Ein-Sterne-Bewertung ohne geschäftlichen Kontakt unzulässig
OLG Köln v. 23.12.2022 - 6 U 83/22Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Unterlassung und Auskunft wegen einer Internetbewertung in Anspruch. Die Klägerin betreibt ein IT-Systemhaus im Bergischen Land, der Beklagte war bei dem IT-Unternehmen N-GmbH als "lead of sales" tätig.
Der Beklagte führte mit der N-GmbH im Oktober 2020 eine Veranstaltung zum Thema Internetsicherheit durch, zu dem weitaus weniger Mitarbeiter der Klägerin erschienen als von der Beklagten eingeplant worden war. Die Gründe dafür sind zwischen den Parteien streitig.
Im November 2020 stellte die Klägerin fest, dass der Beklagte die Klägerin beim Internetdienst Google mit einem von fünf Sternen bewertet hatte. Die Klägerin hat gemeint, der Beklagte sei zur Unterlassung von Internetbewertungen ohne geschäftlichen Kontakt verpflichtet.
Das LG wies die Unterlassungsklage als unbegründet ab, weil die Äußerung des Beklagten eine zulässige Meinungsäußerung sei. Es handele sich um eine unkommentierte Bewertung, die allenfalls den Tatsachenkern in sich trage, dass es eine tatsächliche Grundlage in Form eines die Bewertung tragenden Kontakts zwischen Bewertendem und Bewerteter gebe. Einer konkreten Kundenbeziehung bedürfte es dazu nicht; es genügten die unstreitig bestehenden Meinungsverschiedenheiten zwischen der Klägerin und der N-GmbH.
Die Berufung der Klägerin hatte überwiegend Erfolg. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Die Klägerin hat einen Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 1 UWG. Eine Bewertung durch Vergabe eines von möglichen fünf Sternen in einem Internetdienst ist ein herabsetzendes Werturteil im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG.
§ 4 Nr. 1 UWG erfasst die Kritik unter Konkurrenten. Ein solches Verhältnis betrifft zwar zunächst nur das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Unternehmen, bei welchem der Beklagte angestellt war. Da § 4 Nr. 1 UWG insgesamt Ausdruck der Fallgruppe der Konkurrentenbehinderung ist, kann ein Wettbewerbsverhältnis gerade dadurch begründet werden, dass sich der Beklagte mit seiner Kritik gegen Wettbewerber seines Arbeitgebers wendet.
Die Äußerung des Beklagten ist in ihrem tatsächlichen Kern unwahr und daher pauschal herabsetzend. Sterne-Bewertungen unternehmerischer Leistungen auf Google-Profilen werden vom angesprochenen Verkehr nicht als reine Meinungsäußerung verstanden, sondern als persönliche Bewertung einer tatsächlich in Anspruch genommenen Dienstleistung. Insoweit enthalten solche Bewertungen einen Tatsachenkern, an den die subjektive Bewertung anknüpft. Eine pauschale Herabsetzung, die mangels Mitteilung der konkreten Umstände, auf die sich die herabsetzende Äußerung bezieht, diesen sachlichen Bezug nicht erkennen lässt, erschöpft sich in der Herabsetzung und ist daher unzulässige unternehmerische Schmähkritik.
Zwar gab es einen beruflichen Kontakt, dieser Kontakt war aber gerade keine erkennbare Grundlage der Bewertung und auch der Verkehr würde nicht erkennen können, dass vorliegend nicht die Dienstleistungen des Bewerteten, sondern Umstände bewertet wurden, die mit den Produkten des Bewerteten nichts zu tun haben. Weder hat der Beklagte Dienstleistungen der Klägerin selbst genutzt noch war seine Bewertung im Internet Grundlage für die Bewertung von Dienstleistungen oder Waren der Klägerin.
Die vorstehende Beurteilung ändert sich nicht, wenn man - wie das LG - nicht das UWG, sondern § 823 Abs. 1 BGB als Beurteilungsgrundlage heranzieht. Auch wenn die Bewertung durch den Beklagten außerhalb einer Konkurrenzbeziehung erfolgt wäre, würde das Vorgesagte gelten. Auch nach § 823 Abs. 1 BGB muss es ein Unternehmen nicht dulden, grundlos herabgesetzt zu werden, wie dies vorliegend geschah.
Volltext der Entscheidung des OLG Köln
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