21.06.2016

Böhmermann-Gedicht: Keine einstweilige Verfügung gegen Springer-Chef Döpfner

Der "offene Brief" des Vorstandsvorsitzenden des Springer Verlags, Mathias Döpfner, in dem dieser seine Solidarität mit Jan Böhmermanns "Schmähgedicht" bekundet und sich dessen Formulierungen und Schmähungen "in jeder juristischen Form zu eigen" gemacht hat, ist als eine von Art. 5 GG geschützte zulässige Meinungsäußerung zu bewerten. Gegen ein "Zu-Eigen-Machen" im presserechtlichen Sinne spricht schon, dass der Antragsgegner das Gedicht in seiner satirischen Einkleidung nicht wiederholt hat.

OLG Köln 21.6.2016, 15 W 32/16
Der Sachverhalt:
Antragsteller ist der türkische Staatspräsidenten Recep Erdogan; Antragsgegner ist der Vorstandsvorsitzende des Springer Verlags, Mathias Döpfner. Der Antragsgegner hatte auf der Internetseite der Zeitung "Die Welt" seine Solidarität mit Jan Böhmermanns "Schmähgedicht" bekundet und in einem "PS" erklärt, er wolle sich "vorsichtshalber allen Ihren Formulierungen und Schmähungen inhaltlich voll und ganz anschließen und sie mir in jeder juristischen Form zu eigen machen." Der Antragsteller beantragte daraufhin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Antragsgegner.

Das LG wies den Antrag zurück. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben.

Die Gründe:
Der "offene Brief" des Antragsgegners ist als eine von Art. 5 GG geschützte zulässige Meinungsäußerung zu bewerten. Es handelt sich bei dem Brief zuvorderst um eine Stellungnahme zur rechtlichen Zulässigkeit des Beitrags von Böhmermann in dessen Sendung "Neo Magazin Royale". Dass der Antragsgegner den Beitrag von Böhmermann gutheißt, ist vom GG als zulässige Meinungsäußerung geschützt.

Auch das "PS" des Briefes führt nicht zu einem Unterlassungsanspruch. Im Presserecht kann das "Zu-Eigen-Machen" einer fremden Äußerung zwar zu einer erhöhten Verantwortlichkeit führen. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben. Denn auch das Post Scriptum ist Teil der Auseinandersetzung um die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen der Meinungs- und Kunstfreiheit sowie um die Diskussion hierüber im Anschluss an das "Gedicht" von Böhmermann.

Gegen ein "Zu-Eigen-Machen" im presserechtlichen Sinne spricht schon, dass der Antragsgegner das Gedicht in seiner satirischen Einkleidung nicht wiederholt hat. Vielmehr geht es dem Antragsgegner erkennbar darum kundzutun, dass er das Gedicht in der von Böhmermann vorgetragenen Form für Satire und damit für zulässig hält. Dass der Antragsgegner das Gedicht ohne satirische Einkleidung für zulässig hält, ist dagegen weder behauptet noch ersichtlich.

Eine andere rechtliche Bewertung folgt auch nicht daraus, dass der offene Brief das Wort "Ziegenficker" enthält. Denn mit dem Begriff hat der Antragsgegner lediglich eine Passage des Gedichts in Bezug genommen und nicht den Antragsteller bezeichnet. Der Senat hat vorliegend im Übrigen keine Aussage dazu getroffen, wie die Äußerungen von Böhmermann selbst rechtlich zu bewerten sind.

OLG Köln PM vorm 21.6.2016
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