Erhöhtes Entgelt bei Buchung von Flugreisen mittels gängiger Kreditkarten
OLG Hamburg v. 12.11.2020 - 15 U 79/19
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist eine qualifizierte Einrichtung i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG. Die Beklagte vermittelt u.a. Flugreisen auf ihrer Internetseite. Der Kläger hat die Beklagte auf Unterlassung in Bezug auf verschiedene Aspekte einer Online-Flugbuchung in Anspruch genommen. Dabei ging es insbesondere um die Preise bzw. Zahlungsmodalitäten, daneben aber auch um die Angabe der wesentlichen Eigenschaften der erbrachten Dienstleistung vor Abgabe der Bestellung und um die Zusendung von E-Mails nach Abbruch einer Buchung. Diesbezüglich hatte der Kläger im Jahr 2016 eine Testbuchung vorgenommen und anhand von Screenshots dokumentiert.
Der niedrigste angegebene Gesamtpreis auf der Internetseite der Beklagten setzt voraus, dass sich der Verbraucher der Zahlungsmethode "Visa Entropay" oder "Viabuy Prepaid MasterCard" bedient, die jede für sich einen Verbreitungsgrad unter den Kunden der Beklagten von unter 5% aufweisen. Wählt der Verbraucher eine andere Zahlungsart wie etwa "Visa Kreditkarte" oder "Mastercard Kreditkarte", so fällt jeweils ein "Entgelt pro Kartentyp" i.H.v. 13,70 € an sowie zusätzlich eine "Servicepauschale" i.H.v. 23,80 €. Bei Zahlung mittels "Sofortüberweisung" und "Paypal" fallen neben der "Servicepauschale" zusätzlich Entgelte i.H.v. 13,70 € bzw. 15,70 € an, so dass sich definitiv höhere Gesamtpreise ergeben.
Der Kläger ließ die Beklagte erfolglos abmahnen und hat dann Klage erhoben. Das LG hat der Klage vollständig stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos. Allerdings wurde die Revision zum BGH zugelassen.
Die Gründe:
Das LG war zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 3a UWG i.V.m. § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB zusteht.
Erhebt ein Portal zur Buchung von Flugreisen ein erhöhtes Entgelt nur bei Zahlung mit bestimmten Zahlungsmitteln, muss der Verbraucher davon ausgehen, dass das zusätzliche Entgelt wegen der Benutzung dieser Zahlungsmittel anfällt. Das gilt unabhängig von der Bezeichnung dieses Entgelts (hier: als "Servicepauschale") und auch dann, wenn mehrere Entgeltbestandteile abhängig von der Wahl des Zahlungsmittels anfallen (hier: "Servicepauschale" neben "Entgelt für Kartenzahlung" bzw. "Entgelt für Sofortüberweisung"). Die Abgrenzung einer Rabattierung für einzelne Zahlungsarten von der Erhebung eines erhöhten Entgelts für andere Zahlungsarten erfolgt aus Sicht des Verbrauchers danach, ob zunächst der höhere Preis ohne Einrechnung des Rabatts angezeigt wird (Rabattierung) oder ob zunächst der niedrigere Preis angezeigt wird und es dann während des Bestellvorgangs zu Mehrkosten für bestimmte Zahlungsmittel kommt (erhöhtes Entgelt).
Entgegen dem Verständnis der Beklagten steht nicht in Rede, ihr die Erhebung einer "Servicepauschale" per se zu untersagen. Es geht vielmehr darum, dass eine in Abhängigkeit vom gewählten Zahlungsmittel anfallende "Servicepauschale" aus Sicht des angesprochenen Verbrauchers tatsächlich keine solche ist, sondern ein (zusätzliches) Zahlungsmittelentgelt. Im Übrigen ist § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB schon deshalb und unabhängig von der "Servicepauschale" verletzt, weil bei allen anderen von der Beklagten angebotenen Zahlungsmitteln als den beiden genannten nicht gängigen Kreditkarten Zahlungsmittelentgelte anfallen. Soweit im Klagantrag von einem Angebot "unter Einschluss einer "Servicepauschale"" die Rede ist, geht damit eine Konkretisierung einher, die indes die aufgeführten Entgelte für Zahlungsmittel nicht von der rechtlichen Bewertung ausschließt.
Auch aus § 675f Abs. 6 BGB kann die Beklagte nichts für ihre Rechtsauffassung günstiges herleiten. Nach dieser Vorschrift darf das Recht des Zahlungsempfängers, dem Zahler für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments eine Ermäßigung oder einen anderweitigen Anreiz anzubieten, in einem Zahlungsdiensterahmenvertrag zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister nicht ausgeschlossen werden. Die Norm ist allerdings auf das hier zu beleuchtende Verhältnis zwischen der Beklagten als Flugvermittlerin und dem Verbraucher nicht anwendbar, da sie nur das Verhältnis zwischen dem Zahlungsempfänger und dem Zahlungsdienstleister betrifft. Die im Verkehr mit Verbrauchern geltenden Schranken des § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB sind unabhängig von § 675f Abs. 6 BGB zu beachten.
§ 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB verstößt dabei nicht gegen Unionsrecht. Ein Verstoß gegen Art. 4 und Art. 19 der Verbraucherrechterichtlinie (Richtlinie 2011/83/EU) liegt nicht vor, weil die Vorschriften der Verbraucherrechterichtlinie für den hier betroffenen Regelungsbereich gemäß ihrem Art. 3 Abs. 2 hinter Art. 62 Abs. 5 der Zahlungsdiensterichtlinie II (Richtlinie (EU)2015/2366 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt) als Spezialgesetz zurücktreten.
Die Frage, ob die beanstandete Handlung der Beklagten gegen § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB verstößt, kann sich in einer unbestimmten Zahl von Fällen stellen. Infolgedessen sieht der Senat das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Zudem könnte der BGH nach der Revisionszulassung durch das OLG Dresden in dem dortigen, dem hiesigen vergleichbaren Fall (11.02.2020, 14 U 1885/19) zu einem anderen Ergebnis als der erkennende Senat gelangen - ggf. auch mit Blick auf die Frage der Unionsrechtswidrigkeit von § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB. Insofern ist auch das Interesse an der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S.v. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO berührt.
Justizportal Hamburg
Der Kläger ist eine qualifizierte Einrichtung i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG. Die Beklagte vermittelt u.a. Flugreisen auf ihrer Internetseite. Der Kläger hat die Beklagte auf Unterlassung in Bezug auf verschiedene Aspekte einer Online-Flugbuchung in Anspruch genommen. Dabei ging es insbesondere um die Preise bzw. Zahlungsmodalitäten, daneben aber auch um die Angabe der wesentlichen Eigenschaften der erbrachten Dienstleistung vor Abgabe der Bestellung und um die Zusendung von E-Mails nach Abbruch einer Buchung. Diesbezüglich hatte der Kläger im Jahr 2016 eine Testbuchung vorgenommen und anhand von Screenshots dokumentiert.
Der niedrigste angegebene Gesamtpreis auf der Internetseite der Beklagten setzt voraus, dass sich der Verbraucher der Zahlungsmethode "Visa Entropay" oder "Viabuy Prepaid MasterCard" bedient, die jede für sich einen Verbreitungsgrad unter den Kunden der Beklagten von unter 5% aufweisen. Wählt der Verbraucher eine andere Zahlungsart wie etwa "Visa Kreditkarte" oder "Mastercard Kreditkarte", so fällt jeweils ein "Entgelt pro Kartentyp" i.H.v. 13,70 € an sowie zusätzlich eine "Servicepauschale" i.H.v. 23,80 €. Bei Zahlung mittels "Sofortüberweisung" und "Paypal" fallen neben der "Servicepauschale" zusätzlich Entgelte i.H.v. 13,70 € bzw. 15,70 € an, so dass sich definitiv höhere Gesamtpreise ergeben.
Der Kläger ließ die Beklagte erfolglos abmahnen und hat dann Klage erhoben. Das LG hat der Klage vollständig stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos. Allerdings wurde die Revision zum BGH zugelassen.
Die Gründe:
Das LG war zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 3a UWG i.V.m. § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB zusteht.
Erhebt ein Portal zur Buchung von Flugreisen ein erhöhtes Entgelt nur bei Zahlung mit bestimmten Zahlungsmitteln, muss der Verbraucher davon ausgehen, dass das zusätzliche Entgelt wegen der Benutzung dieser Zahlungsmittel anfällt. Das gilt unabhängig von der Bezeichnung dieses Entgelts (hier: als "Servicepauschale") und auch dann, wenn mehrere Entgeltbestandteile abhängig von der Wahl des Zahlungsmittels anfallen (hier: "Servicepauschale" neben "Entgelt für Kartenzahlung" bzw. "Entgelt für Sofortüberweisung"). Die Abgrenzung einer Rabattierung für einzelne Zahlungsarten von der Erhebung eines erhöhten Entgelts für andere Zahlungsarten erfolgt aus Sicht des Verbrauchers danach, ob zunächst der höhere Preis ohne Einrechnung des Rabatts angezeigt wird (Rabattierung) oder ob zunächst der niedrigere Preis angezeigt wird und es dann während des Bestellvorgangs zu Mehrkosten für bestimmte Zahlungsmittel kommt (erhöhtes Entgelt).
Entgegen dem Verständnis der Beklagten steht nicht in Rede, ihr die Erhebung einer "Servicepauschale" per se zu untersagen. Es geht vielmehr darum, dass eine in Abhängigkeit vom gewählten Zahlungsmittel anfallende "Servicepauschale" aus Sicht des angesprochenen Verbrauchers tatsächlich keine solche ist, sondern ein (zusätzliches) Zahlungsmittelentgelt. Im Übrigen ist § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB schon deshalb und unabhängig von der "Servicepauschale" verletzt, weil bei allen anderen von der Beklagten angebotenen Zahlungsmitteln als den beiden genannten nicht gängigen Kreditkarten Zahlungsmittelentgelte anfallen. Soweit im Klagantrag von einem Angebot "unter Einschluss einer "Servicepauschale"" die Rede ist, geht damit eine Konkretisierung einher, die indes die aufgeführten Entgelte für Zahlungsmittel nicht von der rechtlichen Bewertung ausschließt.
Auch aus § 675f Abs. 6 BGB kann die Beklagte nichts für ihre Rechtsauffassung günstiges herleiten. Nach dieser Vorschrift darf das Recht des Zahlungsempfängers, dem Zahler für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments eine Ermäßigung oder einen anderweitigen Anreiz anzubieten, in einem Zahlungsdiensterahmenvertrag zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister nicht ausgeschlossen werden. Die Norm ist allerdings auf das hier zu beleuchtende Verhältnis zwischen der Beklagten als Flugvermittlerin und dem Verbraucher nicht anwendbar, da sie nur das Verhältnis zwischen dem Zahlungsempfänger und dem Zahlungsdienstleister betrifft. Die im Verkehr mit Verbrauchern geltenden Schranken des § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB sind unabhängig von § 675f Abs. 6 BGB zu beachten.
§ 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB verstößt dabei nicht gegen Unionsrecht. Ein Verstoß gegen Art. 4 und Art. 19 der Verbraucherrechterichtlinie (Richtlinie 2011/83/EU) liegt nicht vor, weil die Vorschriften der Verbraucherrechterichtlinie für den hier betroffenen Regelungsbereich gemäß ihrem Art. 3 Abs. 2 hinter Art. 62 Abs. 5 der Zahlungsdiensterichtlinie II (Richtlinie (EU)2015/2366 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt) als Spezialgesetz zurücktreten.
Die Frage, ob die beanstandete Handlung der Beklagten gegen § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB verstößt, kann sich in einer unbestimmten Zahl von Fällen stellen. Infolgedessen sieht der Senat das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Zudem könnte der BGH nach der Revisionszulassung durch das OLG Dresden in dem dortigen, dem hiesigen vergleichbaren Fall (11.02.2020, 14 U 1885/19) zu einem anderen Ergebnis als der erkennende Senat gelangen - ggf. auch mit Blick auf die Frage der Unionsrechtswidrigkeit von § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB. Insofern ist auch das Interesse an der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S.v. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO berührt.