13.04.2021

Ein Darlehen und mehrere Regelungen

Haben die Parteien laut Darlehensvertrag zwar beabsichtigt, die "Sicherung des Darlehens" durch eine Verpfändung eines Gesellschaftsanteils zu gewährleisten und die Haftung des Darlehensnehmers bei nicht fristgerechter Rückzahlung des Darlehens auf diese Sicherheit zu beschränken, jedoch diese Regelung nie in die Realität umgesetzt, sondern ihren Willen übereinstimmend geändert und der Darlehensgeberin stattdessen für die Dauer der Laufzeit des Darlehensvertrags Kaufrechte hinsichtlich der Aktien der neugegründeten Gesellschaft eingeräumt, so wandelt sich der Rückzahlungsanspruch nicht in einen Anspruch auf Übertragung von Geschäftsanteilen um.

OLG München v. 24.3.2021, 20 U 1907/20
Der Sachverhalt:
Die Parteien hatten im Juli 2013 einen Darlehensvertrag abgeschlossen, wonach die damals handelnde "Beteiligungs-GmbH", die auf die Klägerin verschmolzen wurde, dem Beklagten ein zweckgebundenes Darlehen über 250.000 € zahlbar in zwei Raten, gewährte. Das Darlehen sollte in einer Summe plus 3 % Zinsen spätestens zum 31.12.2015 zurückgezahlt werden. Die erste Rate von 100.000 € sollte zur Bezahlung des Nennkapitals der noch vom Beklagten zu gründenden D-AG mit Sitz in der Schweiz verwendet werden (Finanzierung der Stammeinlage). In diese Gesellschaft sollte der Beklagte sein US-Patent Nr. US ...,676 und die auf diesem US-Patent basierende europäische Patentanmeldung Nr. ... 633.3 einbringen.

In der Präambel des Darlehensvertrags wurde bezüglich einer Sicherheit für die Darlehensgeberin folgendes ausgeführt:

"Zur Sicherheit des Darlehens erhält der Geschäftsführer des Darlehensgebers, Herr S., eine notariell in der Schweiz zu beurkundende Verpfändung in Höhe von 33,33% Geschäftsanteilen (Aktienanteile) an der zu gründenden D-AG. Diese Sicherheitspfändung wird folgenden Inhalt haben: zahlt der Darlehensnehmer den Darlehensbetrag samt angefallenen Zinsen nicht fristgerecht zurück, so erhält Herr S. 33,33% Geschäftsanteile (Aktien) der noch zu gründenden D-AG übertragen. Damit sind sämtliche Forderungen seitens des Darlehensgebers gegen den Darlehensnehmer aus diesem Darlehensvertrag abgegolten. Eine darüber hinausgehende, weitergehende Haftung des Darlehensnehmers auf Rückzahlung des Darlehens besteht nicht."

Die gleiche Regelung ("wird ...eine Verpfändung eines Gesellschaftsanteils...vereinbart und von einem Schweizer Notar entsprechend beurkundet...") findet sich unter Ziffer 2 der eigentlichen Darlehensvereinbarung.

Mit weiterem Vertrag vom gleichen Tag vereinbarten die Parteien, dass der Beklagte Alleinaktionär der zu gründenden Gesellschaft wird und für die Laufzeit der Darlehensverträge für alle Verfügungen über die eingebrachten Patente etc. der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Klägerin bedarf. Die Klägerin zahlte das Darlehen in drei Tranchen. Die D-AG wurde am 26.7.2013 ins Handelsregister eingetragen. Eine Übertragung von Geschäftsanteilen fand nicht statt. Die europäische Patentanmeldung gilt wegen nicht fristgerechter Zahlung der Jahresgebühren als zurückgenommen. Das Darlehen wurde bislang nicht zurückbezahlt.

Die Klägerin erklärte am 4.2.2019 die außerordentliche, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Darlehens und forderte die Beklagte unter Fristsetzung zum 15.2.2019 zur Rückzahlung des Darlehens auf. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass das Darlehen bereits am 31.12.2015 beendet worden sei und sich der Rückzahlungsanspruch in einen - inzwischen verjährten - Anspruch auf Übertragung der Geschäftsanteile umgewandelt habe.

Das LG hat die Klage auf Rückzahlung des hingegebenen Darlehensbetrags abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass in dem Darlehensvertrag geregelt sei, dass bei nicht rechtzeitiger Darlehensrückzahlung der Geschäftsführer der Klägerin 33,33% der Geschäftsanteile der D-AG erhalten solle und damit alle Forderungen abgegolten seien. Eine weitergehende Haftung auf Rückzahlung sollte gerade nicht bestehen. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG das Urteil aufgehoben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 250.000 € zu zahlen.

Die Gründe:
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Rückzahlungsanspruch hat sich nicht in einen Anspruch auf Übertragung von Geschäftsanteilen umgewandelt.

Zwar haben die Parteien ausweislich der Präambel und Ziffer 2 des Darlehensvertrages im Juli 2013 beabsichtigt, die "Sicherung des Darlehens" durch eine Verpfändung eines Gesellschaftsanteils von 33,33% zu gewährleisten und die Haftung des Darlehensnehmers bei nicht fristgerechter Rückzahlung des Darlehens auf diese Sicherheit zu beschränken. Allerdings haben sie eine solche Regelung nicht mehr in die Realität umgesetzt, sondern ihren Willen übereinstimmend geändert und vor dem Schweizer Notar nicht die zunächst in Aussicht genommene Verpfändung der Aktien vorgenommen, sondern der Darlehensgeberin stattdessen für die Dauer der Laufzeit des Darlehensvertrags Kaufrechte hinsichtlich der Aktien der neugegründeten Gesellschaft eingeräumt.

Soweit der Beklagte vorbringt, der "Kaufsrechtsvertrag" sei neben eine Vereinbarung zur Umwandlung des Darlehensrückzahlungsanspruchs in eine Anteilsübertragung getreten, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Vielmehr ergibt sich aus den vorgelegten Urkunden unzweifelhaft, dass der Kaufrechtsvertrag - wie vorstehend beschrieben - an die Stelle der zunächst beabsichtigten Regelung getreten ist. Dass - wie der Beklagte meint - jedenfalls die in dem Darlehensvertrag aus Juli 2013 angedachte Umwandlung des Rückzahlungsanspruchs Bestand haben müsse, ist durch nichts ersichtlich.
Bayern.Recht
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