10.09.2015

Eintragung zweier Geschmacksmuster einer Handtasche von Yves Saint Laurent rechtmäßig

Das EuG hat die von H&M erhobenen Klagen gegen die Eintragung zweier Geschmacksmuster einer Handtasche von Yves Saint Laurent (YSL) abgewiesen. Die Taschen von YSL unterscheiden sich durch drei Merkmale, die sich entscheidend auf ihr Gesamterscheinungsbild auswirken, von der Tasche von H&M, nämlich Form, Struktur und Oberflächengestaltung. Die Geschmacksmuster von YSL rufen somit bei der informierten Benutzerin einen anderen Gesamteindruck hervor als das von H&M.

EuG 10.9.2015, T-525/13 u.a.
Hintergrund:
Nach der Verordnung über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Verordnung (EG) Nr. 6/2002) hat ein eingetragenes Geschmacksmuster Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Geschmacksmuster, das der Öffentlichkeit vor dem Tag der Anmeldung zur Eintragung zugänglich gemacht worden ist, bei diesem Benutzer hervorruft. Die Eigenart eines Geschmacksmusters beurteilt sich unter Berücksichtigung des Grads der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei seiner Entwicklung.

Der Sachverhalt:
Im Jahr 2006 ließ das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) zwei zur Anwendung auf Handtaschen bestimmte Geschmacksmuster der französischen Gesellschaft Yves Saint Laurent (YSL) zur Eintragung zu. Im Jahr 2009 reichte die Gesellschaft H&M Hennes & Mauritz (H&M) beim HABM zwei Anträge auf Erklärung der Nichtigkeit der für YSL eingetragenen Geschmacksmuster ein und führte zur Begründung aus, dass diese keine Eigenart aufwiesen. H&M stützte ihren Antrag auf ein ähnliches älteres Geschmacksmuster.

Da ihre Nichtigkeitsanträge abgelehnt wurden, legte H&M beim HABM zwei Beschwerden ein, die mit Entscheidungen vom 8.7.2013 zurückgewiesen wurden. Im Rahmen der Prüfung der Eigenart der Geschmacksmuster von YSL gelangte das HABM zu der Einschätzung, dass die Geschmacksmuster von YSL und H&M zwar gemeinsame Merkmale hätten, die Unterschiede in Bezug auf Form, Struktur und Gestaltung der Oberfläche aber eine entscheidende Rolle bei dem von diesen Taschen hervorgerufenen Gesamteindruck spielten. Der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers sei hoch, in diesem Fall beseitige er aber aus Sicht der informierten Benutzerin nicht die erheblichen Unterschiede zwischen den fraglichen Taschen.

Das EuG wies die gegen die Entscheidungen des HABM gerichteten Klagen von H&M ab. Gegen die Entscheidung des EuG kann innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim EuGH eingelegt werden.

Die Gründe:
Entgegen der Auffassung von H&M ist die Beurteilung des Grads der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers keine abstrakte Vorstufe des Vergleichs zwischen den Gesamteindrücken, die die fraglichen Geschmacksmuster hervorrufen. Die Eigenart eines Geschmacksmusters bestimmt sich nicht allein nach dem Faktor der Gestaltungsfreiheit. Dieser ist vielmehr ein Gesichtspunkt, der zu berücksichtigen ist, da er es erlaubt, diese Beurteilung zu nuancieren.

Hinsichtlich des Vergleichs zwischen den von den fraglichen Taschen hervorgerufenen Gesamteindrücken ist darauf hinzuweisen, dass sich der Entscheidung des HABM zufolge die Taschen von YSL durch drei Merkmale, die sich entscheidend auf ihr Gesamterscheinungsbild auswirkten, von der Tasche von H&M unterscheiden, nämlich ihre Form, ihre Struktur und ihre Oberflächengestaltung. Die Beurteilung durch das HABM, wonach die Geschmacksmuster von YSL somit bei der informierten Benutzerin einen anderen Gesamteindruck hervorrufen als das von H&M, ist insoweit nicht zu beanstanden. Die Unterschiede zwischen den in Rede stehenden Geschmacksmustern sind erheblich und die Ähnlichkeiten zwischen ihnen sind für den Gesamteindruck, den sie hervorrufen, unwesentlich.

Bei den Geschmacksmustern von YSL wird der Eindruck eines durch Grundlinien und eine Einfachheit der Form gekennzeichneten Musters einer Tasche hervorgerufen, während das Geschmacksmuster von H&M den Eindruck einer detaillierter gearbeiteten Tasche hervorruft, die durch Rundungen und eine mit Ornamenten verzierte Oberfläche gekennzeichnet ist. Die Riemen und der Griff der Geschmacksmuster der beiden Marken dienen offenkundig unterschiedlichen Verwendungen, da die Geschmacksmuster von YSL ausschließlich in der Hand zu tragende Taschen darstellen, während das von H&M eine über der Schulter zu tragende Tasche darstellt.

Linkhinweis:

Für die auf den Webseiten des EuGH veröffentlichte Pressemitteilung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 98 vom 10.9.2015
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