Designrechtliche Ansprüche für Tellerschleifgerät
BGH v. 9.3.2023 - I ZR 167/21
Der Sachverhalt:
Die in Luxemburg ansässige Klägerin ist Inhaberin eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters für ein Tellerschleifgerät. Die Beklagten boten ein von der Streithelferin geliefertes Tellerschleifgerät (Verletzungsmuster) an, in dem die Klägerin eine Verletzung ihres Gemeinschaftsgeschmacksmusters (Klagemuster) sah. Nach erfolgloser Abmahnung hat die Klägerin die Beklagten auf Unterlassung des Anbietens, Bewerbens und Inverkehrbringens des Verletzungsmusters, Auskunftserteilung, Zahlung von Abmahnkosten und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat die Entscheidung im Berufungsverfahren abgeändert und die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.
Gründe:
Mit Erfolg wandten sich die Revisionen der Beklagten und der Streithelferin gegen die Bestimmung des Schutzumfangs des Klagemusters durch das Berufungsgericht. Soweit das Berufungsgericht einzelne für den Gesamteindruck prägende Erscheinungsmerkmale des Klagemusters als nicht ausschließlich technisch bedingt erachtet hatte, hat es den diesbezüglichen Vortrag der Beklagten und der Streithelferin nicht erschöpfend gewürdigt.
Bei der nach Art. 8 Abs. 1 GGV vorzunehmenden Beurteilung, ob Erscheinungsmerkmale eines Erzeugnisses nach den für den Einzelfall maßgeblichen objektiven Umständen ausschließlich durch dessen technische Funktion bedingt sind, handelt es sich um eine tatgerichtliche Würdigung. Sie ist vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüfbar, ob das Tatgericht einen zutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt, nicht gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen und keine wesentlichen Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Solche Rechtsfehler lagen im Streitfall allerdings vor. Das Berufungsgericht ist zwar im Wesentlichen von den genannten Grundsätzen ausgegangen. Es hat jedoch den Vortrag der Beklagten und der Streithelferin nicht vollständig in die gebotene Würdigung aller für den Einzelfall maßgeblichen objektiven Umstände einbezogen, die für jedes den Gesamteindruck prägende Merkmal gesondert vorzunehmen ist.
Die Revisionen beanstandeten zu Recht nicht, dass das Berufungsgericht das Vorhandensein der Komponenten Schleifteller, Schleiftisch, Motor und Gerätefuß als (ausschließlich) technisch bedingt angesehen hatte. Soweit das Berufungsgericht insoweit mit Blick auf das Vorhandensein eines Motorgehäuses offenbar zu einer abweichenden Einschätzung gelangt war, fehlte jedoch eine nachvollziehbare Begründung unter Würdigung des Vortrags der Beklagten und der Streithelferin zur technischen Funktion des Gehäuses. Es ist auch unklar geblieben, ob der Umstand, dass der Motor direkt hinter dem Schleifteller und nicht seitlich versetzt angeordnet ist, in diese Beurteilung eingeflossen war.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht den Schutzumfang des Klagemusters unter Einbeziehung des genannten Vorbringens enger bestimmt und auf dieser Basis zu einem für die Beklagten und ihre Streithelferin günstigen Vergleich des Gesamteindrucks von Klagemuster und Verletzungsmuster gekommen wäre.
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Die in Luxemburg ansässige Klägerin ist Inhaberin eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters für ein Tellerschleifgerät. Die Beklagten boten ein von der Streithelferin geliefertes Tellerschleifgerät (Verletzungsmuster) an, in dem die Klägerin eine Verletzung ihres Gemeinschaftsgeschmacksmusters (Klagemuster) sah. Nach erfolgloser Abmahnung hat die Klägerin die Beklagten auf Unterlassung des Anbietens, Bewerbens und Inverkehrbringens des Verletzungsmusters, Auskunftserteilung, Zahlung von Abmahnkosten und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat die Entscheidung im Berufungsverfahren abgeändert und die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.
Gründe:
Mit Erfolg wandten sich die Revisionen der Beklagten und der Streithelferin gegen die Bestimmung des Schutzumfangs des Klagemusters durch das Berufungsgericht. Soweit das Berufungsgericht einzelne für den Gesamteindruck prägende Erscheinungsmerkmale des Klagemusters als nicht ausschließlich technisch bedingt erachtet hatte, hat es den diesbezüglichen Vortrag der Beklagten und der Streithelferin nicht erschöpfend gewürdigt.
Bei der nach Art. 8 Abs. 1 GGV vorzunehmenden Beurteilung, ob Erscheinungsmerkmale eines Erzeugnisses nach den für den Einzelfall maßgeblichen objektiven Umständen ausschließlich durch dessen technische Funktion bedingt sind, handelt es sich um eine tatgerichtliche Würdigung. Sie ist vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüfbar, ob das Tatgericht einen zutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt, nicht gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen und keine wesentlichen Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Solche Rechtsfehler lagen im Streitfall allerdings vor. Das Berufungsgericht ist zwar im Wesentlichen von den genannten Grundsätzen ausgegangen. Es hat jedoch den Vortrag der Beklagten und der Streithelferin nicht vollständig in die gebotene Würdigung aller für den Einzelfall maßgeblichen objektiven Umstände einbezogen, die für jedes den Gesamteindruck prägende Merkmal gesondert vorzunehmen ist.
Die Revisionen beanstandeten zu Recht nicht, dass das Berufungsgericht das Vorhandensein der Komponenten Schleifteller, Schleiftisch, Motor und Gerätefuß als (ausschließlich) technisch bedingt angesehen hatte. Soweit das Berufungsgericht insoweit mit Blick auf das Vorhandensein eines Motorgehäuses offenbar zu einer abweichenden Einschätzung gelangt war, fehlte jedoch eine nachvollziehbare Begründung unter Würdigung des Vortrags der Beklagten und der Streithelferin zur technischen Funktion des Gehäuses. Es ist auch unklar geblieben, ob der Umstand, dass der Motor direkt hinter dem Schleifteller und nicht seitlich versetzt angeordnet ist, in diese Beurteilung eingeflossen war.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht den Schutzumfang des Klagemusters unter Einbeziehung des genannten Vorbringens enger bestimmt und auf dieser Basis zu einem für die Beklagten und ihre Streithelferin günstigen Vergleich des Gesamteindrucks von Klagemuster und Verletzungsmuster gekommen wäre.
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