10.10.2023

Gebrauchsmusterlöschungsverfahren - Streit um Tischgrill

Auch im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren ist die beschränkte Verteidigung eines mit einem Teil-Löschungsantrag angegriffenen Anspruchs durch Kombination mit einem insoweit nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines insoweit nicht angegriffenen Unteranspruchs unzulässig. Ein Rechtsschutzinteresse besteht hingegen, wenn der angegriffene Anspruch lediglich um einen Teil der Merkmale eines nicht angegriffenen Unteranspruchs ergänzt wird.

BGH v. 12.9.2023 - X ZB 12/20
Der Sachverhalt:
Die Antragsgegnerin ist Inhaberin eines Gebrauchsmusters, das einen Grill und eine Holzkohlekammer betrifft. Sie hat die Antragstellerin und eine Abnehmerin wegen Verletzung des Schutzrechts abgemahnt. Das Streitgebrauchsmuster betrifft das technische Problem, die Holzkohlekammer so auszuführen, dass sie einem ständigen Gebrauch mit hohen Temperaturen standhält und möglichst ungehindert Wärme abstrahlt.

Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin unter Fristsetzung aufgefordert, auf die Durchsetzung von Rechten aus dem Streitgebrauchsmuster zu verzichten, und einen Teil-Löschungsantrag angekündigt. Die Antragsgegnerin hat innerhalb der gesetzten Frist beim Patentamt geänderte Schutzansprüche 1 bis 8 eingereicht, mit der Erklärung, für Vergangenheit und Zukunft aus dem Streitgebrauchsmuster nur noch Rechte im Umfang der neu gefassten Schutzansprüche geltend zu machen.

Die Antragstellerin hat beim Patentamt die Löschung des Schutzrechts im Umfang der in der Abmahnung aufgeführten Ansprüche wegen fehlender Schutzfähigkeit beantragt. Das Patentamt hat das Streitgebrauchsmuster gelöscht, soweit es über den Gegenstand der verteidigten Fassung hinausging, und den Löschungsantrag im Übrigen zurückgewiesen. Der Gegenstand des nachgereichten Schutzanspruchs in der mit dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen verteidigten Fassung sei zwar neu, beruhe aber nicht auf einem erfinderischen Schritt. Der BGH hat die Entscheidung bestätigt.

Gründe:
Das vorgeschlagene feinmaschige Sieb aus Edelstahl ist nach den Ausführungen zwar für einen hinreichend langen Gebrauch geeignet. Dennoch hat das Patentgericht zu Recht angenommen, dass Anlass bestand, nach Möglichkeiten zu suchen, um die Lebensdauer der Holzkohlekammer weiter zu steigern.

Entgegen der Auffassung des Patentgerichts bestand für die Hilfsanträge ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse. Zwar ist auch im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren die beschränkte Verteidigung eines mit einem Teil-Löschungsantrag angegriffenen Anspruchs durch Kombination mit einem insoweit nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines insoweit nicht angegriffenen Unteranspruchs unzulässig (Ergänzung zu BGH-Urt. v. 1.3.2017 - X ZR 10/15 - Ankopplungssystem; Urt. v. 13.6.2023 - X ZR 47/21 - Anschlussklemme). Ein Rechtsschutzinteresse besteht hingegen, wenn der angegriffene Anspruch lediglich um einen Teil der Merkmale eines nicht angegriffenen Unteranspruchs ergänzt wird (Bestätigung von BGH-Urt. v. 13.6.2023 - X ZR 47/21 - Anschlussklemme).

Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung ging der mit den Hilfsanträgen verteidigte Gegenstand nicht über das ursprüngliche Schutzbegehren hinaus. Die Entscheidung des Patentgerichts erwies sich jedoch deshalb im Ergebnis als zutreffend, weil der mit den Hilfsanträgen 4 und 5 verteidigte Gegenstand aus den vom Patentgericht zu Hilfsantrag 2 angestellten Erwägungen ebenfalls nicht schutzfähig war. Die vorgesehene Vorgabe, die Schlitze gerade so breit auszulegen, dass es zur optimalen Wärmeabstrahlung reicht, und zugleich so schmal, dass weder Glut noch Funkenflug durch die Schlitze hindurch nach außen gelangt, war nach den insoweit nicht angegriffenen Erwägungen des Patentgerichts durch AS27 nahegelegt. Für die Hilfsanträge 6 bis 8, mit denen anstelle eines Tischgrills eine Holzkohlekammer für einen Tischgrill mit den Merkmalen aus dem Hauptantrag bzw. den Hilfsanträgen 2 und 4 unter Schutz gestellt werden sollte, ergab sich keine abweichende Beurteilung.

Ebenfalls ohne Erfolg wandte sich die Rechtsbeschwerde gegen die vom Patentgericht getroffene Kostenentscheidung. Wie im Patentnichtigkeitsverfahren (dazu zuletzt BGH-Urt. v. 27.6.2023 - X ZR 59/21, - Anzeigemonitor) kommt die Anwendung von § 93 ZPO insbesondere dann in Betracht, wenn der Antragsgegner, der keine Veranlassung zur Stellung eines Löschungsantrags gegeben hat, das Schutzrecht nur in eingeschränkter Fassung verteidigt und auf den darüber hinausgehenden Schutz für die Vergangenheit und Zukunft verzichtet. In der Regel fehlt es an einem Anlass zur Stellung eines Löschungsantrags, wenn der Gebrauchsmusterinhaber schon vor Einleitung des Verfahrens geänderte Anträge eingereicht und erklärt hat, dass sich das Schutzbegehren auf die neuen Ansprüche beschränkt (Ergänzung zu BGH-Urt. v. 27.6.2023 - X ZR 59/21 - Anzeigemonitor). Begehrt der Antragsteller nach Abgabe einer solchen Erklärung eine Löschung des Gebrauchsmusters in weitergehendem Umfang und hat dieses Begehren Erfolg, so kommt eine Anwendung von § 93 ZPO zugunsten des Antragsgegners in der Regel dennoch nicht in Betracht.

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Aufsatz:
Das Einheitspatentsystem
Aloys Hüttermann, IPRB 2022, 213

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