25.10.2018

Gewinnabschöpfungsklage eines Verbraucherverbands mit Gewinnbeteiligung eines gewerblichen Prozessfinanzierers ist unzulässig

Die Gewinnabschöpfungsklage eines Verbraucherverbandes, die von einem gewerblichen Prozessfinanzierer finanziert wird, dem eine Vergütung in Form eines Anteils am abgeschöpften Gewinn zugesagt wird, widerspricht dem Verbot unzulässiger Rechtsausübung aus § 242 BGB und ist unzulässig.

BGH 13.9.2018, I ZR 26/17
Der Sachverhalt:

Der Kläger ist als gemeinnütziger Verbraucherschutzverein in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 4 UKlaG eingetragen. Zu seinen satzungsgemäßen Aufgaben gehört es, Verbraucherinteressen wahrzunehmen und den Verbraucherschutz zu fördern. Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen. Die Beklagte hat ihren Kunden seit 2012 bei der Abwicklung von Telefon- und DSL-Verträgen für Rücklastschriften einen Betrag i.H.v. 13 € und für Mahnungen einen Betrag i.H.v. 9 € in Rechnung gestellt. Der Kläger ist der Auffassung, die Beträge seien überhöht gewesen. Die Beklagte habe daher vorsätzlich eine unlautere geschäftliche Handlung vorgenommen und hierdurch zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt.

Der Kläger nahm die Beklagte daher im Wege einer Stufenklage nach § 10 UWG auf Herausgabe des Gewinns an den Bundeshaushalt in Anspruch. Auf der ersten Stufe seiner Klage strebte er die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung über die seit dem 29.1.2013 durch die Vereinnahmung der Pauschalen - hilfsweise durch die erhobenen und nicht zurückgezahlten Pauschalen - erzielten Gewinne an. Der Kläger schaltete zur Finanzierung des Prozesses einen Prozessfinanzierer ein, der ihn im Fall des Unterliegens von Kosten freistellen und im Fall des Obsiegens am abgeschöpften Gewinn beteiligt werden soll. Das Bundesamt für Justiz stimmte dem zwischen dem Kläger und dem Prozessfinanzierer geschlossenen Vertrag zu.

Das LG gab der Klage durch Teilurteil in der Auskunftsstufe nach dem Hilfsantrag statt. Auf die Berufung des Klägers verurteilte das OLG die Beklagte nach dem Hauptantrag. Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten hatte Erfolg.

Die Gründe:

Der Kläger ist zwar als qualifizierte Einrichtung i.S.d. Unterlassungsklagegesetzes nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG für einen Gewinnabschöpfungsprozess klagebefugt, da das mit der vorliegenden Klage verfolgte Ziel auch mit den satzungsmäßigen Aufgaben der Klägers in Einklang steht. Aber die Klage ist rechtsmissbräuchlich gem. § 242 BGB.

Eine rechtsmissbräuchliche Klageerhebung ist nicht bereits aufgrund der hier vorliegenden Zustimmung des Bundesamts für Justiz zum Prozessfinanzierungsvertrag ausgeschlossen. Dem Zivilgericht ist dadurch nicht die eigenständige Prüfung der Frage verwehrt, ob in der Klageerhebung ein Verstoß gegen Treu und Glauben liegt. § 10 Abs. 4 UWG weist dem Bundesamt für Justiz keine Prüfungs- oder Regelungskompetenz hinsichtlich der Prozessführung durch den Gläubiger eines Gewinnabschöpfungsanspruchs zu. Die erteilte Zustimmung des Bundesamts für Justiz ist daher für die Frage der Prozessführungsbefugnis des Klägers ohne Belang.

Die Beurteilung, ob eine Gewinnabschöpfungsklage gem. § 10 Abs. 1 UWG rechtsmissbräuchlich ist, richtet sich nicht nach § 8 Abs. 4 UWG in unmittelbarer oder analoger Anwendung, sondern nach dem allgemeinen Verbot unzulässiger Rechtsausübung nach§ 242 BGB. Der Anwendungsbereich des § 8 Abs. 4 UWG beschränkt sich auf Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche. Der Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB gilt auch im Verfahrensrecht. Er verpflichtet die Parteien zu redlicher Prozessführung und verbietet den Missbrauch prozessualer Befugnisse.

Die Gewinnabschöpfungsklage eines Verbraucherverbandes, die von einem gewerblichen Prozessfinanzierer finanziert wird, der am Gewinn beteiligt werden soll, widerspricht dem Verbot unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB. Bei der Prüfung des Rechtsmissbrauchs nach §242 BGB können Umstände, die gem. § 8 Abs. 4 UWG oder § 2b UKlaG einen Rechtsmissbrauch begründen, herangezogen werden. Ein Missbrauch i.S.d. § 8 Abs. 4 S. 1 UWG liegt nach der BGH-Rechtsprechung vor, wenn Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgen und diese als die vordergründige Motivation der Verfahrenseinleitung erscheinen.

Die Einschaltung eines Prozessfinanzierers, dem eine Gewinnbeteiligung versprochen wird, widerspricht schon dem Zweck der des § 10 UWG. § 10 UWG soll der Gefahr vorbeugen, dass der Anspruch aus dem sachfremden Motiv der Einnahmeerzielung heraus geltend gemacht wird. Diesem Ziel widerspricht es, wenn die Führung von Gewinnabschöpfungsprozessen - wie hier - von der Entscheidung eines Prozessführers abhängig gemacht wird. Die Zusage eines Prozessfinanzierers ergeht anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse. Damit wird der Anspruch aus dem sachfremden Motiv, Gewinn zu erzielen, geltend gemacht und die Interessen der Verbraucher spielen letztendlich keine entscheidende Rolle mehr.

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