16.04.2015

EuGH-Vorlage bezüglich sog. RESCUE-Produkte

Sind in Pipettenfläschchen (hier: RESCUE-Produkte) mit einem Inhalt von 10 oder 20 ml und als Spray über Apotheken vertriebene, als Spirituosen bezeichnete Flüssigkeiten mit einem Alkoholgehalt von 27% Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2% i.S.v. von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 (Health-Claims-Verordnung, HCVO), wenn nach den auf ihren Verpackungen gegebenen Dosierungshinweisen vier Tropfen der Flüssigkeit in ein Wasserglas zu geben und über den Tag verteilt zu trinken oder bei Bedarf vier Tropfen unverdünnt zu sich zu nehmen sind bzw. zwei Sprühstöße der als Spray vertriebenen Flüssigkeit auf die Zunge zu geben sind.

BGH 12.3.2015, I ZR 29/13
Der Sachverhalt:
Die Beklagte vertreibt in Deutschland über Apotheken Bach-Blüten-Produkte, darunter sog. "RESCUE"-Produkte in Pipettenfläschchen mit einem Inhalt von 10 oder 20 ml und als Spray. Diese tragen die Bezeichnung "Spirituose" und haben einen Alkoholgehalt von 27%.

Die Klägerinnen vertreiben auf dem deutschen Markt ebenfalls Bach-Blüten-Produkte. Mit der Klage erstrebten sie in erster Linie ein generelles Verbot des Vertriebs von Bach-Blüten-Produkten durch die Beklagte ohne arzneimittelrechtliche Zulassung oder Registrierung. Außerdem waren sie hinsichtlich einer Vielzahl von Werbeaussagen der Ansicht, die Beklagte werbe in wettbewerbswidriger Weise für alkoholhaltige Getränke mit Hinweisen auf eine gesundheitsfördernde oder gesundheitlich unbedenkliche Wirkung. Die Beklagte hielt dagegen, sie habe unter den angegriffenen Bezeichnungen das unveränderte Produkt schon vor dem 1.1.2005 in den Verkehr gebracht.

Das LG verurteilte die Beklagte gemäß ihrem Anerkenntnis zur Unterlassung einzelner Werbeaussagen mit der Bezeichnung "Bach-Blüten". Das OLG verurteilte die Beklagte zudem, es zu unterlassen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr als Spirituosen gekennzeichnete Produkte unter der Bezeichnung "RESCUE TROPFEN" und/oder "RESCUE NIGHT SPRAY" zu bewerben und/oder zu vertreiben. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH hinsichtlich der Auslegung der Art. 4 Abs. 3, Art. 10 Abs. 3, Art. 5 Abs. 1a, Art. 6 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (HCVO) zur Entscheidung vorgelegt.

Gründe:
Der Erfolg der Revision hängt von der Frage ab, ob in Pipettenfläschchen mit einem Inhalt von 10 oder 20 ml und als Spray über Apotheken vertriebene, als Spirituosen bezeichnete Flüssigkeiten mit einem Alkoholgehalt von 27% Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2% i.S.v. Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 sind, wenn nach den auf ihren Verpackungen gegebenen Dosierungshinweisen

vier Tropfen der Flüssigkeit in ein Wasserglas zu geben und über den Tag verteilt zu trinken oder bei Bedarf vier Tropfen unverdünnt zu sich zu nehmen sind,

zwei Sprühstöße der als Spray vertriebenen Flüssigkeit auf die Zunge zu geben sind.

Falls die Fragen zu verneinen sind, stellt sich die weitere Frage, ob auch bei Verweisen auf allgemeine, nicht spezifische Vorteile i.S.d. Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 Nachweise i.S.d. Art. 5 Abs. 1a und Art. 6 Abs. 1 dieser Verordnung vorliegen. Außerdem muss geklärt werden, ob die Bestimmung des Art. 28 Abs. 2 Hs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 gilt, wenn das betreffende Produkt unter seinem Markennamen vor dem 1.1.2005 nicht als Lebensmittel, sondern als Arzneimittel vermarktet wurde.

Der Umstand, dass die Beklagte die Produkte seinerzeit nicht als Lebensmittel, sondern als Arzneimittel vermarktet hatte, sollte der Anwendung des Art. 28 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 nicht entgegenstehen. Nach dieser Bestimmung ist nicht die vor dem 1.1.2005 erfolgte Verwendung als Handelsmarke oder des Markennamens als nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe für Lebensmittel maßgeblich, sondern das seinerzeitige Bestehen des Zeichens in dieser Form.

Der Senat neigt der Ansicht zu, dass sich die Revision mit Recht gegen die Annahme des Berufungsgerichts wendet, die "RESCUE"-Produkte der Beklagten seien alkoholische Getränke i.S.v. Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006. Die sich in diesem Zusammenhang stellenden unionsrechtlichen Fragen erscheinen jedoch noch nicht abschließend geklärt, so dass eine Vorlage an den EuGH geboten schien.

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