Eigenlaborgewinn: Kalkulation eines angemessenen Gewinnanteils für Zahnärzte ist weiterhin zulässig
BGH v. 13.7.2023 - I ZR 60/22
Der Sachverhalt:
Die Beklagte vertreibt ein CAD/CAM-gestütztes System, das von Zahnärzten für die Restauration von Zahndefekten angewendet werden kann. Das X-System umfasst eine Oralkamera, einen PC und eine CNC-Fräsmaschine. Es stellt für Zahnärzte eine Alternative zu der herkömmlichen Herstellung von Zahnersatz unter Einschaltung eines externen Dentallabors dar. Das System dient ausschließlich zur Herstellung zahntechnischer Leistungen, die nicht Gegenstand der gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abzurechnenden vertragszahnärztlichen Versorgung sind, sondern nur gegenüber privaten Krankenkassen abgerechnet werden.
Die Beklagte warb im Jahr 2018 für ihr X-System mit einer auf ihrer Internetseite frei zum Download abrufbaren Broschüre. Diese enthielt Darstellungen von Praxisfällen und ein Beispiel für eine Laborpreiskalkulation. Dabei wurden Material- und Laborkostenrechnungen, die Kosten für die mit dem System erbrachten zahntechnischen Leistungen enthielten, jeweils den Rechnungen eines externen Dentallabors gegenübergestellt. Die Rechnungen, die mit dem X-System erbrachte Leistungen beinhaltete, waren jeweils höher als die Vergleichsrechnungen. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Berechnung zahntechnischer Leistungen auf Grundlage einer praxis- oder laborindividuellen und betriebswirtschaftlichen Kalkulation erfolge.
Die klagende Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs war der Ansicht, die Beklagte erwecke mit den angegriffenen Werbeaussagen gegenüber Zahnärzten und deren Beratern den unzutreffenden Eindruck, sie könnten das X-System zur Gewinnsteigerung nutzen. Nach § 9 Abs. 1 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) dürfe der Zahnarzt für zahntechnische Leistungen jedoch nur die tatsächlich entstandenen Kosten abrechnen, also keine Gewinnmarge ansetzen. Die Klägerin hat die Beklagte infolgedessen auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Das LG hat die Unterlassungsklage abgewiesen. Auch die weiteren Rechtsmittel der Klägerin blieben erfolglos.
Gründe:
Die vom Unterlassungshauptantrag umfasste Behauptung, durch die Abrechnung der mit dem X-System erbrachten zahntechnischen Leistungen könne ein Gewinn erzielt werden, ist keine irreführende geschäftliche Handlung, weil sie keine Vorstellung des angesprochenen Verkehrs hervorruft, die mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt.
Eine Irreführung i.S.v. § 5 Abs. 1 UWG liegt nach der ständigen BGH-Rechtsprechung vor, wenn das Verständnis, das eine Angabe bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Für die Beurteilung kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck die geschäftliche Handlung bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungshauptantrag insofern zutreffend ausgelegt. Es ist dabei mit Recht vom Wortlaut des Unterlassungshauptantrags ausgegangen und hat außerdem den Unterlassungshilfsantrag mit seinem abweichenden Wortlaut in den Blick genommen, um den von der Klägerin jeweils begehrten Verbotsinhalt zu bestimmen.
Anders als der Unterlassungshilfsantrag ist der Unterlassungshauptantrag nicht auf das Verbot der Behauptung gerichtet, Zahnärzte "dürften" unter Anwendung des X-Systems für selbst erbrachte zahntechnische Leistungen im Rahmen des § 9 Abs. 1 GOZ eine Gewinnmarge abrechnen. Das Berufungsgericht ist in sachgerechter Auslegung vielmehr davon ausgegangen, dass der Unterlassungshauptantrag pauschal die Behauptung erfasst, mit dem X-System einen Gewinn erzielen zu "können". Mit Recht ist das Berufungsgericht außerdem davon ausgegangen, dass die Behauptung, mit dem X-System einen Gewinn erzielen zu können, nicht unrichtig ist.
Letztlich besteht auch kein Unterlassungsanspruch wegen Irreführung gem. § 5 UWG. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass der durch die angegriffenen Angaben erweckte Eindruck, der Zahnarzt dürfe beim Einsatz des X-Systems eine Gewinnmarge für selbst erbrachte zahntechnische Leistungen abrechnen, nicht unzutreffend ist, so dass die Voraussetzungen einer irreführenden geschäftlichen Handlung gem. § 5 UWG nicht vorliegen. Der Unterlassungshilfsantrag ließ sich außerdem nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen das berufsrechtliche Gebot stützen, die ärztliche Entscheidung ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Patientenwohls und der medizinischen Notwendigkeit zu treffen.
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Die Beklagte vertreibt ein CAD/CAM-gestütztes System, das von Zahnärzten für die Restauration von Zahndefekten angewendet werden kann. Das X-System umfasst eine Oralkamera, einen PC und eine CNC-Fräsmaschine. Es stellt für Zahnärzte eine Alternative zu der herkömmlichen Herstellung von Zahnersatz unter Einschaltung eines externen Dentallabors dar. Das System dient ausschließlich zur Herstellung zahntechnischer Leistungen, die nicht Gegenstand der gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abzurechnenden vertragszahnärztlichen Versorgung sind, sondern nur gegenüber privaten Krankenkassen abgerechnet werden.
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Letztlich besteht auch kein Unterlassungsanspruch wegen Irreführung gem. § 5 UWG. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass der durch die angegriffenen Angaben erweckte Eindruck, der Zahnarzt dürfe beim Einsatz des X-Systems eine Gewinnmarge für selbst erbrachte zahntechnische Leistungen abrechnen, nicht unzutreffend ist, so dass die Voraussetzungen einer irreführenden geschäftlichen Handlung gem. § 5 UWG nicht vorliegen. Der Unterlassungshilfsantrag ließ sich außerdem nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen das berufsrechtliche Gebot stützen, die ärztliche Entscheidung ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Patientenwohls und der medizinischen Notwendigkeit zu treffen.
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