23.08.2012

EU-Versandapotheken unterliegen deutscher Arzneimittelpreisbindung

Die deutschen Preisvorschriften gelten grundsätzlich auch dann, wenn verschreibungspflichtige Arzneimittel von einer Versandapotheke mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU an Endverbraucher in Deutschland abgegeben werden. Dies ergibt sich insbes. aus § 78 Abs. 1 und 2 AMG; diesem Ergebnis steht weder primäres noch sekundäres Unionsrecht entgegen.

BGH 22.8.2012, GmS-OGB 1/10
Der Sachverhalt:
Die Beklagte, eine in den Niederlanden ansässige Apotheke, bot im Wege des Internet-Versandhandels Medikamente für den deutschen Markt an. Sie warb mit einem Bonussystem, nach dem der Kunde beim Kauf verschreibungspflichtiger Medikamente auf Kassenrezept einen Bonus von 3 Prozent des Warenwertes, mindestens aber 2,50 € und höchstens 15,00 € pro verordneter Packung erhalten sollte. Der Bonus sollte unmittelbar mit dem Rechnungsbetrag oder im Rahmen einer künftigen Bestellung verrechnet werden.

Die Klägerin, die im Inland eine Apotheke betreibt, sieht darin einen Verstoß gegen die im Arzneimittelrecht für verschreibungspflichtige Arzneimittel geltenden Preisbindungsvorschriften. Sie nahm die beklagte Versandapotheke auf Unterlassung der Ankündigung und Gewährung der Boni in Anspruch.

Der I. Zivilsenat des BGH, bei dem die Sache anhängig ist, wollte die Frage, ob deutsches Arzneimittelpreisrecht auch für den Apothekenabgabepreis verschreibungspflichtiger Arzneimittel gilt, die im Wege des Versandhandels von einer in einem anderen Mitgliedstaat der EU ansässigen Versandapotheke im Inland in den Verkehr gebracht werden, bejahen. Hieran sah er sich aber durch eine Entscheidung des 1. Senats des BSG gehindert. Dieser hatte 2008 in anderem Zusammenhang entschieden, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht nicht für Versandapotheken gilt, die aus dem europäischen Ausland Arzneimittel an deutsche Verbraucher schicken.

Der I. Zivilsenat des BGH legte die Frage deshalb dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OBG) zur Entscheidung vor.

Die Gründe:
Der GmS-OBG hat nunmehr entschieden, dass die Vorschriften des AMG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage darstellen, ausländische Versandapotheken, die verschreibungspflichtige Arzneimittel im Inland an Endverbraucher abgeben, deutschem Arzneimittelpreisrecht zu unterwerfen. Dies ergibt sich insbes. aus § 78 Abs. 1 und 2 AMG. Diesem Ergebnis steht weder primäres noch sekundäres Unionsrecht entgegen. Die deutsche Regelung verstößt nicht gegen die Warenverkehrsfreiheit. Es handelt sich nicht um eine Maßnahme gleicher Wirkung i.S.v. Art. 34 AEUV.

Linkhinweis:

  • Die Pressemitteilung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 135 vom 22.8.2012
Zurück