21.10.2013

Erfassung von Fingerabdrücken im Reisepass rechtmäßig

Die Erfassung und Speicherung von Fingerabdrücken im Reisepass stellt zwar einen Eingriff in die Rechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten dar. Diese Maßnahmen sind jedoch gerechtfertigt, um die betrügerische Verwendung von Reisepässen zu verhindern.

EuGH 17.10.2013, C-291/12
Der Sachverhalt:
Die Verordnung Nr. 2252/2004 sieht vor, dass Reisepässe mit einem Speichermedium mit hohem Sicherheitsstandard versehen sind, das neben einem Gesichtsbild zwei Fingerabdrücke enthält. Diese dürfen nur zu dem Zweck verwendet werden, die Authentizität des Passes und die Identität seines Inhabers zu überprüfen.

Der Kläger beantragte bei der Stadt Bochum die Erteilung eines Reisepasses, wobei er jedoch die Erfassung seiner Fingerabdrücke verweigerte. Nachdem die Stadt seinen Antrag abgelehnt hatte, erhob er beim VG Gelsenkirchen eine Klage mit dem Begehren, die Stadt zu verpflichten, ihm einen Pass zu erteilen, ohne Fingerabdrücke von ihm zu erfassen.

In diesem Kontext möchte das VG wissen, ob die Verordnung, soweit sie denjenigen, der einen Reisepass beantragt, zur Abgabe seiner Fingerabdrücke verpflichtet und deren Speicherung im Pass vorsieht, insbes. im Hinblick auf die Charta der Grundrechte der EU, gültig ist.

Die Gründe:
Die Erfassung und Speicherung von Fingerabdrücken im Reisepass stellt zwar einen Eingriff in die Rechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten dar; doch sind diese Maßnahmen jedenfalls durch das Ziel des Schutzes vor betrügerischer Verwendung von Reisepässen gerechtfertigt.

Die streitigen Maßnahmen verfolgen insbes. die dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung, die illegale Einreise von Personen in die EU zu verhindern. Zu diesem Zweck zielen sie darauf ab, vor Fälschung von Pässen zu schützen und die betrügerische Verwendung von Pässen zu verhindern. Den Angaben, die dem EuGH vorgelegt worden sind, ist nicht zu entnehmen, dass durch diese Maßnahmen der Wesensgehalt der fraglichen Grundrechte nicht geachtet worden wäre, und dies ist auch nicht vorgetragen worden. Die streitigen Maßnahmen sind auch geeignet, das Ziel des Schutzes vor betrügerischer Verwendung von Reisepässen zu erreichen, indem sie die Gefahr erheblich vermindern, dass unbefugte Personen fälschlich zur Einreise in das Unionsgebiet zugelassen werden. Sie gehen auch nicht über das zur Erreichung dieses Ziels Erforderliche hinaus.

Hinsichtlich der Erfassung von Fingerabdrücken sind keine hinreichend wirksamen Maßnahmen, die einen geringeren Eingriff darstellen, ersichtlich. Insbes. ist das Verfahren der Iris-Erkennung technisch noch nicht so ausgereift wie das der Erfassung von Fingerabdrücken und wegen seiner derzeit noch deutlich höheren Kosten für eine allgemeine Anwendung weniger geeignet. Bzgl. der Verarbeitung von Fingerabdrücken erfüllen Fingerabdrücke zwar eine besondere Aufgabe bei der Identifizierung von Personen im Allgemeinen. So ermöglicht es ein Abgleich der an einem bestimmten Ort erfassten Fingerabdrücke mit den in einer Datenbank gespeicherten Fingerabdrücken, die Anwesenheit einer bestimmten Person an diesem Ort festzustellen, sei es im Rahmen einer strafrechtlichen Untersuchung oder zu dem Zweck, diese Person mittelbar zu überwachen.

Die Verordnung sieht jedoch ausdrücklich vor, dass die Fingerabdrücke nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, die Authentizität des Reisepasses und die Identität seines Inhabers zu überprüfen. Außerdem sieht sie die Speicherung der Fingerabdrücke nur im Pass selbst vor, der im ausschließlichen Besitz seines Inhabers bleibt. Da die Verordnung weder eine andere Form noch ein anderes Mittel der Aufbewahrung von Fingerabdrücken vorsieht, kann sie als solche keine Rechtsgrundlage für eine etwaige Zentralisierung der auf ihrer Grundlage erfassten Daten oder für eine Nutzung dieser Daten zu anderen Zwecken als der Verhinderung der illegalen Einreise von Personen in das Unionsgebiet darstellen.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 135 vom 17.10.2013
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