26.08.2013

Für die Überlassungsunwürdigkeit einer GmbH ist die Bonität der Gesellschaft als Mieterin und nicht ein günstiger Mietzins für den Vermieter entscheidend

Die Gesellschaft ist im Sinn der Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatzrecht überlassungsunwürdig, wenn ihr ein anderer als der Gesellschafter angesichts ihrer finanziellen Verhältnisse den Gegenstand nicht zur Nutzung als Mieter oder Pächter überlassen würde. Für die Bestimmung der Überlassungsunwürdigkeit ist die Bonität der Gesellschaft als Mieterin oder Pächterin entscheidend und nicht, ob der vereinbarte Miet- oder Pachtzins für den Vermieter oder Verpächter günstig ist.

BGH 28.5.2013, II ZR 83/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger war alleiniger Gesellschafter der L-GmbH, die ihrerseits alleinige Gesellschafterin der H-GmbH (Schuldnerin) war. Der Kläger vermietete der Schuldnerin seit 1994 das ihm gehörende Betriebsgrundstück sowie Kraftfahrzeuge, zuletzt für rd. 16.400 €/Monat und 3.200 €/Monat, und verpachtete ihr das ihm gehörende bewegliche Anlagevermögen für zuletzt rd. 12.400 €/Monat. Miet- und Pachtzins wurden von der Schuldnerin bis einschließlich April 2005 bezahlt.

Über das Vermögen der Schuldnerin wurde auf ihren Eigenantrag vom 24.5.2005 am 27.7.2005 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger verlangt mit der Klage u.a. Zahlung rückständiger Miet- und Pachtzinsen für die Zeit von August 2005 bis Juni 2006 i.H.v. rd. 352.000 €. Der Beklagte fordert widerklagend die Rückzahlung der von der Insolvenzschuldnerin zwischen November 2004 bis April 2005 gezahlten Miet- und Pachtzinsen i.H.v. rd. 198.000 € wegen eigenkapitalersetzender Nutzungsüberlassung.

LG und OLG gaben der Klage statt und wiesen die Widerklage ab. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Das OLG hat rechtsfehlerhaft Überlassungsunwürdigkeit verneint.

Insolvenzreife und Kredit- bzw. Überlassungsunwürdigkeit sind eigenständige Tatbestände der Krise i.S.d. des Eigenkapitalersatzrechts. Überlassungsunwürdigkeit besteht, wenn ein Dritter einen entsprechenden Nutzungsüberlassungsvertrag über die Betriebseinrichtung unter den gegebenen Umständen mit der Gesellschaft nicht schließen würde. Gegenstand der eigenkapitalersetzenden, in der Krise an die Stelle der Ausstattung mit Finanzmitteln tretenden Gebrauchsüberlassung ist die der Gesellschaft ermöglichte Nutzung des Wirtschaftsguts.

Überlassungsunwürdig ist die Gesellschaft, wenn ihr ein anderer als der Gesellschafter angesichts ihrer finanziellen Verhältnisse den Gegenstand nicht überlassen würde. Für die Bestimmung der Überlassungsunwürdigkeit ist damit die Bonität der Gesellschaft als Mieter oder Pächter entscheidend und nicht, ob der vereinbarte Miet- oder Pachtzins für den Vermieter oder Verpächter günstig ist. Dabei sind höhere Anforderungen an die Bonität zu stellen, wenn das zur Miete oder Pacht überlassene Gut auf die Bedürfnisse der Gesellschaft zugeschnitten und eine anderweitige Verwertung schwierig ist.

Das OLG hat dagegen eine Überlassungsunwürdigkeit nicht wegen einer vorhandenen Bonität der Schuldnerin, sondern wegen des günstigen Mietzinses verneint. Das Berufungsurteil war insofern aufzuheben, damit das OLG die noch erforderlichen Feststellungen treffen kann. Die Überlassungsunwürdigkeit steht vorliegend nicht fest. Eine Gesellschaft ist dann nicht überlassungsunwürdig, wenn sie über die Mittel verfügt oder sie sich im Kapitalmarkt beschaffen kann, um den betreffenden Gegenstand selbst zu erwerben.

Das OLG ist zwar davon ausgegangen, dass die Schuldnerin kreditunwürdig war. Dabei hat es sich aber nicht mit dem Vorbringen des Klägers befasst, dass unter Berücksichtigung des Wegfalls der Mietverbindlichkeiten Kreditwürdigkeit bestanden hätte. Sollte das OLG erneut zur Kreditunwürdigkeit der Schuldnerin gelangen, wird es die erforderlichen Feststellungen zur Überlassungsunwürdigkeit nach der Bonität der Schuldnerin zu treffen haben.

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