Diesel-Fahrzeug: Einbau eines Thermofensters nicht per se Sittenwidrigkeit
OLG Koblenz v. 21.10.2019 - 12 U 246/19
Der Sachverhalt:
Der Kläger hat ein von der Beklagten hergestelltes Neufahrzeug Mercedes Benz E 350 T CDI geleast, in welchem ein Motor OM 642 der Schadstoffklasse 6 eingebaut war. Das Fahrzeug verfügte zur Minderung der Stickoxidemissionen über eine sog. Abgasrückführung. Hierbei wird ein Teil des Abgases in das Ansaugsystem des Motors zurückgeführt und nimmt erneut an der Verbrennung teil. Die Abgasrückführung wird bei geringen Außen-/Ladelufttemperaturen zurückgefahren (sog. "Thermofenster").
Das LG wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers blieb vor dem OLG erfolglos. Das OLG lies allerdings die Revision zu.
Die Gründe:
Der Einbau des Thermofensters stellt keine sittenwidrige Handlung dar.
Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt und besonders verwerflich ist. Diese Voraussetzungen können bei Einbau einer eindeutig unzulässigen Software bejaht werden, weil diese Unzulässigkeit dann auch den Verantwortlichen bewusst gewesen sein müsste. Beim Thermofenster hingegen handelt es sich nicht um eine eindeutig unzulässige Software, denn die betreffende Motorsteuerung arbeitet vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise wie auf dem Prüfstand.
Ferner gestattet die einschlägige Verordnung (EG) Nr. 715/2007 die Verwendung von Abschalteinrichtungen, wenn die Abschaltung erforderlich ist, um den Motor vor Beschädigung zu schützen und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten. Auf diese Ausnahmeregelung kann im Fall des "Thermofensters" verwiesen und ernsthaft der Gesichtspunkt des Motor- und Bauteilschutzes angeführt werden. Eine Auslegung der gesetzlichen Regelung, wonach ein "Thermofenster" eine zulässige Abschaltvorrichtung darstellt, ist daher nicht unvertretbar. Ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes kann nicht als besonders verwerfliches Verhalten und damit nicht als sittenwidrig eingestuft werden.
OLG Koblenz PM vom 23.10.2019
Der Kläger hat ein von der Beklagten hergestelltes Neufahrzeug Mercedes Benz E 350 T CDI geleast, in welchem ein Motor OM 642 der Schadstoffklasse 6 eingebaut war. Das Fahrzeug verfügte zur Minderung der Stickoxidemissionen über eine sog. Abgasrückführung. Hierbei wird ein Teil des Abgases in das Ansaugsystem des Motors zurückgeführt und nimmt erneut an der Verbrennung teil. Die Abgasrückführung wird bei geringen Außen-/Ladelufttemperaturen zurückgefahren (sog. "Thermofenster").
Das LG wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers blieb vor dem OLG erfolglos. Das OLG lies allerdings die Revision zu.
Die Gründe:
Der Einbau des Thermofensters stellt keine sittenwidrige Handlung dar.
Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt und besonders verwerflich ist. Diese Voraussetzungen können bei Einbau einer eindeutig unzulässigen Software bejaht werden, weil diese Unzulässigkeit dann auch den Verantwortlichen bewusst gewesen sein müsste. Beim Thermofenster hingegen handelt es sich nicht um eine eindeutig unzulässige Software, denn die betreffende Motorsteuerung arbeitet vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise wie auf dem Prüfstand.
Ferner gestattet die einschlägige Verordnung (EG) Nr. 715/2007 die Verwendung von Abschalteinrichtungen, wenn die Abschaltung erforderlich ist, um den Motor vor Beschädigung zu schützen und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten. Auf diese Ausnahmeregelung kann im Fall des "Thermofensters" verwiesen und ernsthaft der Gesichtspunkt des Motor- und Bauteilschutzes angeführt werden. Eine Auslegung der gesetzlichen Regelung, wonach ein "Thermofenster" eine zulässige Abschaltvorrichtung darstellt, ist daher nicht unvertretbar. Ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes kann nicht als besonders verwerfliches Verhalten und damit nicht als sittenwidrig eingestuft werden.