26.07.2023

Erweiterte Schlüsselklausel in Hausratsversicherung ist wirksam

Die sog. "erweiterte Schlüsselklausel" in der Hausratversicherung (hier: § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich GWW 2014), wonach ein Einbruchdiebstahl auch dann vorliegt, wenn der Täter in einen Raum eines Gebäudes mittels richtiger Schlüssel eindringt, die er ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers durch Diebstahl an sich gebracht hat, unterfällt als primäre Leistungsbeschreibung gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle und verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

BGH v. 5.7.2023 - IV ZR 118/22
Der Sachverhalt:
Der Kläger verlangte Leistungen aus einer bei der Beklagten gehaltenen Hausratversicherung, der die GWW 2014 zugrunde lag. Dort ist in § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich bestimmt, dass ein Einbruchdiebstahl auch dann vorliegt, wenn der Täter in einen Raum eines Gebäudes mittels richtiger Schlüssel eindringt, die er ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers durch Diebstahl an sich gebracht hat.

Der Kläger hatte behauptet, ihm sei am 17.8.2017 aus seinem Firmenfahrzeug eine Aktentasche entwendet worden, in der sich u.a. Rechnungen mit seiner Wohnanschrift und ein Schlüsselbund mit Wohnungs- und Tresorschlüssel befunden hätten. Nur kurze Zeit später hätten unbekannte Täter damit seine Wohnung betreten, den dort befindlichen Tresor geöffnet und diverse Wertgegenstände sowie Bargeld im Gesamtwert von rund 64.413 €entwendet. Diesen Betrag abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung verlangte der Kläger von der Beklagten ersetzt. Diese hielt einen versicherten Einbruchdiebstahl nicht für gegeben und berief sich zudem auf Leistungsfreiheit wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles und der Verletzung von Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag.

Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Gründe:
Ein Versicherungsfall gem. § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich GWW 2014 war zu verneinen.

Die Frage der Wirksamkeit einer Klausel wie in § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich G 2014 wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Die überwiegende Auffassung hält - wie das Berufungsgericht -Klauseln, nach denen der mittels eines durch Diebstahl erlangten richtigen Schlüssels begangene Diebstahl versichert ist, der Versicherungsschutz aber davon abhängig gemacht wird, dass der Täter den Schlüssel ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers - oder Gewahrsamsinhabers - an sich gebracht hat, für wirksam. Die Gegenauffassung nimmt demgegenüber an, dass der Teil der Klausel, der den Versicherungsschutz auf ein schuldloses Verhalten des berechtigten Besitzers an der Ermöglichung des Schlüsseldiebstahls beschränkt, wegen der Abweichung vom Verschuldens- und Beweismaßstab des § 81 VVG und einer Ausdehnung der Haftung des Versicherungsnehmers für das Verhalten Dritter, die nicht zugleich Repräsentanten des Versicherungsnehmers sind, unwirksam ist.

Die erstgenannte Ansicht trifft zu. Die Klausel in § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich GWW 2014 ist nicht gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Sie ist gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB einer Inhaltskontrolle entzogen. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf Klauseln, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Kontrollfrei bleiben bloße Leistungsbeschreibungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistungen festlegen. Es ist nach dem im BGB geltenden Grundsatz der Privatautonomie den Vertragsparteien im Allgemeinen freigestellt, Leistung und Gegenleistung zu bestimmen; mangels gesetzlicher Vorgaben fehlt es insoweit regelmäßig auch an einem Kontrollmaßstab.

Eine beispielhafte Aufzählung, welche Verhaltensweisen als fahrlässig einzustufen sind und welche Person als berechtigter Besitzer anzusehen ist, würde nicht zu zusätzlicher Klarheit beitragen, sondern Abgrenzungsfragen nur verlagern und unter Umständen sogar erschweren, weil derartige Aufzählungen in der Gewichtung der Beispiele zusätzlichen Wertungen Raum geben können, die dem an sich geläufigen Verständnis der verwendeten abstrakten Umschreibungen zuwiderlaufen. Ohnehin ist ein Verstoß gegen das Transparenzgebot nicht schon dann zu bejahen, wenn Bedingungen noch klarer und verständlicher hätten formuliert werden können.

Vergeblich wandte sich der Kläger gegen die Annahme des Berufungsgerichts, es sei für sein fahrlässiges Verhalten ausreichend, dass sich der Schlüssel in einer geschlossenen und von außen gut sichtbaren Aktentasche auf dem Sitz seines Fahrzeugs befunden habe. Das Berufungsgericht hatte hierzu festgestellt, eine von außen sichtbare Aktentasche berge die erhebliche Gefahr, dass ein potentieller Täter diese in der Hoffnung auf darin befindliche Wertgegenstände entwende, auch wenn der konkrete Inhalt von außen nicht erkennbar sei. Diese tatrichterliche Würdigung war aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und schloss den vom Kläger beanstandeten falschen Anknüpfungspunkt für die Fahrlässigkeit, die sich - was das Berufungsgericht nicht verkannt hatte - auf das Ansichbringen des später zum unbefugten Eindringen in die Wohnung verwendeten Schlüssels beziehen muss, aus.

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