Die Veröffentlichung eines Preisrätsels mit versteckt werblichem Charakter verstößt gegen das Verschleierungsverbot des § 4 Nr. 3 UWG
BGH 31.10.2012, I ZR 205/11Die Beklagte ist Verlegerin der monatlich erscheinenden Zeitschrift "G.M.". In der Ausgabe 12/2009 befand sich unter der Rubrik "Preisrätsel" ein Gewinnspiel, bei dem die Teilnehmer nach richtiger Beantwortung der Preisfrage eines von drei ausgelobten Epiliergeräten der Marke Braun im Wert von 150 € gewinnen konnten. Unterhalb der Überschrift "Gewinnen Sie ein Epiliergerät von Braun" - nebenan befand sich ein Bild von dem Gerät - war folgender Text abgedruckt:
"Der Winter setzt unserer Haut mächtig zu: Trockene Heizungsluft drinnen, klirrende Kälte draußen und der Wechsel zwischen beiden lässt die Haut leiden. Bei frostigen Temperaturen ist das körpereigene Kreatin weniger flexibel, mit der Folge, dass die Haut schnell spannt. So kommt der Wasserhaushalt aus der Balance und verlangsamt den natürlichen Erneuerungsprozess der Haut. Ein Grund, warum Experten im Winter eine äußerst sanfte Haarentfernungsmethode empfehlen. Der Silképil Xpressive Wet&Dry von Braun ist dafür ideal, denn er bietet die sanfteste und hautschonendste Epilation, die es je von Braun gab. Sein Geheimnis ist die Anwendung unter Wasser, denn warmes Wasser wirkt entspannend und beruhigend, das Gefühl auf der Haut wird besser und das Zupfempfinden nimmt merklich ab."
Die darunter abgedruckte Preisfrage lautete: "Was ist das Geheimnis des Silk-épil Xpressive Wet&Dry?" In den in einem separaten Kasten abgedruckten Teilnahmebedingungen war in den untersten beiden Zeilen der Hinweis enthalten, dass die Gewinne vom Hersteller kostenlos zur Verfügung gestellt würden.
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, ist der Ansicht, das Preisrätsel sei - neben fünf anderen in derselben Ausgabe abgedruckten Beiträgen, die nicht mehr in Streit stehen - wegen Verstoßes gegen § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbsrechtlich unzulässig, weil der Werbecharakter des Beitrags verschleiert werde. Es handele sich zudem um eine als Information getarnte Werbung nach Nr. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG.
Das LG gab der Unterlassungsklage - hinsichtlich des Preisrätsels - statt. Das OLG wies sie diesbezüglich ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung der Beklagten insoweit zurück.
Die Gründe:
Das OLG hat zu Unrecht einen Verstoß der Beklagten gegen § 4 Nr. 3 UWG verneint.
Nach § 4 Nr. 3 UWG handelt unlauter, wer den werblichen Charakter einer geschäftlichen Handlung verschleiert. Eine Verschleierung liegt danach vor, wenn die Handlung so vorgenommen wird, dass der Werbecharakter nicht klar und eindeutig zu erkennen ist. Grundlage des in § 4 Nr. 3 UWG - ebenso in Nr. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG - enthaltenen Verbots redaktioneller Werbung ist die damit regelmäßig einhergehende Irreführung des Lesers, der dem Beitrag aufgrund seines redaktionellen Charakters unkritischer gegenübertritt und ihm auch größere Bedeutung und Beachtung bemisst. Wird in einer Zeitschrift der redaktionelle Teil mit Werbung vermischt, ist im Allgemeinen eine Irreführung anzunehmen.
Das OLG hat die Besonderheit des vorliegenden Falls bei der Ermittlung der maßgeblichen Verkehrserwartung nicht hinreichend beachtet. Der großzügigere Maßstab bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung redaktioneller Gewinnspiele kommt dann nicht zum Tragen, wenn - wie vorliegend - die Werbung für das ausgelobte Produkt selbst Teil des redaktionell verantworteten Gewinnspiels ist und dieses zudem mit Elementen redaktioneller Berichterstattung angereichert ist, so dass werbliche und redaktionelle Ebenen ineinander übergehen und der Leser zwischen diesen Ebenen nicht mehr unterscheiden kann. In solchen Fällen wird der Verkehr davon ausgehen, dass dieser Beitrag - auch wenn er unter der Rubrik Preisrätsel geführt wird - von der Redaktion objektiv und unabhängig von wirtschaftlichen Interessen Dritter gestaltet worden ist.
Das OLG hat auch zu geringe Anforderungen an die Erkennbarkeit des werblichen Charakters der streitgegenständlichen Veröffentlichung gestellt. Es hat insoweit nicht genügend beachtet, dass es bei der Beurteilung von redaktioneller Werbung am Maßstab des § 4 Nr. 3 UWG nicht allein darauf ankommt, ob der durchschnittliche Leser erst nach einer - analysierenden - Lektüre des Beitrags die werbliche Wirkung des Beitrags erkennt. Dies schließt es nämlich nicht aus, dass der Leser aufgrund der Zuordnung des Beitrags zum redaktionellen Teil einer Zeitschrift diesem überhaupt erst eine eingehendere Beachtung schenkt, weil er der irrigen Annahme unterliegt, es handele sich um eine unabhängige Äußerung der Redaktion.
Aus diesem Grund muss für den Leser bereits auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar sein, dass es sich der Sache nach um Werbung für den Hersteller des ausgelobten Produkts handelt. In diesem Zusammenhang genügt es nicht, dass der Verkehr die äußerst positive Beschreibung des Produkts erkennt. Er muss vielmehr sofort und zweifelsfrei erkennen, dass diese Beschreibung der Bewerbung des Produkts dient und nicht von der Redaktion verantwortet wird. Nach alldem hat die Beklagte mit der angegriffenen Veröffentlichung den werblichen Charakter des Beitrags verschleiert.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.