14.12.2017

EZB darf Aufsicht über dezentrale französische Genossenschaftsbanken organisieren

Die EZB ist befugt, eine Aufsicht über die Crédit mutuel-Gruppe durch die Confédération nationale du Crédit mutuel zu organisieren. Dies gilt auch in Bezug auf den Crédit mutuel Arkéa.

EuG 13.12.2017, T-712/15 u.a.
Der Sachverhalt:
Der Crédit mutuel ist eine dezentrale französische Bankengruppe, die aus einem Netz örtlicher Sparkassen besteht, die als Genossenschaften organisiert sind. Jede örtliche Sparkasse muss einem Regionalverband beitreten, und jeder Verband muss der Confédération nationale du Crédit mutuel (CNCM), dem Zentralorgan des Netzes, beitreten. Die Crédit mutuel Arkéa ist eine genossenschaftliche Kredit-Aktiengesellschaft mit variablem Grundkapital, die als Kreditinstitut zugelassen ist. Er wurde 2002 durch Annäherung mehrerer Regionalverbände von Kreditgenossenschaften gegründet.

Mit Beschlüssen von Oktober 2015 und Dezember 2015 organisierte die EZB ihre Aufsicht über die Institute der Crédit mutuel-Gruppe - darunter der Crédit mutuel Arkéa - auf konsolidierter Basis durch die CNCM. Die EZB vertrat zudem die Auffassung, der Crédit mutuel Arkéa müsse einen zusätzlichen Eigenkapitalbetrag (hartes Kernkapital) vorhalten, so dass die harte Kernkapitalquote zunächst bei 11 % und dann bei 10,75 % liege.

Der Crédit mutuel Arkéa erhob beim EuG Klage auf Nichtigerklärung dieser Beschlüsse. Er wendet sich im Wesentlichen dagegen, dass eine konsolidierte Aufsicht über die Crédit mutuel-Gruppe durch die CNCM eingerichtet wird, da die CNCM kein Kreditinstitut sei, es keine "Crédit mutuel-Gruppe" gebe und die EZB den Crédit mutuel Arkéa nicht verpflichten könne, zusätzliches Eigenkapital vorzuhalten.

Das EuG wies die gegen die beiden Beschlüsse gerichteten Klagen ab. Gegen die Entscheidung kann innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim EuGH eingelegt werden.

Die Gründe:
Mit seinen Klagen hat der Crédit mutuel Arkéa u.a. geltend gemacht, dass die Aufsicht auf konsolidierter Basis über einem Zentralorgan angeschlossene Institute nur möglich sei, wenn dieses Zentralorgan die Eigenschaft eines Kreditinstituts habe. Das sei bei der CNCM nicht der Fall. Hierzu ist festzustellen, dass aus der Unionsregelung auf dem Gebiet der Aufsicht nicht hervorgeht, dass der Begriff "Zentralorgan" dahin zu verstehen wäre, dass die Qualifikation als Kreditinstitut erforderlich wäre. Daher fällt eine "unter Aufsicht stehende Gruppe" unter diese Regelung, wenn sie die darin vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt, und zwar unabhängig davon, ob das Zentralorgan dieser Gruppe die Eigenschaft eines Kreditinstituts hat. Da die durch das Zentralorgan gebildete Gesamtheit und die angeschlossenen Institute konsolidierte Abschlüsse erstellen, kann sich die zuständige Behörde vergewissern, dass die Liquidität und Solvenz dieser Gesamtheit den aufsichtsrechtlichen Anforderungen entsprechen, und zwar unabhängig davon, ob das Zentralorgan die Eigenschaft eines Kreditinstituts hat.

Weiterhin hat der Crédit mutuel Arkéa die Auffassung vertreten, dass der Crédit mutuel nicht als "Gruppe" im Sinne der Unionsregelung auf dem Gebiet der Aufsicht qualifiziert werden könne. Hierzu ist festzustellen, dass der Crédit mutuel über die CNCM alle von dieser Regelung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt, um als solche qualifiziert zu werden. Zum einen schließt die Verbandseigenschaft der CNCM eine Solidarität mit den angeschlossenen Instituten nicht aus, da die Verpflichtung besteht, Eigenkapital und flüssige Mittel innerhalb der Crédit mutuel-Gruppe zu übertragen, um sicherzustellen, dass die Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern erfüllt werden. Zum anderen werden die Konten der Crédit mutuel-Gruppe auf konsolidierter Basis erstellt, was es der zuständigen Behörde ermöglicht, sich zu versichern, dass die Liquidität und Solvenz der Gesamtheit der die Gruppe bildenden Institute den aufsichtsrechtlichen Anforderungen entsprechen. Schließlich ist die CNCM befugt, der Leitung der angeschlossenen Institute Weisungen zu erteilen, die einzuhalten sind und bei Nichtbeachtung sanktioniert werden können.

Schließlich hat der Crédit mutuel Arkéa die Ansicht vertreten, dass die EZB ihn nicht hätte verpflichten dürfen, zusätzliches Eigenkapital vorzuhalten. Hierzu ist festzustellen fest, dass der EZB keine Fehler unterlaufen sind, als sie sich auf die Eventualität eines Ausscheidens des Crédit mutuel Arkéa aus der Crédit mutuel-Gruppe gestützt hat. Eine solche Eventualität ist nämlich nicht dermaßen unwahrscheinlich, dass ihre Berücksichtigung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler seitens der EZB begründen könnte. Außerdem ist der EZB kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie zu dem Schluss gelangt ist, dass der Verlust des Solidaritätsmechanismus infolge eines Ausscheidens aus der Crédit mutuel-Gruppe negative Auswirkungen auf die externen Ratings des Crédit mutuel Arkéa und folglich auf seine Refinanzierungskosten haben könnte. Schließlich liegt der Vorschreibung zusätzlichen Eigenkapitals, um einem solchen Ausscheiden begegnen können, weder ein offensichtlicher Beurteilungsfehler zugrunde, noch ist sie offensichtlich unverhältnismäßig.

Linkhinweis:

Für die auf den Webseiten des EuGH veröffentlichte Pressemitteilung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 135 vom 13.12.2017
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