28.09.2012

Die sog. Tagesschau-App ist nicht generell verboten

Es ist auch Sinn und Zweck des § 11d Abs. 2 Ziff. 3 des Rundfunkstaatsvertrages, die Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Bereich der Telemedien im Hinblick auf den Kernbereich der Pressefreiheit zu regeln und zu beschränken. Die Tagesschau-App kann zwar als presseähnlich angesehen werden, weil das Angebot aus Sicht der Nutzer geeignet ist, als Ersatz für die Lektüre von Zeitungen oder Zeitschriften zu dienen. Ein generelles Verbot scheidet allerdings aus, weil sie das Genehmigungsverfahren nach dem Rundfunkstaatsvertrag durchlaufen hat.

LG Köln 27.9.2012, 31 O 360/11
Der Sachverhalt:
Die klagenden Zeitungsverlage wandten sich gegen die Veröffentlichung einer Tagesschau-App vom 15.6.2011 durch die Beklagten - die ARD und den NDR. Die Kläger waren der Ansicht, bei der Tagesschau-App handele es sich um ein nichtsendungsbezogenes presseähnliches Angebot, das nach den Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages unzulässig sei. Der daraus folgende Verstoß gegen die marktregulierenden Vorschriften i.S.d. UWG begründe einen Unterlassungsanspruch.

Das LG gab der Klage im Hinblick auf die Tagesschau-App vom 15.6.2011 statt. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Den Beklagten ist es untersagt, die von ihnen angebotene Tagesschau-App vom 15.6.2011 zu verbreiten oder verbreiten zu lassen.

Der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch war begründet, weil ein Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag vorlag und sich dieser als Verstoß gegen eine marktregulierende Vorschrift i.S.d. UWG darstellte. Schließlich ist es auch Sinn und Zweck des § 11d Abs. 2 Ziff. 3 des Rundfunkstaatsvertrages, die Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Bereich der Telemedien im Hinblick auf den Kernbereich der Pressefreiheit zu regeln und zu beschränken. Die Tagesschau-App kann durchaus als presseähnlich angesehen werden, weil das Angebot aus Sicht der Nutzer geeignet ist, als Ersatz für die Lektüre von Zeitungen oder Zeitschriften zu dienen. Dies mit einer Informationsdichte, die an herkömmlicher Presseerzeugnisse heranreicht. Daran ändern auch Verknüpfungen mit Hörfunk- oder Fernsehbeiträgen nichts.

Außerdem sind die Angebote der App nicht hinreichend sendungsbezogen. Das bedeutet, ihnen fehlt der ausdrücklich ausgewiesene Bezug zu einer konkreten Hörfunk- oder Fernsehsendung mit der Folge, dass der Nutzer erkennen kann, dass mit dem Beitrag die entsprechende Sendung nur thematisch oder inhaltlich vertieft werden soll. Hierbei war im konkreten Fall auf das Angebot in seiner Gesamtheit abzustellen, so dass es für das Verbot ausreichte, dass die presseähnlichen und nicht sendungsbezogenen Beiträge einen breiten Raum einnahmen, das Angebot auch optisch dominierten und so den Gesamteindruck wesentlich mitbestimmten.

Die Entscheidung bezog sich ausdrücklich nur auf die konkrete Verletzungshandlung, die Gegenstand des Rechtsstreits war. Dabei handelte es sich um die Tagesschau-App vom 15.6.2011. Eine allgemeine Aussage zur nach dem Rundfunkstaatsvertrag zulässigen Länge oder Ausführlichkeit von Texten enthält das Urteil nicht. Ein generelles Verbot der App, wie von der Klägerseite ursprünglich beantragt, schied aus, weil die App - entgegen der Auffassung der Kläger - das Genehmigungsverfahren nach dem Rundfunkstaatsvertrag durchlaufen hat (§ 11f RStV). Infolgedessen wurden die Kosten des Rechtsstreits auch zu 20 % der Klägerseite auferlegt.

LG Köln PM v. 27.9.2012
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