Bundesgesundheitsministerium muss Unterlagen zur Maskenbeschaffung herausgeben
VG Köln v. 19.1.2023 - 13 K 2382/21 u.a.
Der Sachverhalt:
Das Bundesgesundheitsministerium schrieb im März 2020 im Zuge der Corona-Pandemie in einem sog. Open-House-Verfahren die Beschaffung von FFP-2-Masken aus. Bei einem solchen Verfahren hat jedes Unternehmen, das die vorgegebenen Vertragsbedingungen und Preise akzeptiert, einen Anspruch auf Vertragsschluss. Dabei bot der Bund jedem Lieferanten einen Festpreis von 4,50 € pro FFP-2-Maske. Zur Unterstützung bei der Abwicklung der Beschaffungsverfahren beauftragte das Ministerium eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und eine Anwaltskanzlei. Geliefert wurden mehr als eine Milliarde Masken.
Ob Maskenlieferanten ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllt haben, ist Gegenstand zahlreicher zivilgerichtlicher Verfahren, die vor dem LG Bonn anhängig waren und sind. Einer der dort klagenden Unternehmer beantragte auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) beim Bundesgesundheitsministerium im Dezember 2020, ihm Zugang zu allen Gutachten und anderweitigen Stellungnahmen der vom Ministerium beauftragten Beratungsgesellschaft und der Kanzlei zu gewähren. Eine andere Person beantragte im Januar 2021 unter Bezugnahme auf einen Artikel in der Zeitschrift "Der Spiegel" mit dem Titel "Spahns Schutzmasken-Fiasko", ihm sämtlichen Schriftverkehr zwischen Jens Spahn und Andrea Tandler in den Jahren 2020 und 2021 zu übersenden. Das Ministerium lehnte die Anträge ab. Dagegen erhoben die Antragsteller jeweils Klage.
Das VG gab den Klagen weitestgehend statt. Gegen die Urteile können die Beteiligten jeweils einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den das OVG entscheiden würde.
Die Gründe:
Die vom Ministerium angeführten Versagungsgründe stehen der Erteilung der begehrten Informationen nicht entgegen. Die pauschale Behauptung, eine Informationserteilung bedeute angesichts von mehreren zehntausend zu sichtenden Seiten einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand, greift im Hinblick auf die Größe des Ministeriums nicht durch. Auch würden Beratungen der Behörde nicht beeinträchtigt. Die Entscheidung über die Maskenbeschaffung ist abgeschlossen.
Ein im Anschluss daran fortlaufender Beratungsprozess lässt sich auch nicht mit dem Argument des Ministeriums konstruieren, die begehrten Informationen beträfen auch die laufenden zivilgerichtlichen Verfahren. Die Informationserteilung hat auch keine nachteiligen Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens. Der entsprechende gesetzliche Ausschlussgrund dient dem ordnungsgemäßen Ablauf eines gerichtlichen Verfahrens. Er schützt hingegen nicht die Erfolgsaussichten der öffentlichen Hand vor Gericht. Zudem hat das Ministerium nicht hinreichend dargelegt, welche nachteiligen Auswirkungen die Herausgabe der Informationen auf die zivilgerichtlichen Verfahren haben soll.
Dafür, dass die Herausgabe der E-Mail-Korrespondenz zwischen Minister Spahn und Frau Tandler nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen haben könnte, hat das Ministerium nichts Hinreichendes vorgetragen. Die mit einem der Urteile ausgesprochene Pflicht zur Herausgabe der E-Mails erstreckt sich allerdings nicht auf solche Teile, die Geschäftsgeheimnisse enthalten. Inwieweit dieser Vorbehalt greift, ist durch das Ministerium zu prüfen.
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VG Köln PM vom 20.1.2022
Das Bundesgesundheitsministerium schrieb im März 2020 im Zuge der Corona-Pandemie in einem sog. Open-House-Verfahren die Beschaffung von FFP-2-Masken aus. Bei einem solchen Verfahren hat jedes Unternehmen, das die vorgegebenen Vertragsbedingungen und Preise akzeptiert, einen Anspruch auf Vertragsschluss. Dabei bot der Bund jedem Lieferanten einen Festpreis von 4,50 € pro FFP-2-Maske. Zur Unterstützung bei der Abwicklung der Beschaffungsverfahren beauftragte das Ministerium eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und eine Anwaltskanzlei. Geliefert wurden mehr als eine Milliarde Masken.
Ob Maskenlieferanten ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllt haben, ist Gegenstand zahlreicher zivilgerichtlicher Verfahren, die vor dem LG Bonn anhängig waren und sind. Einer der dort klagenden Unternehmer beantragte auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) beim Bundesgesundheitsministerium im Dezember 2020, ihm Zugang zu allen Gutachten und anderweitigen Stellungnahmen der vom Ministerium beauftragten Beratungsgesellschaft und der Kanzlei zu gewähren. Eine andere Person beantragte im Januar 2021 unter Bezugnahme auf einen Artikel in der Zeitschrift "Der Spiegel" mit dem Titel "Spahns Schutzmasken-Fiasko", ihm sämtlichen Schriftverkehr zwischen Jens Spahn und Andrea Tandler in den Jahren 2020 und 2021 zu übersenden. Das Ministerium lehnte die Anträge ab. Dagegen erhoben die Antragsteller jeweils Klage.
Das VG gab den Klagen weitestgehend statt. Gegen die Urteile können die Beteiligten jeweils einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den das OVG entscheiden würde.
Die Gründe:
Die vom Ministerium angeführten Versagungsgründe stehen der Erteilung der begehrten Informationen nicht entgegen. Die pauschale Behauptung, eine Informationserteilung bedeute angesichts von mehreren zehntausend zu sichtenden Seiten einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand, greift im Hinblick auf die Größe des Ministeriums nicht durch. Auch würden Beratungen der Behörde nicht beeinträchtigt. Die Entscheidung über die Maskenbeschaffung ist abgeschlossen.
Ein im Anschluss daran fortlaufender Beratungsprozess lässt sich auch nicht mit dem Argument des Ministeriums konstruieren, die begehrten Informationen beträfen auch die laufenden zivilgerichtlichen Verfahren. Die Informationserteilung hat auch keine nachteiligen Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens. Der entsprechende gesetzliche Ausschlussgrund dient dem ordnungsgemäßen Ablauf eines gerichtlichen Verfahrens. Er schützt hingegen nicht die Erfolgsaussichten der öffentlichen Hand vor Gericht. Zudem hat das Ministerium nicht hinreichend dargelegt, welche nachteiligen Auswirkungen die Herausgabe der Informationen auf die zivilgerichtlichen Verfahren haben soll.
Dafür, dass die Herausgabe der E-Mail-Korrespondenz zwischen Minister Spahn und Frau Tandler nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen haben könnte, hat das Ministerium nichts Hinreichendes vorgetragen. Die mit einem der Urteile ausgesprochene Pflicht zur Herausgabe der E-Mails erstreckt sich allerdings nicht auf solche Teile, die Geschäftsgeheimnisse enthalten. Inwieweit dieser Vorbehalt greift, ist durch das Ministerium zu prüfen.
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