09.07.2014

Freisprüche im Verfahren gegen ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank

Das LG Hamburg hat sechs ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH-Nordbank vom Vorwurf der Untreue in einem besonders schweren Fall freigesprochen. Zwar hätten die Angeklagten ihre Pflichten als Vorstände verletzt, diese Pflichtverletzungen seien aber nicht so evident bzw. schwerwiegend, dass sie nach der Rechtsprechung des BVerfG eine Verurteilung wegen Untreue rechtfertigten, so die Richter.

LG Hamburg 9.7.2014, 608 KLs 12/11 u.a.
Sachverhalt:
Die Staatsanwaltschaft hatte sechs ehemaligen Vorstandsmitgliedern der HSH-Nordbank Untreue gem. § 266 StGB in einem besonders schweren Fall vorgeworfen. Hierbei ging es insbesondere um die Genehmigung der Finanztransaktion "Omega 55", ein riskantes Kreislaufgeschäft mit einer französischen Bank. Die Staatsanwaltschaft war der Ansicht, die Angeklagten hätten das Omega-Projekt durchgesetzt, ohne die Risiken ausreichend zu prüfen. Schließlich wollte man die Bilanzen entlasten.

Das LG hat die Angeklagten freigesprochen.

Gründe:
Zwar haben die Angeklagten ihre Vorstandpflichten u.a. dadurch verletzt, dass sie sich keine hinreichende Gewissheit darüber verschafft hatten, ob das mit der Transaktion "Omega 55" verbundene Hauptziel, eine Verbesserung der aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalkennziffern der HSH Nordbank zu erreichen, durch die komplizierte Transaktion gewährleistet wurde. Tatsächlich wurde dieses Ziel verfehlt. Die dem Vorstand bei Genehmigung des Geschäfts vorliegenden Unterlagen enthielten auch nur ungefähre Angaben zu den wirtschaftlichen Kosten und Erträgen aus dem Geschäft. Allerdings war die Informationslage des Vorstandes nicht derart lückenhaft, dass sich die Genehmigung des Geschäfts als "gravierende" oder "evidente" Pflichtverletzung darstellte.

Das BVerfG hatte in einer richtungsweisenden Entscheidung aus dem Jahr 2010 ausgeführt, dass die  Anwendung des Untreuetatbestands auf Fälle klarer und deutlicher (evidenter) Fälle pflichtwidrigen Handelns beschränkt werden müsse. Der BGH hat im Anschluss daran in mehreren Entscheidungen die Verurteilung wegen Untreue auf Fälle "gravierender" Pflichtverletzungen eingeschränkt.

Der hohe Schaden, der durch das Geschäft bei seiner späteren Auflösung im Jahr 2010 verursacht worden war, beruhte auf der sog. "Finanzkrise" in den Jahren 2008 bis 2010, die nach den Bekundungen mehrerer Sachverständiger für die Angeklagten im Zeitpunkt der Entscheidung über die Transaktion "Omega 55" noch nicht vorhersehbar war.

Die Angeklagten zu 4) und 5) mussten zudem vom weiteren Vorwurf der unrichtigen Darstellung der Verhältnisse der Bank gem. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG freigesprochen werden. Zwar hatte der Quartalszwischenbericht für den HSH Nordbank Konzern vom 31.3.2008 und eine darauf bezogene Pressemitteilung vom 20.6.2008 einen falsch berechneten Überschuss i.H.v. 81 Mio. € anstelle eines Verlustes von 31 Mio. € ausgewiesen. Die Abweichung hat sich aber angesichts des Gesamtumfangs der von der HSH Nordbank betriebenen Geschäfte mit einem Volumen von etwa 2,5 Mrd. € als von untergeordneter Bedeutung erwiesen. Für eine Verurteilung i.S.d. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG ist jedoch eine erhebliche Abweichung der fehlerhaften Darstellung von den zutreffenden Verhältnissen erforderlich.

LG Hamburg PM v. 9.7.2014
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