04.04.2023

Bundeskanzleramt muss Auskünfte über Kommunikation mit Medien in der "Cum-Ex-Affäre" erteilen

Das Bundeskanzleramt ist verpflichtet, der Presse Auskünfte über die Kommunikation des Chefs des Bundeskanzleramts mit Medien in der so genannten "Cum-Ex-Steuergeld-Affäre" zu erteilen. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.

VG Berlin v. 24.3.2023 - VG 27 L 379/22
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller, ein Journalist, hatte das Bundeskanzleramt u.a. danach gefragt, ob der Chef des Bundeskanzleramts nach seiner Vernehmung als Zeuge durch den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss "Cum-Ex-Steuergeld-Affäre" im September 2022 einem Journalisten Informationen zu dieser Affäre erteilt habe. Darüber hinaus wollte er wissen, ob der Chef des Bundeskanzleramts eine Mitteilung an den Chefredakteur des "Stern" und an weitere Chefredaktionen versandt habe, in der er auf Recherchen eines anderen Journalisten Bezug genommen habe. Außerdem begehrte er Auskunft darüber, ob der Chef des Bundeskanzleramtes bestimmten Medienvertretern Informationen zur Verwicklung des Bundeskanzlers in die Affäre übermittelt und dabei verlangt habe, nicht als Informant genannt zu werden.

Das Gericht gab dem Antrag des Journalisten im Wesentlichen statt. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim OVG eingelegt werden.

Die Gründe:
Das Bundeskanzleramt hat die Auskünfte zu erteilen. Es kann sich nicht darauf berufen, dass Gespräche des Chefs des Bundeskanzleramtes mit Journalisten über die "Cum-Ex-Affäre" außerhalb seiner dienstlichen Tätigkeit liegen. Vielmehr ist der Austausch mit Medienvertretern Teil seiner Presse-, Öffentlichkeits- und Informationsarbeit. Dazu gehören auch individuelle Kommunikationsformen "im kleinen Kreis", wie etwa Hintergrundgespräche.

Der vertrauliche Charakter solcher Gespräche schließt für sich genommen den presserechtlichen Auskunftsanspruch nicht aus. Es kommt allein darauf an, ob schutzwürdige öffentliche oder private Interessen der Auskunftserteilung entgegenstehen. Das ist hier nicht der Fall. Zwar ist die Recherche- und Redaktionstätigkeit der betroffenen Journalisten grundrechtlich geschützt. In der Abwägung überwiegt hier aber das gleichermaßen geschützte Interesse des auskunftsbegehrenden Journalisten. Dieser verlangt weder Auskunft über die Namen der betroffenen Kollegen noch werden die Auskünfte deren konkrete Recherchetätigkeit individualisieren.

Die Dringlichkeit des Eilantrags wird festgestellt. Das betreffende Thema ist von hoher Aktualität. Die begehrten Auskünfte verlören ihren Nachrichtenwert, wenn zunächst der Abschluss eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten wäre.

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