Ergänzungsantrag: Beginn der zweiwöchigen Frist mit formloser Mitteilung des Beschlusses
BGH v. 18.12.2018 - II ZB 21/16Die Kläger sind Aktionäre der Beklagten; mit ihrer Klage fochten sie die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern an. Der Streithelfer ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten. Nach Abweisung der Klage durch das LG verfolgte der Kläger zu 1) (im Folgenden: Kläger) sein Begehren mit der Berufung weiter.
Der Streithelfer beteiligte sich auch am Berufungsverfahren und beantragte, die Berufung zurückzuweisen. Mit Schriftsatz vom 2.2.2016 nahm der Kläger die Berufung zurück. Das OLG beschloss am selben Tag, dass der Kläger des Rechtsmittels der Berufung verlustig ist und die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat (§ 516 Abs. 3 ZPO). Eine Entscheidung über die Kosten des Streithelfers traf es hierbei nicht.
Der Kostenbeschluss vom 2.2.2016 wurde den Beteiligten formlos übersandt und ging dem Prozessbevollmächtigten des Streithelfers ausweislich des Eingangsstempels am 8.2.2016 zu. Am 1.6.2016 beantragte der Streithelfer, den Beschluss vom 2.2.2016 dahin zu ergänzen, dass der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Streithelfers zu tragen hat. Das OLG verwarf den Antrag als unzulässig.
Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Streithelfers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG hat zu Recht den entsprechend § 321 Abs. 1 ZPO gestellten Ergänzungsantrag wegen Überschreitung der zweiwöchigen Antragsfrist (§ 321 Abs. 2 ZPO) als unzulässig verworfen. Die zweiwöchige Frist zur Stellung des Ergänzungsantrags begann mit der formlosen Mitteilung des Kostenbeschlusses.
Die unmittelbar für Urteile geltende Norm des § 321 ZPO ist vorliegend anwendbar. Die Vorschrift findet auf Beschlüsse, die nicht ohnehin jederzeit von Amts wegen geändert werden können, insbesondere auch auf Kostenbeschlüsse gem. § 516 Abs. 3 ZPO, entsprechende Anwendung. Der Kostenbeschluss vom 2.2.2016 bedurfte nicht der förmlichen Zustellung. Gem. § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO genügt bei nicht verkündeten Beschlüssen grundsätzlich deren formlose Mitteilung an die Parteien. Zuzustellen sind jedoch Beschlüsse, die eine Terminsbestimmung enthalten oder eine Frist in Lauf setzen (§ 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO), sowie Beschlüsse, die einen Vollstreckungstitel bilden oder der sofortigen Beschwerde oder Erinnerung unterliegen (§ 329 Abs. 3 ZPO). Von diesen Voraussetzungen kommt für Beschlüsse nach § 516 Abs. 3 ZPO, die vorbehaltlich einer Zulassung der Rechtsbeschwerde unanfechtbar sind und als bloße Kostengrundentscheidung keinen Vollstreckungstitel bilden, nur das Inlaufsetzen einer Frist (§ 329 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. ZPO) in Betracht, nämlich der Frist für eine mögliche Ergänzung des Beschlusses sowie ggf. der Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 ZPO) oder anderer Fristen für besondere Rechtsbehelfe wie etwa der Frist zur Erhebung einer Anhörungsrüge (§ 321a Abs. 2 ZPO).
Der Umstand, dass ein Beschluss den Beginn derartiger Fristen, insbesondere der Frist für einen Ergänzungsantrag auslöst, genügt indes nicht, um die Notwendigkeit einer förmlichen Zustellung zu begründen. Zwar handelt es sich bei den erwähnten Fristen um "echte" bzw. "eigentliche" Fristen, auf die der Anwendungsbereich des § 329 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. ZPO von vornherein beschränkt ist. Sie gehören gleichwohl anders als etwa richterliche Fristen und gesetzliche Rechtsmittelfristen nicht zu den Fristen, die im Sinne der Vorschrift durch die betreffende Entscheidung in Lauf gesetzt werden. Der Kostenbeschluss ist nicht dazu bestimmt, die Frist für den Ergänzungsantrag in Lauf zu setzen.
Die Annahme des OLG, die zweiwöchige Frist zur Stellung eines Ergänzungsantrags (§ 321 Abs. 2 ZPO) beginne bei einem Beschluss, der nicht förmlich zugestellt werden muss, mit dessen formloser Mitteilung, trifft zu. Bei der entsprechenden Anwendung des § 321 ZPO auf Beschlüsse ist die nach dem Gesetz unterschiedliche Form der jeweils vorschriftsgemäßen Bekanntgabe zu berücksichtigen. Während Urteile zuzustellen sind (§ 317 ZPO), genügt bei Beschlüssen grundsätzlich deren formlose Mitteilung (§ 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Daher tritt im Rahmen einer entsprechenden Anwendung des § 321 ZPO bei Beschlüssen, die zum Zweck ihrer Verlautbarung lediglich formlos mitzuteilen sind, diese Form der Bekanntmachung an die Stelle der in § 321 Abs. 2 ZPO genannten Zustellung des Urteils. Ein an die Bekanntgabe einer gerichtlichen Entscheidung anknüpfender Fristbeginn kann grundsätzlich nicht von einer besonderen Form der Bekanntgabe abhängig gemacht werden, die nach dem Gesetz für die betreffende Entscheidung nicht vorgeschrieben ist.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.