09.12.2015

Entgeltliche Leistung im Drei-Personen-Verhältnis: Befriedigung der Forderung eines Gläubigers gegen die Gesellschaft durch den Gesellschafter

Befriedigt ein persönlich haftender Gesellschafter die Forderung eines Gläubigers gegen die Gesellschaft und erlischt dadurch die Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters, ist seine Leistung im Insolvenzverfahren über sein Vermögen nicht als unentgeltliche Leistung anfechtbar.

BGH 29.10.2015, IX ZR 123/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Verwalter in dem auf einen Antrag vom 14.9.2010 am 3.1.2011 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der M-GmbH (Schuldnerin). Die Schuldnerin war Komplementärin der Getränke O-GmbH & Co. KG, über deren Vermögen ebenfalls am 3.1.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Die Beklagte hatte an die KG Kraftstoffe geliefert. Für diese Leistungen zahlte die Schuldnerin zwischen dem 20.1.2010 und dem 22.2.2010 insgesamt 20.023,46 € an die Beklagte. Zum Zeitpunkt der Zahlungen war die KG insolvenzreif. Der Kläger hat die Zahlungen angefochten.

LG und OLG wiesen die auf Rückgewähr gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Ein Anspruch des Klägers aus § 143 Abs. 1, § 134 Abs. 1 InsO besteht nicht. Bei den Zahlungen der Schuldnerin handelte es sich um entgeltliche Leistungen.

Als Komplementärin haftete die Schuldnerin nach § 161 Abs. 2, § 128 S. 1 HGB persönlich und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der KG. Zahlte die Schuldnerin, wovon die Beklagte mangels einer abweichenden Tilgungsbestimmung (§ 366 Abs. 1 BGB) der Schuldnerin im Zweifel ausgehen musste, auf ihre Haftungsverbindlichkeit, erlosch diese. Die Zahlung stellt sich dann als eine entgeltliche Leistung im Zwei-Personen-Verhältnis dar. Die Leistungen der Schuldnerin waren aber auch dann entgeltlich, wenn sie nicht auf ihre Haftungsverbindlichkeit, sondern auf die Verbindlichkeiten der KG zahlte. Es handelte sich dann um Leistungen in einem Drei-Personen-Verhältnis.

Ein die Leistungen der Schuldnerin ausgleichendes Vermögensopfer der Beklagten kann in diesem Fall zwar nicht im Erlöschen ihrer Forderungen gegen die KG gesehen werden, denn diese waren wegen der Zahlungsunfähigkeit der KG wertlos. Mit der Erfüllung der Forderungen der Beklagten gegen die KG erlosch aber auch die darauf bezogene, akzessorische Haftungsverbindlichkeit der Schuldnerin. Im Freiwerden von dieser Schuld liegt der Ausgleich im Verhältnis zwischen der Beklagten und der Schuldnerin, der die Anwendung von § 134 InsO ausschließt.

In entsprechender Wertung hat der Senat die Leistung desjenigen, der einer Schuld beigetreten ist und an den Gläubiger des insolventen Forderungsschuldners zahlt, als entgeltlich beurteilt, weil mit der Leistung auch die eigene Verpflichtung des Leistenden gegenüber dem Gläubiger aus dem Schuldbeitritt erlischt. Nichts anderes kann gelten, wenn aufgrund der Drittzahlung der Haftungsanspruch des Gläubigers aus § 161 Abs. 2, § 128 S. 1 HGB erlischt. Ließe man in diesen Fällen die Anfechtung des Insolvenzverwalters des persönlich haftenden Gesellschafters nach § 134 Abs. 1 InsO durchgreifen, würde der Zweck dieser persönlichen Haftung, eine Sicherung der Forderung gegen die Gesellschaft zu erreichen, insolvenzrechtlich verfehlt.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Anspruch der Beklagten gegen die persönlich haftende Gesellschafterin aus § 161 Abs. 2, § 128 S. 1 HGB Aussicht auf Befriedigung bot und deshalb werthaltig war. Bei Leistungen in einem Drei-Personen-Verhältnis spielt die Werthaltigkeit einer Forderung des Leistungsempfängers insoweit eine Rolle, als es darum geht, ob der Empfänger außerhalb seines Verhältnisses zum Leistenden ein Vermögensopfer erbringt, das die empfangene Leistung als entgeltlich qualifiziert. Anders verhält es sich, wenn der Leistungsempfänger einen eigenen Anspruch gegen den Leistenden hatte. Bringt die Leistung diesen Anspruch zum Erlöschen, sei es auch nur als Folge der Akzessorietät zu der getilgten Verbindlichkeit eines Dritten, dann liegt bereits darin die ausgleichende Gegenleistung des Empfängers, die es rechtfertigt, die empfangene Leistung in seinem Verhältnis zum Leistenden als entgeltlich zu beurteilen, gleichviel ob der Anspruch gegen den Leistenden im Voraus werthaltig erschien oder nicht.

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