11.07.2012

Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat der Fresenius SE für 2008 scheitert nicht an Zahlung von Beratungshonorar an Aufsichtsratsmitglied

Ein Aktionär kann die Beschlüsse der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats nicht allein deshalb anfechten, weil der Vorstand ein Beratungshonorar zugunsten eines Aufsichtsratsmitglieds gezahlt hat, bevor der Aufsichtsrat dem zugrundeliegenden Vertrag zugestimmt hat. Dieser Gesetzverstoß ist nicht eindeutig und schwerwiegend i.S.v. § 120 AktG.

BGH 10.7.2012, II ZR 48/11
Der Sachverhalt:
Die beklagte Fresenius SE und ihre Tochtergesellschaft schlossen Beratungsverträge mit einer Anwaltssozietät. Partner dieser Sozietät ist der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Beklagten. Die von Anfang Januar bis Ende September 2008 geschlossenen Anwaltsverträge wurden in der Aufsichtsratssitzung vom 4.12.2008 genehmigt. Der Vorstand hatte die Vergütungen schon zuvor ausgezahlt.

Die Klägerin ist Aktionärin der Beklagten. Sie wendet sich mit der vorliegenden Anfechtungsklage gegen die in der Hauptversammlung der Beklagten vom 8.5.2009 gefassten Entlastungsbeschlüsse für das Geschäftsjahr 2008. Sie macht u.a. geltend, ein Vorstand, der Zahlungen an ein Aufsichtsratsmitglied aufgrund eines Vertrages leiste, dem der Aufsichtsrat noch nicht zugestimmt habe, verhalte sich rechtswidrig und dürfe daher nicht entlastet werden. Das Gleiche gelte für das Aufsichtsratsmitglied, das diese Zahlungen entgegennehme.

LG und OLG gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die Entlastungsbeschlüsse der Hauptversammlung der beklagten Fresenius SE sind nicht wegen des dem Vorstand und dem Aufsichtsrat vorgeworfenen Verhaltens anfechtbar.

Ein Beschluss über die Entlastung der Verwaltungsmitglieder einer Aktiengesellschaft ist nach § 120 AktG u.a. dann anfechtbar, wenn damit ein Verhalten gebilligt wird, das einen eindeutigen und schwerwiegenden Gesetzesverstoß darstellt. Zwar ist die Zahlung eines Anwaltshonorars an ein Mitglied des Aufsichtsrats oder dessen Sozietät vor Zustimmung des Aufsichtsrats grundsätzlich rechtswidrig. Daran ändert auch eine spätere Genehmigung des Aufsichtsrats nichts. Das führt vorliegend aber nicht zur Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse, weil der Gesetzverstoß nicht eindeutig und schwerwiegend war. Über die Zulässigkeit einer Zahlung von Beratungshonoraren vor Zustimmung des Aufsichtsrats herrschte im Jahr 2008 noch Unklarheit.

Die Beklagte hatte noch geltend gemacht, hier sei das Verhalten des Vorstands schon deshalb nicht rechtswidrig gewesen, weil bei der Beklagten die - von der Klägerin bestrittene - Übung bestehe, dass der Aufsichtsrat am Anfang des Jahres jeweils eine Obergrenze für Aufträge an Aufsichtsratsmitglieder festlege und am Ende des Jahres jeweils über die Zustimmung zu den zwischenzeitlich erteilten Mandaten entscheide. Ob ein solches Verfahren zur Zulässigkeit einer Honorarzahlung vor der Zustimmung des Aufsichtsrats führt, konnte hier offen gelassen werden. Denn auch insoweit fehlte es jedenfalls an einem eindeutigen und schwerwiegenden Gesetzesverstoß.

Die Sache war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da noch weitere Anfechtungsgründe geprüft werden müssen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
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BGH PM Nr. 109 vom 11.7.2012
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