13.11.2019

Einstweilige Verfügung über Besichtigungsanspruch nach § 101a UrhG

Der Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß § 101a Abs. 1 S 1 u. Abs. 3 S. 1 UrhG setzt die Glaubhaftmachung sowohl eines Verfügungsanspruchs als auch eines Verfügungsgrunds voraus. Die anwaltliche Versicherung des Prozessvertreters des Antragstellers über das Vorliegen einer eidesstattlichen Versicherung eines anonymen Hinweisgebers genügt ohne das Hinzutreten weiterer Indizien nicht zur Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruchs.

OLG Braunschweig 22.10.2019, 2 W 76/19
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerinnen einen Besichtigungsanspruch i.S.v. § 101a UrhG im Wege der einstweiligen Verfügung, primär nach sog. "Düsseldorfer Praxis", geltend gemacht. Nach anwaltlicher Versicherung ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Antragstellerin von einem Hinweisgeber, dem Anonymität zugesichert worden war, Angaben zu einer unlizenzierten Nutzung von Software durch die Antragsgegnerinnen erhalten, die die Antragstellerin entwickelt hat.

Das LG hat die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens mit den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zurückgewiesen, weil weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund glaubhaft gemacht worden seien und die Antragstellerin auch die Erforderlichkeit der begehrten Besichtigung nicht dargelegt habe. Hiergegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, die vor dem OLG erfolglos blieb.


Die Gründe:
Der Senat hält an seiner von der ganz h.M. geteilten Rechtsauffassung fest, wonach der Erlass einer einstweiligen Verfügung gem. § 101a Abs. 1 S 1 u. Abs. 3 S. 1 UrhG i.V.m. §§ 935 ff. ZPO (sowie hier Art. 5 Abs. 1 RBÜ) die Glaubhaftmachung sowohl eines Verfügungsanspruchs als auch eines Verfügungsgrunds voraussetzt. Die Bedeutung des § 101a Abs. 3 S. 1 UrhG liegt nämlich darin, dass diese Bestimmung den Erlass einer einstweiligen Verfügung entgegen den sonst geltenden Grundsätzen des vorläufigen Rechtsschutzes auch dann ermöglichen soll, wenn die Hauptsache hierdurch vorweggenommen wird. Die Regelung befreit jedoch nicht von dem Erfordernis der Glaubhaftmachung der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderlichen Voraussetzungen. Dies entspricht im Übrigen auch der Auffassung des Gesetzgebers.

Im Streitfall fehlte es allerdings an beiden Voraussetzungen. So hatte die Antragstellerin weder die Dringlichkeit der einstweiligen Verfügung noch den Verfügungsgrund glaubhaft gemacht. Insbesondere genügt die anwaltliche Versicherung des Prozessvertreters des Antragstellers über das Vorliegen einer eidesstattlichen Versicherung eines anonymen Hinweisgebers ohne das Hinzutreten weiterer Indizien nicht zur Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruchs.

Richtig ist zwar, dass die durch einen Rechtsanwalt mitgeteilten Tatsachen in gleicher Weise nach § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht werden können, wie dies sonst durch eine eidesstattliche Versicherung der Fall ist, wenn der Anwalt die Richtigkeit seiner Angaben unter Bezugnahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichert. Anwaltlich versichert worden ist hier jedoch nur, dass ein Hinweisgeber, dem Anonymität zugesichert worden sei, Angaben gemacht und anschließend eidesstattlich versichert habe, die darauf schließen ließen, dass die Antragsgegnerinnen von der Antragstellerin entwickelte Computerprogramme ohne die erforderliche Lizenz nutzten. Damit ist und bleibt aber der Hinweisgeber bzw. seine eidesstattliche Versicherung das primäre Beweismittel. Die anwaltliche Versicherung, es gebe einen Hinweisgeber, der derartige Angaben gemacht habe, ist sekundär; sie beweist nicht die urherberrechtswidrige Nutzung von Computerprogrammen, sondern nur, dass ein Dritter die Behauptung einer solchen nichtlizenzierten Nutzung aufgestellt habe.

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