Gläubigerbenachteiligung bei Rückführung eines durch einen Gesellschafter gesicherten Drittdarlehens durch die Gesellschaft
BGH 13.7.2017, IX ZR 173/16Der Kläger ist Verwalter über das Vermögen der S-KG (Schuldnerin) in dem auf eigenem Antrag vom 23.7.2013 am 1.10.2013 eröffneten Insolvenzverfahren. Der Beklagte ist einziger Kommanditist der Schuldnerin sowie Alleingesellschafter und Geschäftsführer der S-GmbH, ihrer Komplementärin. Die Sparkasse räumte der Schuldnerin für ihr Geschäftskonto eine Kreditlinie über 100.000 € ein. Zur Sicherung trat die Schuldnerin durch eine Globalabtretung alle Kundenforderungen an die Sparkasse ab. Zudem übernahm der Beklagte als weitere Sicherheit eine auf 100.000 € beschränkte Bürgschaft.
Das Geschäftskonto wies einen Monat vor dem Insolvenzantrag einen Sollbetrag i.H.v. rd. 100.000 € auf. Die Kreditlinie wurde durch Kundeneinzahlungen auf das Konto aufgrund der Abtretung der Kundenforderungen bis zum 12.7.2013 vollständig zurückgeführt. Der Kläger begehrt vom Beklagten die Rückerstattung der 100.000 €.
Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt.. Die Revision des Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Der Kläger hat gegenüber dem beklagten Anspruch auf Erstattung des Betrags i.H.v. 100.000 € aus §§ 143 Abs. 3 S. 1, 135 Abs. 2 InsO.
Gem. § 135 Abs. 2 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, mit der eine Gesellschaft einem Dritten für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag Befriedigung gewährt hat, wenn der Gesellschafter für die Forderung eine Sicherheit gestellt hatte oder als Bürge haftete. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Die Schuldnerin hat das ihr von einem Dritten, der Sparkasse, gewährten Darlehen innerhalb der Anfechtungsfrist getilgt. In der Rückführung des Kontokorrentkredits der Schuldnerin ist die Rechtshandlung der Schuldnerin zu sehen. Die GmbH Co. KG wird als persönlich haftender Gesellschafter von § 135 Abs. 2 InsO erfasst.
Die Kreditrückführung hat zudem eine von § 135 Abs. 1 und 2 InsO verlangte Gläubigerbenachteiligung zur Folge. Die Gläubigerbenachteiligung ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Zahlungen der Schuldnerin im Verhältnis zu der insolvenzfest gesicherten Sparkasse unanfechtbar waren. Es liegt immer eine Gläubigerbenachteiligung vor, sobald ein durch den Gesellschafter besichertes Drittdarlehen aus Mitteln der Gesellschaft befriedigt wird, weil der Gesellschafter aus der von ihm übernommenen Sicherung - im vorliegenden Fall der Bürgschaft - zur vorrangigen Befriedigung des Gläubigers verpflichtet ist ( § 44a InsO). Die vor der Insolvenz stattgefundene Befriedigung eines Gesellschafterdarlehens stellt eine Benachteiligung dar, da sie nach der Verfahrenseröffnung nur nachrangig gem. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zu behandeln wäre.
Mit der Regelung des § 135 Abs. 2 InsO soll verhindert werden, dass der Gesellschafter die rechtlichen Bindungen bei der Gewährung eines Darlehens umgeht, in dem er, anstatt ein Darlehen zu gewähren, sich darauf beschränkt, ein Drittdarlehen zu sichern. Sinn und Zweck des § 135 Abs. 2 InsO ist es daher, die durch die Zahlung der Gesellschaft bewirkte Befreiung des Gesellschafters von der von ihm für ein Drittdarlehen übernommenen Sicherung anfechten zu können. Der Gesellschafter hat den durch die Gesellschaft dem Dritten gezahlten Betrag, der ihn von seiner Sicherung befreit, gem. § 143 Abs. 3 InsO zurück zu erstatten.
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