18.01.2016

Formale Anforderungen an Vergütungsvereinbarungen

Eine Vergütungsvereinbarung ist von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung abgesetzt, wenn der Vertrag die Vergütungsvereinbarung in einem gesonderten und entsprechend gekennzeichneten Abschnitt oder Paragraphen regelt. Deutlich ist dieses Absetzen, wenn die Vergütungsvereinbarung optisch eindeutig von den anderen im Vertragstext enthaltenen Bestimmungen - mit Ausnahme der Auftragserteilung - abgegrenzt ist.

BGH 3.12.2015, IX ZR 40/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Rechtsanwaltssozietät. Die Beklagte hatte mit ihr im November 2012 eine als "Beratungsvertrag" bezeichnete Vereinbarung abgeschlossen. Der Text bestand aus einer Präambel und sieben Paragraphen mit gleicher Schrifttype, gleichen Zeilenabständen und einheitlicher drucktechnischer Gestaltung. Darin waren u.a. der Vertragsgegenstand (§ 1) und die Vergütung (§ 4) geregelt. Außerdem enthielt der Vertrag Regelungen zur Haftungsbegrenzung (§ 5) sowie eine Gerichtsstandsvereinbarung (§ 7 Abs. 1). In der Schlussbestimmung (§ 7 Abs. 2) verpflichten sich die Parteien, sich im Fall der Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen auf eine dem wirtschaftlich gewollten Sinn und Zweck entsprechende Regelung zu einigen.

Die Beklagte kündigte den Vertrag Ende September 2013. Sie nahm im August und September 2013 keine Dienstleistungen der Klägerin mehr in Anspruch. Die Klägerin machte im Urkundenprozess die Vergütung für August und September 2013 i.H.v. insgesamt 7.140 € geltend. Das LG gab der Klage antragsgemäß statt; das OLG wies sie ab. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Es lag weder ein aus vertraglicher noch aus gesetzlicher Grundlage folgender Honoraranspruch der Klägerin für die Monate August und September 2013 vor.

Die Vergütungsvereinbarung unterliegt den Formerfordernissen des § 3a Abs. 1 S. 1 u. 2 RVG. Der Auftrag war dahin auszulegen, dass er auch nach Nummer 2300 VV RVG zu vergütende rechtsanwaltliche Geschäftstätigkeiten umfasste und die Vergütungsabrede sich auch auf diese Tätigkeit erstreckte. Mithin konnte sich die Klägerin nicht auf die Ausnahme des § 3a Abs. 1 S. 4 RVG berufen. Denn ein Rechtsanwalt kann aufgrund einer formfrei geschlossenen Vergütungsvereinbarung - unabhängig von ihrer Bezeichnung (§ 133 BGB, § 3a Abs. 1 S. 2 RVG) - für anwaltliche Tätigkeiten eine höhere als die gesetzliche Vergütung nur verlangen, soweit der Gegenstand des Auftrags die in § 34 Abs. 1 RVG genannte Beratung ist und diese nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt oder es sich um die Ausarbeitung schriftlicher Gutachten oder die Tätigkeit als Mediator handelt.

Erstreckt sich der Auftrag, für den die Vergütungsvereinbarung getroffen wird, auch auf anwaltliche Tätigkeiten, für die andere gesetzliche Gebührentatbestände gelten, kann der Anwalt eine höhere als die gesetzliche Vergütung aus der Vergütungsvereinbarung nur fordern, wenn sie die Anforderungen des § 3a Abs. 1 S. 1 u. 2 RVG einhält (§ 4b RVG). Die durch den Gesetzgeber mit der Neufassung der Vorschrift des § 34 RVG bezweckte Deregulierung der außergerichtlichen Beratungstätigkeit und die damit verbundene Förderung und Erleichterung des Abschlusses von Gebührenvereinbarungen nach § 34 Abs. 1 S. 1 RVG rechtfertigt es nicht, den Anwendungsbereich der Vorschrift über die gesetzliche Wertung hinaus auszudehnen. Es entspricht weder dem gesetzgeberischen Willen noch den § 3a Abs. 1 S. 4 RVG zugrunde liegenden Wertungen, den Anwendungsbereich einer formfreien Gebührenvereinbarung auch auf anwaltliche Tätigkeiten zu erstrecken, welche - wie etwa eine Geschäftstätigkeit nach Nummer 2300 VV RVG - die Voraussetzungen eines anderen gesetzlichen Gebührentatbestandes erfüllen.

Ob ausschließlich eine Beratungstätigkeit i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 RVG zwischen den Parteien vereinbart wurde, oder ob der anwaltliche Auftrag auch eine Geschäftstätigkeit gem. Nummer 2300 VV RVG umfassen sollte, ist eine Frage der tatrichterlichen Auslegung. Im Ergebnis war das Berufungsgericht hier zu Recht davon ausgegangen, dass die von den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung nicht den formalen Anforderungen des § 3a Abs. 1 S. 2 RVG entsprach, weil sie sich innerhalb des einheitlichen Vertragstextes befand und nicht deutlich von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung abgesetzt war.

Der Beklagten war es auch nicht gem. § 242 BGB verwehrt, sich auf die Formunwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung zu berufen. Denn die salvatorische Ersetzungsklausel (§ 7 Abs. 2) gab der Klägerin keinen Anspruch, eine (formwirksame) Vergütungsabrede in Höhe des ursprünglich vereinbarten Pauschalhonorars von monatlich 3.570 € brutto abzuschließen. Grundsätzlich bleibt eine Vergütungsvereinbarung zwischen Rechtsanwalt und Mandant zwar auch bei Verstoß gegen § 3a Abs. 1 S. 1 u. 2 RVG wirksam; aus ihr kann die vereinbarte Vergütung bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühr verlangt werden. Da die Klägerin im August und September 2013 keine anwaltlichen Tätigkeiten für die Beklagte erbracht hatte, war ein gesetzlicher Vergütungsanspruch zur Abgeltung außergerichtlicher Geschäftstätigkeit jedoch nicht entstanden.

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