Chef-Kameramann von "Das Boot" hat Anspruch auf Nachvergütung
OLG Stuttgart 26.9.2018, 4 U 2/18Der Kläger war als Chef-Kameramann an der Filmproduktion eines der bislang erfolgreichsten deutschen Kinofilme aller Zeiten in den Jahren 1980/1981 beteiligt. Seinerzeit hatte er rd. 200.000 DM als vereinbarte Vergütung erhalten. Mit diesem und einem bereits vom OLG München am 21.12.2017 entschiedenen Verfahren (29 U 2619/16) strebt der 84-jährige Kläger Nachvergütungsansprüche gem. § 32a UrhG an.
Vom OLG München wurden ihm seinerzeit gegen die Filmherstellerin, die Videoverwertungsgesellschaft sowie den WDR insgesamt rd. 590.000 € zugesprochen. In dem vorliegenden Verfahren macht der Kläger seine Ansprüche gegenüber den weiteren Rundfunkanstalten, die die ARD bilden, geltend. Diese betreiben jeweils ihr eigenes sog. drittes Programm und haben dort und in den Gemeinschaftsprogrammen der ARD bis März 2016 wiederholt "Das Boot" ausgestrahlt.
Das LG gab der Klage teilweise statt und verurteilte die Beklagten zur Zahlung von rd. 80.000 €. Auf die Berufung des Klägers änderte das OLG das Urteil ab und verurteilte die Beklagten zur Zahlung von insgesamt rd. 315.000 €. Die Revision zum BGH wurde zugelassen.
Die Gründe:
Dem Kläger stehen für 41 Ausstrahlungen der Produktion in den Jahren 2002 bis 2016 eine angemessene weitere Beteiligung gem. § 32a Abs. 2 S. 1 UrhG zu. Zwischen der vom Kläger mit der Filmproduktionsfirma vereinbarten Vergütung für die Einräumung des Nutzungsrechts und den aus der Nutzung erzielten Erträgnissen und Vorteilen der jeweiligen Sender besteht ein auffälliges Missverhältnis i.S.d. seit 2002 normierten sog. Fairnessparagraphen.
Bei der Bemessung der Vorteile der Rundfunkanstalten durch die Ausstrahlungen hat sich das OLG an tariflichen Wiederholungsvergütungssätzen orientiert, wie sie die Tarifverträge der drei größten ARD-Anstalten für die Ausstrahlung von Wiederholungssendungen vorsehen. Demgegenüber wird der erstinstanzliche Lösungsansatz, die Vorteile und Erträgnisse der Sendeanstalten nach den Lizenzkosten zu bemessen, für nicht sachgerecht angesehen. Dagegen spricht u.a., dass es im Filmlizenzgeschäft keine allgemeingültigen Preise gibt und derselbe Film einmal günstig und ein andermal viel teurer eingekauft werden kann.
Die unter Berücksichtigung der Vorteile der Beklagten angemessene Vergütung beträgt somit insgesamt rd. 315.000 €. Dabei ist die tatsächliche Vergütung des Kameramanns durch die Filmnutzungen bis zum Stichtag 28.3.2002 (Verkündung des § 32a UrhG) bereits "verbraucht". Der Nachvergütungsbetrag wird zu rd. 60 % von den acht beklagten ARD-Sendern für die Ausstrahlungen in den Gemeinschaftsprogrammen gesamtschuldnerisch geschuldet, der restliche Betrag entfällt auf die einzelnen Sender für die Ausstrahlungen in den jeweiligen "dritten Programmen". Entgegen der Auffassung des OLG Münchens und des LG ist der Zahlbetrag nicht zu verzinsen, da der sog. Vertragsanpassungsanspruch keine Geldschuld betrifft.
Für die Zeit nach dem 12.3.2016 und die Zukunft ist ebenfalls für die jeweilige Nutzung der Filmproduktion eine weitere angemessene Beteiligung von den Beklagten an den Kameramann zu bezahlen.