Bundestag führt Frauenquote für Vorstände großer Unternehmen ein
Der angenommene Regierungsentwurf sieht vor, dass in börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten in den Vorständen mit mehr als drei Mitgliedern mindestens eine Frau und ein Mann vertreten sein muss. Von dieser Regelung sind nach Angaben der Regierung derzeit etwa 70 Unternehmen betroffen, von denen 30 aktuell keine Frau im Vorstand haben. Alle anderen Unternehmen sollen nach der Gesetzesvorlage in Zukunft begründen müssen, warum sie es sich nicht zum Ziel setzen, eine Frau in den Vorstand zu berufen. Unternehmen, die keine Zielgröße für den Frauenanteil nennen oder keine Begründung abgeben, sollen sanktioniert werden.
Für Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes wird eine feste Frauen- beziehungsweise Männerquote von mindestens 30 % in den Aufsichtsräten festgelegt. Zu diesen Unternehmen gehören beispielsweise die Deutsche Bahn AG, die Bundesdruckerei GmbH oder die Deutsche Flugsicherung. In Vorständen mit mehr als zwei Mitgliedern soll zudem mindestens einer Frau vertreten sein. Auch in Körperschaften des öffentlichen Rechts wie den Krankenkassen, Renten- und Unfallversicherungsträgern und bei der Bundesagentur für Arbeit wird eine Mindestbeteiligung von einer Frau in mehrköpfigen Vorständen eingeführt.
Ausgeweitet wird das Bundesgremienbesetzungsgesetz. So fallen zukünftig Gremien bereits ab zwei Mitgliedern des Bundes unter dessen Regelungen. Rund 109 Gremien sollen so zukünftig mit Frauen besetzt werden.
Änderungen des Familienausschusses
Der Familienausschuss hatte den Regierungsentwurf in einer Reihe von Punkten geändert. U.a. muss ein Vorstandsmitglied darlegen, dass Fälle wie Mutterschutz, Elternzeit, Pflege eines Familienangehörigen oder Krankheit vorliegen. Rechtlich handele es sich um die Beendigung der Bestellung durch Widerruf verbunden mit dem Anspruch auf Neubestellung nach Ablauf des einschlägigen Zeitraums. Durch das Recht und die Möglichkeit zum Widerruf der Bestellung werde gewährleistet, dass das Vorstandsmitglied während der "Auszeit" vollständig von allen Pflichten und Haftungsrisiken befreit ist.
Unzulässig wird es auch sein, den angestrebten Frauenanteil in Form einer Prozentangabe größer als Null festzulegen, die dazu führt, dass keine Frau als Führungskraft berücksichtigt werden muss (etwa eine Zielgröße von 5 % Frauenanteil bei einer zehnköpfigen Führungsebene). Im Gegenzug entfiel die im Regierungsentwurf vorgesehene Verpflichtung für die Unternehmen, in der Zielgröße stets die angestrebte Anzahl weiblicher Führungskräfte anzugeben.
Oppositionsinitiativen abgelehnt
Abgelehnt wurden drei Oppositionsvorlagen. Nach dem Willen der FDP-Fraktion sollten Deutschlands Unternehmen weiblicher und vielfältiger werden. In ihrem abgelehnten Antrag forderte sie die Bundesregierung u.a. auf, gemeinsam mit den Bundesländern darauf hinzuwirken, dass in der frühkindlichen Bildung sowie in der Schule Projekte und Kampagnen zur Überwindung veralteter Rollenbilder und zur gezielten Förderung von Mädchen in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik gefördert werden.
Bei den Unternehmen sollte die Regierung dafür werben, "im Wettbewerb um die besten Köpfe" auf ambitionierte Zielgrößen zu setzen und diese transparent zu kommunizieren. Darüber hinaus setzten sich die Liberalen für flexiblere Arbeitszeitmodelle zur besseren Vereinbarkeit von Familien und Beruf ein, für eine stärkere Förderung von Betriebskindertagesstätten und für steuerliche Entlastungen der Arbeitgeber für erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern ihrer Arbeitnehmer.
Die Linksfraktion forderte in ihrem abgelehnten Antrag die Bundesregierung dazu auf, Gesetzentwürfe vorzulegen und Maßnahmen zu ergreifen, um mit dem Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst Regelungen für die Privatwirtschaft zu erlassen, die den Mindest-Frauenanteil in Aufsichtsräten und Unternehmensvorständen entsprechend ihres Anteils an der Bevölkerung quotieren und konkrete, zeitliche Maßnahmen zur Zielerreichung sowie abgestufte Sanktionen bei Nichteinhaltung formulieren.
So sollte u.a. eine Mindestquote für Frauen von 50 % bei der Neubesetzung von Vorständen börsennotierter und mitbestimmter Unternehmen binnen zweier Wahlperioden der Unternehmensgremien erreicht werden. Ferner sollten eine Mindestquote für Frauen von 50 % bei der Neubesetzung von Aufsichtsräten börsennotierter und mitbestimmter Unternehmen binnen zweier Wahlperioden der Unternehmensgremien eingeführt sowie Sanktionen bei Verstößen gegen die Zielgrößenverpflichtungen festgelegt werden.
Die Grünen verlangten in ihrem abgelehnten Antrag von der Bundesregierung gesetzliche Regelungen für die Privatwirtschaft zu erlassen, um den Frauenanteil in Unternehmensvorständen und Aufsichtsräten deutlich zu erhöhen. Gefordert wurde eine feste Mindestquote für Frauen von 33 % ab dem Jahr 2021 bei der Neubesetzung von Unternehmensvorständen von börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen. Vom Jahr 2025 an sollte bei Neubesetzung eine feste Mindestquote für Frauen i.H.v. 40 % für die Vorstände der börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen festgeschrieben werden, "wenn ihr Vorstand aus vier oder mehr Personen besteht".
Zudem wurde verlangt, Regelungen für die Privatwirtschaft zu erarbeiten und gesetzlich festzuschreiben, die konkrete Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils auch unterhalb der obersten Führungsebene beinhalten. Aus Sicht der Grünen sollten alle börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen zur Erstellung von konkreten Gleichstellungsplänen verpflichtet werden, die Zielvorgaben zur Erhöhung des Anteils des unterrepräsentierten Geschlechts für jede einzelne Führungskräfteebene enthalten. Die Zielvorgaben seien mit konkreten Maßnahmen zur Erreichung zu versehen, "die nach den spezifischen betrieblichen Bedingungen am besten geeignet sind, die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern". Diese Gleichstellungspläne müssten im Lagebericht veröffentlicht werden.