12.08.2014

Finanzierungsberatungsvertrag: Keine Aufklärungspflicht der beratenden Bank hinsichtlich erhaltener Provisionen für die Vermittlung einer Lebensversicherung

Die beratende Bank ist aufgrund eines mit ihrem Kunden geschlossenen Finanzierungsberatungsvertrags nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass ihr für die Vermittlung einer Lebensversicherung eine Provision zufließt. Die BGH-Rechtsprechung zur Pflicht der Bank, auf Rückvergütungen hinzuweisen, setzt eine in diesem Fall nicht vorliegende Kapitalanlageberatung voraus.

BGH 1.7.2014, XI ZR 247/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger, selbstständiger Vermessungsingenieur, der bereits mehrere gewerbliche Immobilienkäufe fremdfinanziert hatte,  nimmt die beklagte Bank wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Immobilienfinanzierung auf Schadensersatz in Anspruch. Der Kläger wandte sich an die Beklagte, da er zur gewerblichen Errichtung einer Wohnanlage eine Teilfinanzierung benötigte. Nach mehreren Gesprächen mit einem Mitarbeiter der Beklagten schloss der Kläger im Dezember 1995 mit der D-AG, die damals ein Tochterunternehmen der Beklagten war (im Folgenden: Versicherung), einen Darlehensvertrag über 600.000 DM ab.

Die Tilgung des Darlehens sollte zur Endfälligkeit am 1.12.2015 in voller Höhe durch eine auf Empfehlung des Mitarbeiters der Beklagten mit der Versicherung abgeschlossene Kapitallebensversicherung erfolgen. Die Beklagte erhielt von der Versicherung für die Vermittlung der Lebensversicherung eine Vermittlungsprovision, ohne dies dem Kläger mitzuteilen. Entgegen der ursprünglichen Annahme wird die Ablaufleistung aus der Lebensversicherung voraussichtlich nicht zur Tilgung des Darlehens am 1.12.2015 ausreichen.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger zuletzt die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn den Betrag zu zahlen, der sich als Differenz zwischen der Belastung aus dem Darlehensvertrag und der Ablaufleistung aus der Lebensversicherung ergibt, höchstens jedoch 256.970 €. Darüber hinaus begehrt er Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Das LG gab der Klage bis auf Teile der Rechtsanwaltskosten statt. Das OLG wies die Klage vollumfänglich ab. Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Aufklärung über die empfangene Vermittlungsprovision, da die Rechtsprechung des Senats zur Pflicht der Bank, auf Rückvergütungen hinzuweisen, eine hier nicht vorliegende Kapitalanlageberatung voraussetzt, die Provision für die Vermittlung einer Lebensversicherung ohnehin keine Rückvergütung nach diesen Grundsätzen darstellt und solche Provisionen offensichtlich und folglich nicht aufklärungsbedürftig sind.

Nach BGH-Rechtsprechung sind die Grundsätze zu den Aufklärungspflichten einer anlageberatend tätigen Bank über von ihr vereinnahmte Rückvergütungen nicht auf Finanzierungsberatungen durch eine Bank übertragbar. Das OLG ist bei der Qualifizierung des Beratungsvertrags zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der den Beratungsgegenstand bildenden Kapitallebensversicherung nicht um eine Kapitalanlage gehandelt hat und folglich der von den Parteien konkludent geschlossene Beratungsvertrag nicht als Kapitalanlageberatungsvertrag, sondern als Vertrag über eine Finanzierungsberatung einzuordnen ist.

Ein Beratungsvertrag über eine Kapitalanlage kommt regelmäßig konkludent zustande, wenn ein Anlageinteressent an ein Kreditinstitut oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden herantritt, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten. Gegenstand einer Anlageberatung ist mithin die Investition von Finanzmitteln durch den Anleger. Die vom Kläger nachgefragte Beratung durch die Beklagte betraf jedoch eine Finanzierung und nicht die Anlage eines Geldbetrags. Der Kläger trat an die Beklagte heran, um ein gewerbliches Wohnbauprojekt mit einem Investitionsvolumen von rd. 3 Mio. DM in Höhe eines Teilbetrags von 600.000 DM zu finanzieren.

Der Kläger wurde vom Filialleiter der Beklagten über Finanzierungsmöglichkeiten beraten und entschied sich sodann für eine Kombination aus endfälligem Darlehen und zu dessen Tilgung bestimmter Lebensversicherung. Die konkludent vereinbarten Beratungsleistungen der Beklagten hatten somit nicht die Anlage von Kapital des Klägers zum Gegenstand, sondern die Beschaffung von Finanzmitteln, die der Kläger anderweitig investieren wollte. Weiter zutreffend ist das OLG davon ausgegangen, dass sich auch bei einer von der Revision geforderten entsprechenden Anwendung der Rechtsprechung des Senats zu der Pflicht einer anlageberatenden Bank, über von ihr vereinnahmte Rückvergütungen ungefragt aufzuklären, keine Haftung der Beklagten ergäbe.

Aufklärungspflichtig sind danach nämlich nur regelmäßig umsatzabhängige Provisionen, die aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Eine beratende Bank ist auch nicht allgemein verpflichtet, auf von ihr vereinnahmte Provisionen für die Vermittlung von Versicherungsverträgen hinzuweisen. Hat die Bank nämlich wie hier die Beklagte eine Provision für die Vermittlung einer Kapitallebensversicherung erhalten, so ist ihr damit realisiertes Gewinnerzielungsinteresse aus normativ-objektiver Sicht offensichtlich und folglich nicht aufklärungsbedürftig.

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