29.11.2017

Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei einem GmbH-Gesellschafter führt zur Unterbrechung eines Beschlussmängelrechtsstreits

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines GmbH-Gesellschafters führt regelmäßig zur Unterbrechung eines Beschlussmängelrechtsstreits des Gesellschafters. Der Gegenstand eines Beschlussmängelstreits gehört regelmäßig zur Insolvenzmasse.

BGH 24.10.2017, II ZR 16/16
Der Sachverhalt:
In der Gesellschafterversammlung der beklagten Vor-GmbH, die neben dem Kläger eine weitere Gesellschafterin hatte, war Ende September 2011 beschlossen worden, den Kläger als Geschäftsführer abzuberufen und seine Geschäftsanteile aus wichtigem Grund einzuziehen. Daraufhin beantragte der Kläger, die Nichtigkeit der beiden Beschlüsse festzustellen.

Am 15.4.2015 um 9:50 Uhr wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet. Das LG hat dann auf die mündliche Verhandlung vom 15.4.2015, die um 13:30 Uhr begann, die Nichtigkeit der Beschlüsse festgestellt. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG das Urteil des LG hinsichtlich der Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers aufgehoben, weil das Verfahren durch die Insolvenzeröffnung unterbrochen sei, und die weitergehende Berufung im Hinblick auf die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer zurückgewiesen. Auf die gegen die Zurückweisung der Berufung gerichtete Revision der Beklagten hob der BGH die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und wies die Sache an das LG zurück.

Gründe:
Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Rechtsstreit durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur teilweise, nämlich hinsichtlich des Einziehungsbeschlusses, unterbrochen ist. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters einer GmbH führt aber vielmehr auch dann zur Unterbrechung eines Beschlussmängelrechtsstreits des Gesellschafters, wenn ein Beschluss über die Abberufung eines Geschäftsführers angefochten wird.

Auch soweit ein Beschluss die Organbestellung oder -abberufung betrifft, ist das Mitverwaltungsrecht des Gesellschafters berührt, das zur Vermögenssphäre gehört und bei Insolvenz unter die Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters fällt. Unterbrochen wird ein Rechtsstreit durch die Insolvenzeröffnung, wenn das Verfahren die Insolvenzmasse betrifft (§ 240 S. 1 ZPO).

Maßgeblich ist dabei, ob der Gegenstand des Rechtsstreits zur Insolvenzmasse gehört. Der Gegenstand eines Beschlussmängelstreits gehört regelmäßig zur Insolvenzmasse. Der Insolvenzverwalter hat als Teil seines Verwaltungsrechts das Recht zur Ausübung des Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung und zur Beschlussanfechtung, jedenfalls soweit der Beschlussgegenstand, wie dies regelmäßig der Fall ist, die Vermögenssphäre betrifft. Nach § 80 Abs. 1 InsO hat der Insolvenzverwalter das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten. Der GmbH-Geschäftsanteil gehört zur Masse (§ 35 Abs. 1 InsO). Zum Mitverwaltungsrecht des Gesellschafters, das auf dem Geschäftsanteil als Vermögensrecht beruht, gehört nicht nur die Ausübung des Stimmrechts, sondern auch die Befugnis, Gesellschafterbeschlüsse auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen.

In den insolvenzfreien Bereich fällt die Anfechtungsbefugnis hier nicht deshalb, weil der Kläger gleichzeitig auch der vom Abberufungsbeschluss betroffene Geschäftsführer ist. Zwar soll die Stellung als Geschäftsführer als persönliches Recht nicht in die Insolvenzmasse fallen. Die Klagebefugnis des Klägers beruht aber nicht auf seiner Organstellung als Geschäftsführer und einer persönlichen Betroffenheit durch den Abberufungsbeschluss, sondern auf seiner Gesellschafterstellung und dem daraus folgenden Mitverwaltungsrecht. Ein Gesellschafter kann als Ausfluss seines Mitverwaltungsrechts ihm unrechtmäßig erscheinende Beschlüsse der Gesellschaft auch anfechten, wenn er davon nicht persönlich betroffen ist. Das gilt unabhängig davon, ob der Gesellschafter oder ein Dritter Geschäftsführer ist, auch für einen Beschluss zur Abberufung eines Geschäftsführers.

Linkhinweise:

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