Formwechsel einer zur Teilgewinnabführung verpflichteten GmbH in die Rechtsform einer Aktiengesellschaft
BGH v. 16.7.2019 - II ZR 175/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ging im Wege einer formwechselnden Umwandlung im Jahr 1992 aus der LPG hervor. Sie schloss im Oktober 1992 und Juli 1993 mit der DG-Bank in Bezug auf Altverbindlichkeiten der LPG, die mit rd. 14 Mio. DM beziffert wurden, eine Rangrücktrittsvereinbarung, nach der die Verbindlichkeiten nur aus sonst entstehenden Jahresüberschüssen, einem Liquidationsüberschuss sowie aus Erlösen aus dem Verkauf betrieblich nicht benötigter Anlagegüter zu bedienen waren. Die Beklagte wurde als GmbH im Zuge der Umstrukturierung gegründet und übernahm von der Klägerin verschiedene Wirtschaftsgüter zur landwirtschaftlichen Produktion. Der Geschäftsführer der Beklagten gab im Oktober1992 die Erklärung ab, der sich aus der Rangrücktrittsvereinbarung ergebenden Verpflichtung der Klägerin zur Gewinnabführung
"mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten wie folgt beizutreten:
Die GmbH [Beklagte] verpflichtet sich, seinen Jahresüberschuss in Höhe von bis zu 20 % an das Unternehmen [Klägerin] abzuführen.
Sofern neben dem Unternehmen [Klägerin] und dessen Gesellschaftern auch Dritte am Gesellschaftskapital der GmbH beteiligt sind oder werden, ermäßigt sich der zu ermittelnde Betrag um den Prozentsatz der Kapitalanteile, den diese Dritte am Gesamtkapital der GmbH [Beklagten] halten."
Die Gesellschafterversammlung der Beklagten stimmte der Erklärung, welche bislang nicht im Handelsregister eingetragen wurde, im Januar 1994 einstimmig zu. Die im Jahr 2012 im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschlüsse der Beklagten für die Jahre 2010 und 2011 wiesen Jahresüberschüsse i.H.v. rd. 180.000 € (2010) und 85.000 € (2011) aus. Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten über die Feststellung der Jahresabschlüsse wurden angefochten und für nichtig erklärt. Mit Schreiben von April 2015 und Februar 2016 kündigte die Beklagte die Erklärung von Oktober 1992 fristlos aus wichtigem Grund. Im Januar 2016 wurde die Umwandlung der Beklagten in eine Aktiengesellschaft in das Handelsregister eingetragen. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Abführung anteiliger Jahresüberschüsse i.H.v. rd. 36.000 € für das Jahr 2010 und i.H.v. rd. 17.000 € für das Jahr 2011. Die Beklagte begehrt mit ihrer Widerklage die Feststellung, dass die Vereinbarung von Oktober 1992 von Anfang an bzw. hilfsweise, dass sie durch die Eintragung der Umwandlung der Beklagten in eine Aktiengesellschaft am 26.1.2016 unwirksam geworden sei. Weiter hilfsweise begehrt die Beklagte die Feststellung, dass die Erklärung durch die Kündigungen von April 2015 bzw. von Februar 2016 beendet worden sei.
Das LG wies die Klage als derzeit unbegründet und die Widerklage als unbegründet ab. Das OLG wies die Berufung der Beklagten zurück, wies die in der Berufungsinstanz geänderte Widerklage ab und verurteilte die Beklagte auf die Berufung der Klägerin in der Hauptsache antragsgemäß. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Vereinbarung von Oktober 1992 wirksam abgeschlossen wurde.
Entgegen der Ansicht der Revision war der wirksame Abschluss der Vereinbarung nicht von der Einhaltung der Schriftform, der Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Beklagten durch notariell beurkundeten Beschluss und einer Eintragung in das Handelsregister abhängig. Ob diese materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen auch für Teilgewinnabführungsverträge nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG gelten, die mit einer GmbH als abführungspflichtiger Gesellschaft abgeschlossen werden, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet. Die instanzgerichtliche Rechtsprechung geht wie das OLG davon aus, dass Teilgewinnabführungsverträge den beschriebenen Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht unterliegen, wenn sie nach Inhalt und Wirkung keiner Änderung der Satzung gleichkommen. Demgegenüber wird vertreten, die vom Senat für Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge nach § 291 Abs. 1 AktG entwickelten Grundsätze seien auch auf Teilgewinnabführungsverträge anzuwenden.
Das OLG hat sich mit Recht der zuerst genannten Auffassung angeschlossen. Teilgewinnabführungsverträge mit einer GmbH als abführungspflichtiger Gesellschaft unterliegen keinen besonderen Wirksamkeitsanforderungen, wenn sie keine satzungsüberlagernde Wirkung haben. Ob dies auch dann gilt, wenn ein Großteil oder zumindest überwiegender Anteil der Gewinne abzuführen ist, lässt der Senat offen.
Der Teilgewinnabführungsvertrag wurde nicht unwirksam, weil die Beklagte infolge der Eintragung des Formwechsels in das Handelsregister im Januar 2016 die Rechtsform der Aktiengesellschaft erhalten hat. Erhält eine zur Teilgewinnabführung verpflichtete GmbH durch Formwechsel die Rechtsform einer Aktiengesellschaft, berührt dies den Fortbestand eines zuvor wirksam abgeschlossenen Teilgewinnabführungsvertrags nicht. Der Teilgewinnabführungsvertrag ist infolge des Formwechsels gem. § 294 Abs. 1 AktG zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Parteien des Teilgewinnabführungsvertrags sind, wie das OLG zutreffend angenommen hat, aus dem bestehenden Vertragsverhältnis wechselseitig verpflichtet, die Eintragung herbeizuführen.
Soweit die Revision darauf verweist, die Beklagte hätte einer möglichen Anmeldepflicht bereits genügt, indem sie den bislang nicht dem Schriftformerfordernis gem. § 293 Abs. 3 AktG entsprechenden Teilgewinnabführungsvertrag zur Eintragung angemeldet hat, verkennt sie, dass ihre vertragliche Nebenpflicht auch darauf gerichtet ist, zunächst die Eintragungsfähigkeit des Teilgewinnabführungsvertrags herbeizuführen und sodann die Anmeldung zu wiederholen. Im Übrigen hat das OLG auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Teilgewinnabführungsvertrag nicht durch die Kündigungen der Beklagten beendet wurde und den Anspruch auf Abführung des Teilgewinns auch der Höhe nach rechtsfehlerfrei zuerkannt.
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Die Klägerin ging im Wege einer formwechselnden Umwandlung im Jahr 1992 aus der LPG hervor. Sie schloss im Oktober 1992 und Juli 1993 mit der DG-Bank in Bezug auf Altverbindlichkeiten der LPG, die mit rd. 14 Mio. DM beziffert wurden, eine Rangrücktrittsvereinbarung, nach der die Verbindlichkeiten nur aus sonst entstehenden Jahresüberschüssen, einem Liquidationsüberschuss sowie aus Erlösen aus dem Verkauf betrieblich nicht benötigter Anlagegüter zu bedienen waren. Die Beklagte wurde als GmbH im Zuge der Umstrukturierung gegründet und übernahm von der Klägerin verschiedene Wirtschaftsgüter zur landwirtschaftlichen Produktion. Der Geschäftsführer der Beklagten gab im Oktober1992 die Erklärung ab, der sich aus der Rangrücktrittsvereinbarung ergebenden Verpflichtung der Klägerin zur Gewinnabführung
"mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten wie folgt beizutreten:
Die GmbH [Beklagte] verpflichtet sich, seinen Jahresüberschuss in Höhe von bis zu 20 % an das Unternehmen [Klägerin] abzuführen.
Sofern neben dem Unternehmen [Klägerin] und dessen Gesellschaftern auch Dritte am Gesellschaftskapital der GmbH beteiligt sind oder werden, ermäßigt sich der zu ermittelnde Betrag um den Prozentsatz der Kapitalanteile, den diese Dritte am Gesamtkapital der GmbH [Beklagten] halten."
Die Gesellschafterversammlung der Beklagten stimmte der Erklärung, welche bislang nicht im Handelsregister eingetragen wurde, im Januar 1994 einstimmig zu. Die im Jahr 2012 im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschlüsse der Beklagten für die Jahre 2010 und 2011 wiesen Jahresüberschüsse i.H.v. rd. 180.000 € (2010) und 85.000 € (2011) aus. Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten über die Feststellung der Jahresabschlüsse wurden angefochten und für nichtig erklärt. Mit Schreiben von April 2015 und Februar 2016 kündigte die Beklagte die Erklärung von Oktober 1992 fristlos aus wichtigem Grund. Im Januar 2016 wurde die Umwandlung der Beklagten in eine Aktiengesellschaft in das Handelsregister eingetragen. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Abführung anteiliger Jahresüberschüsse i.H.v. rd. 36.000 € für das Jahr 2010 und i.H.v. rd. 17.000 € für das Jahr 2011. Die Beklagte begehrt mit ihrer Widerklage die Feststellung, dass die Vereinbarung von Oktober 1992 von Anfang an bzw. hilfsweise, dass sie durch die Eintragung der Umwandlung der Beklagten in eine Aktiengesellschaft am 26.1.2016 unwirksam geworden sei. Weiter hilfsweise begehrt die Beklagte die Feststellung, dass die Erklärung durch die Kündigungen von April 2015 bzw. von Februar 2016 beendet worden sei.
Das LG wies die Klage als derzeit unbegründet und die Widerklage als unbegründet ab. Das OLG wies die Berufung der Beklagten zurück, wies die in der Berufungsinstanz geänderte Widerklage ab und verurteilte die Beklagte auf die Berufung der Klägerin in der Hauptsache antragsgemäß. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Vereinbarung von Oktober 1992 wirksam abgeschlossen wurde.
Entgegen der Ansicht der Revision war der wirksame Abschluss der Vereinbarung nicht von der Einhaltung der Schriftform, der Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Beklagten durch notariell beurkundeten Beschluss und einer Eintragung in das Handelsregister abhängig. Ob diese materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen auch für Teilgewinnabführungsverträge nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG gelten, die mit einer GmbH als abführungspflichtiger Gesellschaft abgeschlossen werden, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet. Die instanzgerichtliche Rechtsprechung geht wie das OLG davon aus, dass Teilgewinnabführungsverträge den beschriebenen Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht unterliegen, wenn sie nach Inhalt und Wirkung keiner Änderung der Satzung gleichkommen. Demgegenüber wird vertreten, die vom Senat für Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge nach § 291 Abs. 1 AktG entwickelten Grundsätze seien auch auf Teilgewinnabführungsverträge anzuwenden.
Das OLG hat sich mit Recht der zuerst genannten Auffassung angeschlossen. Teilgewinnabführungsverträge mit einer GmbH als abführungspflichtiger Gesellschaft unterliegen keinen besonderen Wirksamkeitsanforderungen, wenn sie keine satzungsüberlagernde Wirkung haben. Ob dies auch dann gilt, wenn ein Großteil oder zumindest überwiegender Anteil der Gewinne abzuführen ist, lässt der Senat offen.
Der Teilgewinnabführungsvertrag wurde nicht unwirksam, weil die Beklagte infolge der Eintragung des Formwechsels in das Handelsregister im Januar 2016 die Rechtsform der Aktiengesellschaft erhalten hat. Erhält eine zur Teilgewinnabführung verpflichtete GmbH durch Formwechsel die Rechtsform einer Aktiengesellschaft, berührt dies den Fortbestand eines zuvor wirksam abgeschlossenen Teilgewinnabführungsvertrags nicht. Der Teilgewinnabführungsvertrag ist infolge des Formwechsels gem. § 294 Abs. 1 AktG zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Parteien des Teilgewinnabführungsvertrags sind, wie das OLG zutreffend angenommen hat, aus dem bestehenden Vertragsverhältnis wechselseitig verpflichtet, die Eintragung herbeizuführen.
Soweit die Revision darauf verweist, die Beklagte hätte einer möglichen Anmeldepflicht bereits genügt, indem sie den bislang nicht dem Schriftformerfordernis gem. § 293 Abs. 3 AktG entsprechenden Teilgewinnabführungsvertrag zur Eintragung angemeldet hat, verkennt sie, dass ihre vertragliche Nebenpflicht auch darauf gerichtet ist, zunächst die Eintragungsfähigkeit des Teilgewinnabführungsvertrags herbeizuführen und sodann die Anmeldung zu wiederholen. Im Übrigen hat das OLG auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Teilgewinnabführungsvertrag nicht durch die Kündigungen der Beklagten beendet wurde und den Anspruch auf Abführung des Teilgewinns auch der Höhe nach rechtsfehlerfrei zuerkannt.
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