Erfolgreicher Eilantrag einer Zeitungsverlegerin gegen die gerichtliche Untersagung der Bebilderung zweier Presseartikel
BVerfG 12.3.2024, 1 BvR 605/24
Der Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin ist Verlegerin einer deutschlandweit erscheinenden Zeitung. Sie hatte im Dezember 2023 auf ihrer Internetseite in zwei Artikeln über einen Unfall berichtet. Beide Artikel waren mit Fotoaufnahmen bebildert, auf denen der bei dem Unfall Verstorbene - bis auf die Augenpartie unverpixelt - zu sehen war. Auf Antrag der Witwe des Verstorbenen hat das LG der Beschwerdeführerin im Wege der - ohne mündliche Verhandlung ergangenen - einstweiligen Verfügung untersagt, diese Bilder zu veröffentlichen.
Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde erhoben und hiermit verbunden beantragt, die Wirksamkeit des angegriffenen Beschlusses einstweilen außer Vollzug zu setzen. Der angegriffene Beschluss verletze sie insbesondere in ihrem Recht auf prozessuale Waffengleichheit. Das BVerfG hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattgegeben. Eine Entscheidung über die in der Hauptsache erhobene Verfassungsbeschwerde steht noch aus.
Die Gründe:
Die vorzunehmende Folgenabwägung führte zu dem Ergebnis, dass die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegten. Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich der gerügten Verletzung der prozessualen Waffengleichheit im einstweiligen Verfügungsverfahren offensichtlich zulässig und begründet.
Weshalb das LG von einer mündlichen Verhandlung abgesehen hatte, obschon eine solche auch vor der Entscheidung über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die Regel ist, ließ sich der Entscheidung nicht entnehmen. Die Begründung ließ mangels jeglicher Ausführungen zu § 937 Abs. 2 ZPO nicht einmal erkennen, dass sich das LG von den einfachrechtlichen Anforderungen an seine Verfahrensweise überhaupt leiten ließ. Soweit es damit sogar hinter einer nur formelhaft begründeten Verfahrenshandhabung zurückgeblieben ist, die das BVerfG in einem ähnlich gelagerten Fall desselben Spruchkörpers erst unlängst beanstandet hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.6.2023 - 1 BvR 1011/23 -, Rn. 31 f.), war deshalb ein bewusstes und systematisches Übergehen der prozessualen Rechte der Beschwerdeführerin nachvollziehbar dargetan.
Mehr zum Thema:
Aufsatz:
Verdachtsberichterstattung über Politiker
Christian Conrad / Marvin Damian Hubig, AfP 2023, 121
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BVerfG PM Nr. 31 vom 15.3.2023
Die Beschwerdeführerin ist Verlegerin einer deutschlandweit erscheinenden Zeitung. Sie hatte im Dezember 2023 auf ihrer Internetseite in zwei Artikeln über einen Unfall berichtet. Beide Artikel waren mit Fotoaufnahmen bebildert, auf denen der bei dem Unfall Verstorbene - bis auf die Augenpartie unverpixelt - zu sehen war. Auf Antrag der Witwe des Verstorbenen hat das LG der Beschwerdeführerin im Wege der - ohne mündliche Verhandlung ergangenen - einstweiligen Verfügung untersagt, diese Bilder zu veröffentlichen.
Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde erhoben und hiermit verbunden beantragt, die Wirksamkeit des angegriffenen Beschlusses einstweilen außer Vollzug zu setzen. Der angegriffene Beschluss verletze sie insbesondere in ihrem Recht auf prozessuale Waffengleichheit. Das BVerfG hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattgegeben. Eine Entscheidung über die in der Hauptsache erhobene Verfassungsbeschwerde steht noch aus.
Die Gründe:
Die vorzunehmende Folgenabwägung führte zu dem Ergebnis, dass die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegten. Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich der gerügten Verletzung der prozessualen Waffengleichheit im einstweiligen Verfügungsverfahren offensichtlich zulässig und begründet.
Weshalb das LG von einer mündlichen Verhandlung abgesehen hatte, obschon eine solche auch vor der Entscheidung über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die Regel ist, ließ sich der Entscheidung nicht entnehmen. Die Begründung ließ mangels jeglicher Ausführungen zu § 937 Abs. 2 ZPO nicht einmal erkennen, dass sich das LG von den einfachrechtlichen Anforderungen an seine Verfahrensweise überhaupt leiten ließ. Soweit es damit sogar hinter einer nur formelhaft begründeten Verfahrenshandhabung zurückgeblieben ist, die das BVerfG in einem ähnlich gelagerten Fall desselben Spruchkörpers erst unlängst beanstandet hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.6.2023 - 1 BvR 1011/23 -, Rn. 31 f.), war deshalb ein bewusstes und systematisches Übergehen der prozessualen Rechte der Beschwerdeführerin nachvollziehbar dargetan.
Aufsatz:
Verdachtsberichterstattung über Politiker
Christian Conrad / Marvin Damian Hubig, AfP 2023, 121
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