15.03.2011

Einwand der Treuwidrigkeit der Einspruchseinlegung durch Miterfinder greift nicht bei Einspruch durch zur Nutzung des Patents berechtigte Dritte

Ist aus einem zwischen dem alleinigen Patentinhaber und einem Miterfinder geschlossenen Vertrag ein Dritter i.S.v. § 328 BGB zur Nutzung der patentgemäßen Lehre berechtigt, kann der Patentinhaber dem Einspruch des Dritten gegen das Patent nicht den gegen den Miterfinder grundsätzlich bestehenden Einwand der Treuwidrigkeit der Einspruchseinlegung entgegenhalten.

BGH 24.1.2010, X ZB 33/08
Der Sachverhalt:
Der Rechtsbeschwerdegegner ist als Miterfinder alleiniger Inhaber des im Juni 1998 angemeldeten deutschen Patents 198 29 170, das die Berechnung und Darstellung 2- oder 3-dimensionaler Deformationen räumlicher Strukturen für die medizinische Diagnostik, Forschung oder Medizintechnik betrifft. Mit den beiden anderen Miterfindern H und Z hatte der Patentinhaber 1998 vereinbart, dass er allein das Recht erhalten solle, das Patent anzumelden; mit dem Miterfinder Z vereinbarte der Patentinhaber im August 2000 des Weiteren, dass das streitpatentgemäße Verfahren "für die Benutzung am Institut für Medizin (IME) zur Verfügung gestellt wird".

Gegen das erteilte Patent erhob das IME Einspruch und stützte diesen auf die Widerrufsgründe der unzureichenden Offenbarung, unzulässigen Erweiterung und mangelnden Patentfähigkeit. Das Deutsche Patent- und Markenamt widerrief das Streitpatent antragsgemäß wegen unzulässiger Erweiterung. Dagegen legte der Patentinhaber Beschwerde ein und berief sich u.a. darauf, der Einspruch sei schon wegen einer zulasten des IME bestehenden Nichtangriffsverpflichtung unzulässig.

Das BPatG erachtete den Einspruch für unzulässig und hob den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes auf. Auf die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des IME hob der BGH die Entscheidung auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das BPatG zurück.

Die Gründe:
Die Feststellungen des BPatG tragen nicht seine Annahme, das IME sei nach Treu und Glauben gehindert, gegen das Streitpatent Einspruch zu erheben.

Dem IME ist der Einspruch gegen das Streitpatent nach Treu und Glauben nicht verwehrt. Die Annahme des BPatG, der Patentinhaber und Z hätten einen (echten) Vertrag zugunsten eines Dritten (§ 328 BGB) geschlossen, wird, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, nicht von den getroffenen Feststellungen getragen. Unabhängig davon rechtfertigte auch ein eigenes Forderungsrecht nicht die Annahme des BPatG, das Forschungszentrum sei wegen dieses ihm eingeräumten Rechts gehindert, das Streitpatent mit dem Einspruch anzugreifen.

Das BPatG ist zwar rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass dem Versprechenden beim Vertrag zugunsten eines Dritten Einwendungen aus dem Vertrag auch gegen den Dritten zustehen (§ 334 BGB). Zu der darin zum Ausdruck kommenden Bewertung der beteiligten Interessen steht es aber nicht in Widerspruch, dem IME das Einspruchsrecht zuzugestehen. Einer etwaigen Einspruchseinlegung durch Z als seines eigentlichen Vertragspartners könnte der Patentinhaber den Einwand der treuwidrigen Rechtsausübung nach dem festgestellten Sachverhalt vielmehr allenfalls aus Gründen entgegenhalten, die allein in seiner Person begründet sind. Der Einwand wäre mithin kein Einwand aus dem Vertrag, den der Patentinhaber nach § 334 BGB auch gegen das IME als Dritten geltend machen könnte. Ihn dem Patentinhaber gleichwohl zuzugestehen liefe auf die Bejahung eines Vertragsschlusses zulasten eines Dritten, des IME, hinaus.

Z könnte nach Treu und Glauben nur deshalb an der Einspruchseinlegung gehindert sein, weil er, wäre er Patentmitinhaber geworden, nicht einspruchsberechtigt wäre. Diese Rolle wäre ihm als Miterfinder aber zwangsläufig zugefallen (§ 6 Abs. 1 PatG), wenn die Miterfinder nicht vereinbart hätten, dass nur der jetzige Patentinhaber das Streitpatent anmelden sollte. Es mag angezeigt sein, die Einspruchsbefugnis von Z trotz dieser Vereinbarung nicht anders zu beurteilen, als wenn sie nicht geschlossen worden wäre, so dass ein von Z eingelegter Einspruch vor diesem Hintergrund als unzulässig zu bewerten wäre.

Wäre aber dessen Miterfinderstellung der einzige Grund, aus dem die Treuwidrigkeit der Einspruchseinlegung hergeleitet werden könnte und betrifft § 334 BGB nur Einwendungen "aus dem Vertrag", eröffnet diese gesetzliche Regelung dem Patentinhaber nicht die Möglichkeit, diesen Einwand auch gegenüber einem Dritten geltend zu machen, in dessen Person der höchstpersönliche Umstand, Miterfinder zu sein, nicht gegeben ist. In einer solchen Konstellation steht diese Regelung dem gesetzgeberischen Anliegen, nicht patentwürdige Schutzrechte dem Angriff durch jedermann auszusetzen, nicht im Wege.

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