03.06.2013

Durch Beschlagnahme bei Zwangsverwaltung endet die vom Grundstückseigentümer an eine GbR als Gesellschafterbeitrag gewährte Nutzungsüberlassung

Durch die Beschlagnahme im Rahmen der Zwangsverwaltung endet die vom Grundstückseigentümer an eine GbR als Gesellschafterbeitrag gewährte Nutzungsüberlassung. Schuldrechtliche (Rückgabe-)Ansprüche aus diesem Rechtsverhältnis stehen allein den Gesellschaftern als solchen zu und sind weder von der Beschlagnahme erfasst noch dem Verwalter gegenüber gem. § 152 Abs. 2 ZVG wirksam.

BGH 15.5.2013, XII ZR 115/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger macht als Zwangsverwalter die Zahlung rückständiger Mieten für ein Ladenlokal sowie dessen Räumung und Herausgabe geltend. Eigentümer des unter Zwangsverwaltung stehenden Grundstücks und Schuldner der zugrundeliegenden Forderung sind zu je einem Drittel der Ehemann der Beklagten und zwei weitere Familienangehörige.

Im Oktober 1987 gründeten die drei Eigentümer eine GbR mit dem Zweck der "gewinnbringenden Verwaltung und Vermietung" einer größeren Anzahl von Grundstücken, welche den Gesellschaftern jeweils zu einem Drittel Miteigentumsanteil gehörten. Hierzu überließen sie der GbR die Grundstücke zur Nutzung, während die jeweiligen Miteigentumsanteile bei den Gesellschaftern verblieben. Im Juli 2007 vermietete die GbR das Ladenlokal an die Beklagte.

Im September 2009 wurde der Kläger zum Zwangsverwalter bestellt. Er forderte die Beklagte daraufhin auf, Zahlungen nur noch an ihn zu leisten. Im Dezember 2009 ordnete das AG ein Zahlungsverbot an, mit dem es der Beklagten als Drittschuldnerin untersagte, etwaige den Vollstreckungsschuldnern zustehende Miet- und Pachtzahlungen weiterhin an diese zu entrichten. Nachdem die Beklagte trotz zwischenzeitlicher Mahnung keine Zahlungen an den Kläger erbrachte, kündigte er das Mietverhältnis im März 2010 fristlos.

Das LG gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte antragsgemäß zur Räumung und Herausgabe des Ladenlokals sowie zur Zahlung von 3.024 € rückständiger Miete an den Kläger. Das OLG wies die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf, wies die Klage hinsichtlich des Räumungsanspruchs ab, gab ihr im Hinblick auf die Herausgabe statt und verwies die Sache bzgl. des Zahlungsantrags zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Das OLG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass dem Kläger als Zwangsverwalter kein Anspruch auf Miete gegen die Beklagte zusteht. Ebenso wenig steht dem Kläger ein Anspruch auf Nutzungsentgelt gem. § 546 a BGB wegen Vorenthaltung der Mietsache zu, weil im Verhältnis der Parteien kein Mietanspruch entfallen ist, der durch einen Anspruch nach § 546 a BGB zu ersetzen wäre. Ein Zahlungsanspruch des Klägers kann sich jedoch dem Grunde nach aus den Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§§ 990 Abs. 1 S. 1, 2, 987 Abs. 1 BGB) ergeben.

Nach gefestigter Rechtsprechung finden die §§ 987 ff. BGB auf den unmittelbaren Besitzer Anwendung, dessen Besitzrecht entfallen ist, weil der berechtigte Besitz desjenigen entfallen ist, von dem er sein Besitzrecht ableitet. Nach den genannten Vorschriften hat der Besitzer dem Eigentümer die Nutzungen herauszugeben, die er nach dem Eintritt der Kenntnis, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist, zieht. Nutzt der Besitzer die Sache selbst, schuldet er den objektiven Mietwert. Das OLG wird daher nun u.a. die Frage zu klären haben, ob und ggf. seit wann die Beklagte Kenntnis darüber hatte, nicht mehr zum Besitz berechtigt zu sein.

Zu Unrecht hat das OLG den Anspruch des Klägers auf Herausgabe des Ladenlokals verneint. Losgelöst von der Frage eines Mietverzuges kann der Kläger die Herausgabe der Geschäftsräume bereits deshalb verlangen, weil die Beklagte die Geschäftsräume in Besitz hat, ohne dem Kläger gegenüber dazu berechtigt zu sein (§§ 152 Abs. 1 ZVG, 985, 986 Abs. 1 BGB). Kein Anspruch des Klägers besteht allerdings auf Räumung des Ladenlokals, soweit hierunter die Rückgabe der Mietsache i.S.d. § 546 BGB zu verstehen ist. Denn der schuldrechtliche Rückgabeanspruch setzt ein mietrechtliches Schuldverhältnis voraus. Ein solches besteht nicht zwischen den Parteien.

Auch § 546 Abs. 2 BGB kann den Anspruch nicht begründen, da kein Untermietverhältnis bestand. Die frühere Nutzungsüberlassung an die GbR beruhte nämlich nicht auf einem auch dem Kläger gegenüber wirksamen (Haupt-)Mietverhältnis, sondern auf einer gesellschaftsrechtlichen Gebrauchsüberlassung. Schuldrechtliche (Rückgabe-)Ansprüche aus diesem Rechtsverhältnis stünden allein den Gesellschaftern als solchen zu und sind weder von der Beschlagnahme erfasst noch dem Kläger gegenüber gem. § 152 Abs. 2 ZVG wirksam. Sie können dem Kläger daher nicht den Durchgriffsanspruch aus gestuftem Besitzmittlungsverhältnis (§ 546 Abs. 2 BGB) vermitteln.

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