09.04.2013

Betrieb gebührenpflichtiger Internetplattformen für Rechtsanwälte zur Suche nach Terminsvertretern nicht wettbewerbswidrig

Der Betrieb einer Internetplattform für Rechtsanwälte zur Suche nach Terminsvertretern gegen eine "Transaktionsgebühr" ist nicht wettbewerbswidrig. Das Verbot des § 49 b Abs. 3 S. 1 BRAO erfasst nur Provisionszahlungen für ein konkret vermitteltes Mandat.

OLG Karlsruhe 5.4.2013, 4 U 18/13
Der Sachverhalt:
Die beklagte Gesellschaft betreibt eine Internetplattform für Rechtsanwälte, die diesen die Gelegenheit bietet, für Termine außerhalb ihres Kanzleisitzes einen Kollegen zu finden, der ihren Gerichts- bzw. Ortstermin oder ihre Akteneinsicht zu Pauschalgebühren wahrnimmt. Dazu werden die Termine der Mitglieder mit Kurzbeschreibung im Internet dargestellt und können von den Mitgliedern "angenommen" werden, die beklagte Gesellschaft leitet dann die notwendigen Kontaktdaten weiter und stellt auch ein Datenintranet zur Weiterleitung von Informationen und Unterlagen zur Verfügung. Mitgliedsbeiträge werden nicht erhoben. Der Beitrag zum Betrieb der Plattform, eine Art Transaktionsgebühr, ist nach Ausführung des Auftrages vom Terminsvertreter und von der auftraggebenden Kanzlei i.H.v. je 10 € an die Beklagte zu entrichten.

Die Klägerin organisiert Gemeinschaften von Korrespondenzanwälten. Gegen eine Teilnahmegebühr trägt sie Rechtsanwälte, die zur Terminwahrnehmung für andere Rechtsanwälte bereit sind, in eine Liste ein und verteilt diese jährlich an die Teilnehmer, außerdem wird der Teilnehmer in einer Anwaltssuchmaschine geführt. Die Klägerin ist der Ansicht, das Verhalten der beklagten Gesellschaft sei wettbewerbswidrig, da es sich bei der Beanspruchung einer Transaktionsgebühr für die Vermittlung eines Terminvertretungsauftrages zwischen zwei Rechtsanwälten um eine Provision für die Vermittlung eines konkreten Auftrags handle, was gegen § 49 b Abs. 3 S. 1 BRAO verstoße.

Das LG wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung des Betriebs der Internetplattform zurück. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Das Urteil ist unanfechtbar.

Die Gründe:
Die berufsrechtliche Bestimmung des § 49 b Abs. 3 S. 1 BRAO wird als Marktverhaltensregel i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG angesehen, da sie darauf gerichtet ist, die Gewährung von Vorteilen im Kontext der Vermittlung von Aufträgen (Mandaten) aller Rechtsanwälte zu unterbinden. Allerdings erfasst sie unmittelbar nur Rechtsanwälte - diese, nicht jedoch die Beklagte, unterliegen dem berufsrechtlichen Verbot. Das Verhalten der Beklagten erfüllt darüber hinaus auch nicht die Voraussetzungen dieser Regelung.

§ 49 b Abs. 3 S. 1 BRAO bestimmt, dass die Abgabe oder Entgegennahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen, gleichviel ob im Verhältnis zu einem Rechtsanwalt oder Dritten gleich welcher Art, unzulässig ist. Das Verbot erfasst damit Provisionszahlungen für ein konkret vermitteltes Mandat. Die von der Beklagten erhobene Transaktionsgebühr wird aber demgegenüber nicht für die Vermittlung eines Auftrages geschuldet. Die Beklagte stellt lediglich das Medium für die Vermittlung der Übernahme der Terminsvertretung zur Verfügung.

Die Bereitstellung der Internetplattform ist mit den Leistungen herkömmlicher Medien vergleichbar. Die beteiligten Rechtsanwälte können ohne weiteres über Annoncen in überregionalen Zeitungen zueinander finden. Die rechtliche Einstufung der Leistung der Beklagten ist nicht davon abhängig, welcher der beteiligten Rechtsanwälte die Gebühr entrichtet. Auch der Schutz vorrangiger Interessen des Allgemeinwohls gebietet keine andere Beurteilung. Durch das Verbot soll verhindert werden, dass Mandate gewerblich "gekauft" oder "verkauft" werden, darum geht es bei der Einschaltung einer Terminsvertretung aber nicht.

OLG Karlsruhe PM vom 9.4.2013
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