09.04.2019

Fahrradhelmkampagne: Foto von Prominenter ohne Helm darf veröffentlicht werden

Unterstützt ein Prominenter eine Kampagne für Fahrradhelme, dürfen Paparazzi-Fotos aus dem Privatleben des Prominenten beim Fahren ohne Fahrradhelm veröffentlicht werden. Fotos eines noch nicht schulpflichtigen Kindes des Prominenten sind dagegen unzulässig.

OLG Köln v. 28.3.2019 - 15 U 155/18
Der Sachverhalt:
Die klagende Moderatorin und Journalistin beteiligte sich im Jahr 2017 aktiv an der Kampagne "Du bist mir nicht egal" für den Einsatz von Fahrradhelmen. Das von dem beklagten Verlag herausgegebene Boulevard-Magazin veröffentlichte im Anschluss Fotos der Klägerin und ihrer Tochter, die ein Paparazzo heimlich aufgenommen hatte. Auf einem Bild ist die Klägerin ohne Helm auf einem Fahrrad fahrend zu sehen (Untertitel: "Fehlt da nicht was?"), auf einem anderen ist sie abgebildet, wie sie ein Fahrrad schiebt, und ein Bildausschnitt zeigt ihre noch nicht schulpflichtige Tochter mit Helm.

Das LG gab der Klage teilweise statt. Es hielt das Foto für zulässig, bei dem die Klägerin ohne Helm auf dem Fahrrad zu sehen ist, während es das Foto, auf dem sie ein Fahrrad schob und den Bildausschnitt mit ihrer Tochter als unzulässig eingestuft hat. Die Berufung des beklagten Verlages hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Der Schutz des damals noch nicht einmal schulpflichtigen Kindes und die besonders geschützte Eltern-Kind-Situation haben Vorrang vor dem Veröffentlichungsinteresse der Zeitschrift. Der Bereich, in dem Kinder sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, muss umfassender geschützt sein als derjenige erwachsener Personen. Gerade Kinder von Prominenten müssen sich in der Öffentlichkeit bewegen können, ohne das ständige Risiko einer Medienberichterstattung über das eigene Verhalten und/oder das der Familie auszulösen. Das gilt auch, wenn - wie hier - das Gesicht des Kindes unkenntlich gemacht worden ist. Das Kind war nicht nur anhand der Merkmale des Fahrrades, sondern auch aufgrund der Wortberichterstattung erkennbar. Das Bild des Kindes durfte auch nicht etwa deshalb veröffentlicht werden, weil sich die Mutter selbst widersprüchlich verhalten hat.

Mit Blick auf die Vorbildfunktion Prominenter war allerdings zu erwarten, dass die Klägerin sich an die Kernaussage der Kampagne "Du bist mir nicht egal" halten würde. Dies hat sie jedenfalls in der Situation, in der sie auf dem Fahrrad fotografiert worden sei, nicht getan. Das gilt auch, wenn sie bei der fotografierten Fahrt - wie sie behauptet - nur eine ganz kurze Distanz mit einem dreirädrigen Rad in Schrittgeschwindigkeit über den Gehweg gefahren ist. Auch hierbei sind schwere Fahrradunfälle, etwa bei Grundstücksausfahrten oder beim Öffnen von Autotüren denkbar. Die Klägerin kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass sie in ihrer öffentlichen Selbstdarstellung bisweilen nicht nur ein Image als "perfekte" Mutter pflegt, sondern - oft selbstironisch - eingesteht, nicht alles perfekt zu machen. Dies alles darf sich aber nicht zu Lasten des Kindes auswirken.
OLG Köln PM vom 3.4.2019
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