungsmasse ungeschehen zu machen. Von der Zweckbestimmung her muss es sich um eine vorweggenommene Befriedigung des individuellen Rückgewähranspruchs handeln. Eine solche Rückführung kann etwa dann anzunehmen sein, wenn ein abgetretenes Recht an den Schuldner rückabgetreten oder eine erhaltene Zahlung an ihn zurückgewährt wird.

Im Streitfall würde nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt die in der Barzahlung des Schuldners über 23.500 € liegende Gläubigerbenachteiligung teilweise gutgemacht, indem die Beklagte als Empfängerin einen Barbetrag über 16.500 € dem Schuldner erstattet hat. Dieser Barbetrag stand den Gläubigern in gleicher Weise wie vor der Zahlung an die Beklagte zur Vollstreckung offen. Da gegen die Beklagte keine sonstigen Zahlungsforderungen des Schuldners bestanden, ist ihre Zahlung dem Anfechtungsanspruch zuzuordnen und folglich gutzubringen. Bei dieser Sachlage hat die Beklagte die durch die an sie bewirkte Barzahlung ausgelöste Gläubigerbenachteiligung insoweit beseitigt, als sie danach einen entsprechenden Bargeldbetrag dem Schuldner überlassen hat.

Grundsätzlich genügt es, wenn der empfangene Gegenstand dem Werte nach wieder in das Vermögen des Schuldners gebracht wird. Allerdings wird die durch eine Überweisung ausgelöste Gläubigerbenachteiligung seitens des Empfängers nicht mit Hilfe einer zuvor einvernehmlich abgesprochenen Barrückzahlung rückgängig gemacht, weil den Gläubigern durch diese Maßnahme der Zugriff auf das Schuldnervermögen erschwert wird. Eine solche Gestaltung ist im Streitfall indessen nicht gegeben. Der Schuldner hat aus eigenem Antrieb eine Barabhebung über 23.500 € vorgenommen und daraus den hier noch streitigen Betrag von 16.500 € der Beklagten zur Verfügung gestellt. Zweck der Zahlung des Schuldners war die Begleichung der Forderung der Beklagten und nicht etwa die Vornahme einer Scheinzahlung, die dem Schuldner alsbald erstattet werden sollte.

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